Author Archives: Lisseuse

Wismar

Meine Masterarbeit ist seit zwei Wochen endlich fertig und abgegeben. Die letzten paar Wochen zuvor war ich ja bereits nur noch damit beschäftigt den Text zu korrigieren. Tempus, Kommata, Unverständlichkeiten. Den “fertigen” Text habe ich noch etwa 5 Mal überarbeitet. Aber jetzt ist das Ding gebunden und bei den Prüferinnen.

Gebundene Masterarbeit

In der freien Zeit seitdem habe ich endlich mal wieder ein paar Entspannungs-Sachen gemacht. Zwischendrin hatte ich manchmal das Gefühl, dass ich gar nicht mehr weiß, wie Nichtstun geht. Gerade in der ersten Woche nach der Abgabe hatte ich permanent das Gefühl, dass ich noch irgendwas korrigieren, nachlesen, umstrukturieren und verbessern müsste.

Aber dann habe ich eine liebe Freundin in Lübeck besucht und hatte ein wundervolles Wochenende! Zuerst waren wir in Wismar. Da war gerade Schwedenfest und die Stadt sehr voll. Allerdings waren die Menschen nur direkt am Hafen, wo der Jahrmarkt war, und um den Marktplatz herum, wo die Stände fürs Schwedenfest aufgebaut war. Die übrigen Straßen waren ungewohnt leer, wenn man aus einer belebten Universitätsstadt wie Göttingen kommt. Zunächst haben wir die St. Nikolai-Kirche besichtigt. Die gotischen Backsteinkirchen im Norden bestechen ja alle durch ihre schönen hohen Säulen und das viele Licht, das in den Kirchenraum fällt. Leider sind sie alle nur ziemlich schlecht erhalten und werden teilweise gar nicht mehr als Kirchen genutzt. Die St. Georgenkirche wird beispielsweise nur noch als Mehrzweckgebäude für kulturelle Ereignisse genutzt. Für mich war das ziemlich ungewohnt. Sowohl in Bayern als auch in Göttingen gibt es jede Menge Kirchen, die alle noch zum Gottesdienst genutzt werden.

Der Kirchturm der Marienkirche

Die größte Attraktion Wismars ist wohl die Marienkirche. Diese wurde im 2. Weltkrieg zerbomt. In der DDR wurde das Kirchenschiff nicht wieder aufgebaut, sondern stattdessen ein Exerzierplatz an dieser Stelle errichtet. Der Kirchturm steht allerdings noch und kann heute noch besichtigt werden. Im Eingang und den beiden Seitenschiffen gibt es eine Ausstellung zur Geschichte des Turms und der Bauweise von gotischen Backsteinkirchen. Dabei wird auch mit der Illusion gespielt, dass das Kirchenschiff noch steht, indem an der Wand ein Druck des Kirchenschiffes inklusive Lichteinfall hängt. Mir gefällt sehr, dass diese Illusion auf dem Foto noch überzeugender wirkt als in echt.

Installation Marienkirche

Installation Marienkirche – an der Wand hängt ein Druck mit der “Aussicht ins Kirchenschiff”

Außerdem kann man einen lustigen 3D-Film zum Bau der Kirche ansehen und auf den Kirchturm steigen. Wir hatten wunderbares Wetter und eine tolle Sicht:

Aussicht von der Marienkirche auf den Marktplatz

Aussicht von der Marienkirche aufs Meer und den Rummel

Weil wir genau während des Umzugs zum Schwedenfest auf den Kirchturm gestiegen sind, haben wir außer zwei Stücken sehr leckeren Käsekuchens leider gar nicht so viel vom Fest mitbekommen. – Da ich allerdings Umzüge eh nicht so interessant finde, war das nicht so schlimm. Nur ein paar Leute in schwedischen Trachten konnten wir noch beobachten. Die sind schön farbenfroh und relativ schlicht. Ach ja, und die Drehorgel-Gruppe durften wir etwas hören. Erst beim zweiten Vorbeigehen ist mir übrigens auf, dass die Drehorgeln alle in Göttingen gebaut wurden. (OMG, die gibt es immer noch! Wie cool ist das denn!!)

Am Nachmittag sind wir auf die Insel Poel gefahren, haben uns dort an den Strand gesetzt und die Sonne, das Meer und den Wind genossen. Ein bisschen Stephen Fry lesen und Proviant naschen. Perfekter Nachmittag.

Meerblick auf der Insel Poel

Ich weiß auch nicht warum – schließlich komme ich aus einer Mittelgebirgsgegend ohne nennenswertes Wasser – aber am Strand am Meer sitzen hat einen ungemein beruhigenden und entspannenden Effekt auf mich. Da muss auch gar nichts weiter passieren, ich könnte da stunden- und tagelang einfach nur sitzen, den Wellen zuhören und nichts tun. Zwischendrin würde ich vielleicht mal meine Beine ins Wasser halten oder gar ein paar Züge schwimmen.

Rezension: The Invisible Library

“The Invisible Library” ist eine Detective Story mit Fantasy-Elementen. Und diese Formulierung hat mich gerade zum ersten mal darauf gebracht, dass das vielleicht meine Lieblingsliteraturform ist. Ich liebe Detektivgeschichten, bei denen der Fall durch gute Recherche, hervorragende Beobachtungsgabe und vor allem durch die Intelligenz des Detektivs gelöst wird. Sherlock Holmes, Miss Marple, Flavia de Luce, you name it. Und ich liebe Fantasy: besonders Zauberer, Magie und Drachen. Wenn alles gut geht, haben die Drachen Magie und können sprechen, ich glaube wer so ‘ne Geschichte schreibt, der hat mich. Auch gut ist es immer, wenn Literatur selbstreflektiert ist und ironisch kommentiert, wie sie gemacht ist.

Also muss mir ein Roman der in einer Welt spielt, in der “Die Bibliothek”  die wichtigste Institution ist, von der aus Agenten in alternative Universen geschickt werden, um dort einmalige und einzigartige Bücher zu suchen und zurück zur Bibliothek zu bringen. Alternative Universen haben alle die gleichen Naturgesetze unterscheiden sich aber dadurch, dass bestimmte Ereignisse anders entschieden werden. Außerdem gibt es in manchen Universen Magie und manche Universen sind durch die Gefahr des “Chaos” bedroht.

Das Buch beginnt damit, dass die Hauptfigur Irene die Mission nach einem Buch erfolgreich beendet und ermöglicht es den Lesern so, Grundlegendes über die Hauptfigur und die Struktur der Welt im Buch zu erfahren. Gleich nach ihrer Rückkehr wird Irene jedoch – zusammen mit einem Gehilfen, an dem irgendetwas seltsam zu sein scheint – wieder los geschickt, ein besonderes Buch zu suchen, anstatt wie üblich etwas Erholungszeit in der riesigen Bibliothek zu bekommen.

Der Untertitel des Buches lautet: “One spy. One dangerous book. One deadly mission.” Und diese beginnt nun für Irene und ihren Begleiter Kai. Sie werden in eines der vielen parallelen London geschickt, die es in diesem Buch gibt, um dort eine besondere Ausgabe von Grimms “Kinder- und Hausmärchen” zu suchen. Dabei befreunden sie sich mit dem lokalen Detektiven Vale; sie geraten in Konflikt mit einer anderen Bibliotheks-Agentin Bradamant (alle Agenten und Agentinnen tragen Codenamen aus dem literarischen Kanon. Bradamant ist eine Heldenfigur aus einem Epos); sie treffen auf mächtige Feenwesen; und sie werden von Alberich bedroht, einem ehemaligen Bibliotheks-Agenten, um den sich viele Legenden ranken.

Für beinahe den gesamten Band gilt, dass der Plot insgesamt etwas mehr Tempo haben und präziser erzählt sein könnte, aber es ist Debutroman von Cogman. Außerdem schafft der Band es gerade am Ende einen völlig neuen Spannungsbogen zu eröffnen, der allen Figuren eine neue Perspektive gibt und gespannt auf den Folgeband macht.

“The invisible Library” von Genevieve Cogman habe ich als eBook für 0,99€ gelesen.

Vollgas

Das Fränkische Freilandmuseum Bad Windsheim ist für mich einer der Orte, die ich mit ganz starken Kindheitserinnerungen verbinde. Wir waren oft dort, hatten zwischenzeitlich auch mal eine Jahreskarte. Ich kann mich an heiße Sommertage zwischen den Feldern und Fachwerkäusern des Museums erinnern, an Apfelschnitze aus Tupperdosen und gutes fränkisches Bauernbrot und an die Geschichten, die über das Leben in den Häusern erzählt wurden.

Inzwischen hat das Museum ein umfassendes Marketingkonzept, das ein ganzjähriges Unterhaltungsprogramm einschließt. Dazu gehört beispielsweise auch, dass in den Sommermonaten ein Freilichttheaterstück aufgefürt wird.

Die "Bühne" des Theaterstücks "Vollgas" im Freilandmuseum Bad Windsheim

Die “Bühne” des Theaterstücks “Vollgas” im Freilandmuseum Bad Windsheim

Dieses Jahr wird das Stück “Vollgas” gespielt. Das Stück dreht sich nicht nur, um zwei Bankräuber und ihre Geisel, die versuchen dem Stau auf der Autobahn zu entkommen, indem sie über die Dörfer fahren, sondern auch um die vielen anderen Autofahrer, die so dem Urlaubsverkehr entgehen wollen und im Dorf Schaffenrath steckenbleiben, weil dort die einzige Brücke zerstört ist. In der Folge verkeilen sich die 16 Fahrzeuge bis keiner mehr vor oder zurück kann. Die  Haupthandlung bildet die Geschichte der Bankräuber und ihr Versuch zu entkommen, die Geisel Angelika irgendwie unauffällig los zu werden und nicht vom Obergangster Franz Xaver Kiesgruber (der einzige Bayer unter all den Franken!) oder der Polizei geschnappt zu werden. Daneben dürfen aber auch alle anderen im Stau steckenden ihre Geschichte spielen: Ein Ehepaar, das sich über dem neugeborenen Kind fremd geworden ist, ein Schauspieler mit Sinnkrise und sinkendem Stern, eine Psychotherapeutin auf der Suche nach Patienten, drei Teenager auf dem Weg zu einem Rockkonzert, die Pazifistin Hanne, die sich prompt in den Pfarrer des Örtchens verliebt. Sie alle treffen nicht nur auf den Pfarrer, sondern auch die etwas einfältige Bäuerin Andrea Sorg und das Bürgermeisterehepaar.

Autos im "Stau" bilden die Kulisse für "Vollgas"

Autos im “Stau” bilden die Kulisse für “Vollgas”

Die Autos blockieren den Hof der Bäuerin Andrea Sorg

Die Autos blockieren den Hof der Bäuerin Andrea Sorg

Das Stück wirkt ein wenig, wie ein “Roadmovie”, der sich durch die fehlende Bewegung auszeichnet, denn alle stehen im Stau. Leider dürfen sich auch die Figuren während der zweieinhalb Stunden des Stücks nicht so richtig weiterentwickeln, am Ende sind eigentlich alle die Selben und alles bleibt beim alten. Die Entwicklung ist nur eine Scheinbare: Die Ganoven werden nicht geläutert, der Pfarrer bleibt  weiterhin etwas bigott, egal wie sehr die Hippie-Frau versucht, ihn für höhere Ziele zu begeistern. Die einzige Ausnahme ist vieleicht die Bäuerin Andrea Sorg auf deren Hof alle stranden und das Paar Florian und Veronika Gerber, die am Ende zu einer glücklicheren Beziehung zurückgefunden haben.

Die fehlende Figurenentwicklung ist aber vielleicht auch einfach der Tatsache geschuldet, dass die meisten Figuren nie ordentlich eingefürt werden und deshalb bis ans Ende des Stücks  blass bleiben. Bei über 40 Personen ist das nicht wirklich verwunderlich, schade bleibt es dennoch, denn die schauspielerische Leistungen sind eigentlich überzeugend. Durch die fehlende Einführung aber zieht sich gerade die erste Hälfte des Stückes ziemlich. Durch die vielen Figuren wird dem Stück aber etwas anderes möglich: Es werden parallel laufende Nebenhandlungen möglich, bei denen auch die Figuren Handlung weiterspielen, die gerade nicht im Fokus stehen.

Dass diese Idee nicht im Chaos mündet, sondern eine wohlgeordnete Vielfalt und einen ungeheuren Reichtum an Charakteren und Beziehungen bietet, ist das Verdienst der Regisseurin Gerburg Maria Müller […]. (So das Programmheft)

Möglich wird dies aber auch durch den Ort. Gespielt wird unter freiem Himmel, das Publikum sitzt auf Stadionstühlen auf zwei Rängen und blickt auf ein fränkisches Bauernhaus, das in einer Wegkurve liegt und die Kulisse bildet. So kann man mit einem Ohr der Haupthandlung zuhören und sich ansonsten auf die liebevoll inszenierten Details der

Für mehr Abwechslung sorgen verschiedene Liedeinlagen, die bekannte Songs der 80er Jahre zitieren und umdichten. Ein paar der Stücke wurden auf vimeo hochgeladen. An diesen zeigt sich vor allem die vielseitige Begabung einiger Schauspieler, die nicht nur singen, sondern auch die Band unterstützen.  Dabei ist die Band leidetr nur sehr vage in die Handlung des Stücks eingebunden, obwohl manche Schauspieler ständig zwischen Bühne und Band wechseln müssen, was sich negativ auf ihre Präsenz im Stück auswirkt.

Das Stück, das gute Unterhaltung für einen lauen Sommerabend im Freien bietet, ist noch bis 15. August zu sehen.

Eine wissenschaftliche Arbeit abschließen

Neulich habe ich ja schon darüber geschrieben, welche Probleme sich beim strukturierten Arbeiten an einem wissenschaftlichen Text so ergeben. Inzwischen habe ich meine Masterarbeit eigentlich fertig geschrieben.

Eigentlich… Denn obwohl jetzt alles, was zu meiner Gliederung gehört ausformuliert in einem Textdokument steht, heißt das noch nicht, dass meine Arbeit fertig ist. Gerade merke ich erst, dass ich jetzt erst an einem Punkt bin, wo ich meinen Text noch mal überdenken kann, inhaltliche und strukturelle Probleme feststelle, an Formulierungen feile und das ganze zu einem konzisen Endprodukt mache. Das heißt aber auch für alle zukünftigen Projekte, dass ich wirklich mehr Zeit zum Korrigieren einplanen muss. Weil es mehr ist als nur ein paar Fehler auszumerzen. Es geht darum, dass ich  Doppelungen vermeide und Argumente schärfe. Ich will die Einleitung und den Schluss nicht nur aufeinander abstimmen, sondern auch sicherstellen, dass die Ergebnisse, die ich im Schluss formuliere auch im Hauptteil erarbeitet werden.

Konkret bedeutet das: Die erste Rohfassung habe ich komplett auf offensichtliche Fehler am Bildschirm durchgelesen. Dann habe ich sie einmal ausgedruckt, um so noch einmal ein anderes Format zu haben und nötige Ergänzungen besser vornehmen zu können. Denn gerade Überleitungen kann ich viel besser von Hand schreiben. Nach dem Einarbeiten dieser Änderungen, die mir auch noch einmal einen besseren Überblick über meine Thesen verschafft haben, konnte ich endlich die Einleitung und den Schluss schreiben. Aber gerade beim Zusammenfassen meiner Ergebnisse für den Schluss, kommen mir gerade noch einmal hoffentlich kluge Gedanken, die das, was ich im Hauptteil ausdrücken wollte, noch einmal präzisieren. Dabei habe ich allerdings gerade das Gefühl, dass ich in meinem Schluss Ergebnisse formuliere, die in meinem Hauptteil nicht so eindeutig formuliert werden. Also muss ich, nachdem der Schluss fertig ist, noch einmal an einzelne Stellen des Hauptteiles, um dort zu ergänzen und zu schärfen.

Dann sollen eigentlich auch noch andere meine Arbeit Korrekturlesen. Beim Einarbeiten dieser Änderungen werden mir vermutlich noch weitere Verbesserungen auffallen. Der hermeneutische Zirkel scheint nicht nur für fremde sondern auch für eigene Texte zu gelten.

Historische Trivia

Schon 1733 berichtet Julius Bernhard von Rohr über Aufzüge! Also genauer gesagt über Fahrstühle:

[Er meine Ergänzung] berichtete des Weiteren über “einige grosse Herren”, denen Treppen zu steigen “incommode” sei. Für sie habe man “in den neueren Zeiten bequeme Sessel erfunden,” die “an einem Gewichte hängen”. Ohne auf den Stufen immer mal wieder verschnaufen zu müssen, könnten die Herren nun “aus einem Zimmer in das andere fahren”. Im Stadtschloss zu Dresden und in dem zu Altenburg seien solche Fahrstühle […] eingebaut. (Zitiert nach Heinrich Dily: Stumme Diener in Wörlitz. In: Holm/Dilly: Innenseiten des Gartenreichs. S. 160)

 

Die erste Industrieschule des Kurfürstentums Hannover war in Göttingen. In Industrieschulen lernten die Kinder

das Verarbeiten von Flachs, Wolle und Baumwolle, das Spinnen und das Weben, sowie das Stricken, Knütten [= niederdeutsch für Stricken, zumindest laut zeno.org], Netzen, Nähen, Waschen, Bügeln, Stopfen, Klöppeln und andere verarbeitenden Methoden, sowie Feld- und Gartenarbeit, Bienen- und Seidenraupenzucht; zusätzlich sollten sie zur Pünktlichkeit, zum Eifer, Fleiß, zur Ordnung und zu fehlerfreiem Arbeiten erzogen werden. (Zitiert nach Britta Schlaefke: Geschichte und Ziele des Handarbeitsunterrichts. In: “Langes Fädchen – faules Mädchen” S. 12)

Bienen- und Seidenraupenzucht – wie praktisch…

Randbemerkung für meine Twittertimeline: Schade dass Knütten kein leckeres Hefegebäck mit Apfelfüllung sind 😉

Geisteswissenschaftliche Sachliteratur

Percanta hat auf Twitter gefragt, welche geisteswissenschaftlichen Sachbücher man mögen würde und welche noch fehlen würden. Die Antwort ist mir für Twitter zu lang, aber wozu hab ich denn ein Blog. Also hier erst mal die Liste mit den wissenschaftlichen Büchern, die ich spontan so empfehlen würde.

  • Linda L. Layne, Sharra L. Vostral, Kate Boyer (Hg.): Feminist Technology. Das Buch haben wir im Seminar “Technik und Geschlecht” gelesen. Die Autorinnen schreiben witzig, gut lesbar und spannend. Darum gehts: Können Technik und Technologien feministisch sein? Welche Rolle spielen Tampons, Milchpumpen und Kondome für den Feminismus? Welche verschiedenen Blickwinkel kann man als feministische Frau darauf haben.
  • Gudrun Silberzahn-Jandt: Wasch-Maschine. Zum Wandel von Frauenarbeit im Haushalt. Das Buch ist quasi Kulturanthropologie in Reinform: Feldforschung, etwas historischer Hintergrund, ein Alltagsthema, der Genderforschungs-Blickwinkel. Darum gehts: Die Entwicklung der Waschmaschine und die damit verbundenen Veränderungen der Hausarbeit.
  • Julia Frindte, Siegrid Westphal (Hg.): Handlungsspielräume von Frauen um 1800. Darum gehts: Lebensbereiche in denen Frauen um 1800 agierten. Immer vor dem Hintergrund, welche Möglichkeiten und Freiheiten es gab, außerhalb konventioneller Rollenmuster zu leben.
  • Angela Borchert, Ralf Dressel (Hg.): Das Journal des Luxus und der Moden. Kultur um 1800. Schade dass das Buch zu teuer ist – aber das Bibliotheksexemplar steht jetzt seit über ‘nem Jahr in meinem Regal 😉 Darum gehts: Das Journal des Luxus und der Moden eine historische (Frauen-)Zeitschrift. Eine super spannende Quelle, die richtig viel Spass macht.

Die letzten beiden Bücher sind im Verlag Winter erschienen. Sie sind wunderschön blau. Außerdem kommen beide Publikationen aus dem gleichen DFG-Sonderforschungsbereich “Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800”. Alle Publikationen aus diesem, die ich bisher gelesen habe waren spannend.

  • Astrid Ackermann: London, Paris und die europäische Provinz. Die frühen Modejournale 1770-1830. Ein weiteres Buch aus der Reihe zu meiner Masterarbeit. Darum gehts: Der Titel sagt es quasi. Ackermann analysiert vergleichend verschiedene europäische Modejournale. Speziellen Fokus legt sie dabei auf: Geschmack, Kleidermode, Wohnen, Luxus, die Frage nach Geschlecht und Nation.
  • Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Das Buch muss einfach in einer Liste von mir auftauchen. Fantum seit dem ersten Semester. Wenn man sich mal an Bourdieus Stil gewöhnt hat, dann ist das Buch sogar ziemlich gut lesbar. Außerdem bringt Bourdieu einfach großartige Beispiele. Darum gehts: Bourdieu analysiert wie sich gesellschaftliche Zugehörigkeit ausdrückt, wie sich verschiedene Gruppen abgrenzen. Das Ganze für das Frankreich der 60er.
  • Salman Rushdie: Joseph Anton. Nur teilweise Sachbuch. Rushdie schreibt seine Autobiographie aber das ganze ist so literarisch, dass es auch einen guten Roman abgibt. Macht jedenfalls jede Menge Spass auf weitere Literatur.
  • Virginia Woolf: Ein Zimmer für sich allein. Schon wieder was Feministisches. Aber Woolfs Überlegungen bringen einen heute noch weiter. Darum gehts: Die Frage warum Frauen im Großen und Ganzen eigentlich keine Literatur produziert haben, wie Shakespeare oder andere.
  • Bücher über Fantum. Doctor Who, Sherlock… egal. Da schreiben vor allem Wissenschaftler, die selbst Fans sind, entsprechend sind sie passioniert, aber kritisch und das merkt man den Texten einfach an. Wenn man selbst nicht grade Fan des betreffenden Gegenstandes ist, unter Umständen vielleicht anstrengend zu lesen, aber meistens steckt die Begeisterung an.
  • Ralph Bollmann: Walküre in Detmold. Eine Entdeckungsreise durch die deutsche Provinz. Und plötzlich möchte man wieder mal in die Oper oder wenigstens ins nächste Theater. Darum gehts: Bollmann besucht alle deutschen Opernhäuser. Das sind mehr als es sonst auf der gesamten Welt zusammen gibt. (Ein Hoch auf die deutsche Kleinstaaterei!)

Und dann ist da noch die Frage, was ich gerne lesen würde:

  • Mehr über Serienkonsum und -rezeption. Was machen Leute eigentlich wenn sie fernsehen? Warum machen sie das? In welchen Settings? Wie gehen sie mit Fernsehen um?
  • Was machen eigentlich die ganzen DIY-Leute so? Warum? Wie? Wie wird das finanziert? Was wird genäht, gestrickt, gehäkelt, geschreinert?
  • Mehr Literatur über Literatur, die Lust darauf macht, Literatur besser zu verstehen, Literatur analysiert ohne trocken zu sein…
  • Mehr Literatur über Musik, die mir Musik erklärt. Es gab da mal vom Bayerischen Rundfunk ‘ne CD zur Johannespassion. Die war großartig. Am besten ist so was multimedial. Text fürs Schnelllesen und Hörbeispiele zum Verstehen. Können nicht irgendwelche Musikwissenschaftler mal anfangen dazu zu bloggen? Jemand mit Klavier, der es dann noch vorspielt?

Quellenkritik

Ich arbeite ja am liebsten zu historischen Themen. Sobald ich eine historische Quelle verwende, wird ein Aspekt sehr wichtig: Die Quellenkritik. Dabei handelt es sich um den äußerst wichtigen Prozess die verwendete Quelle einzuordnen. In der Kulturanthropologie in Göttingen wurde in meinem ersten Semester als Grundlagentext zu dieser Methode der Aufsatz “Archivalische Quellen und die Möglichkeiten ihrer Auswertung” von Silke Göttsch verwendet.1 Inzwischen habe ich diesen Aufsatz bestimmt 10 Mal gelesen. Ich kehre nämlich immer und immer wieder dazu zurück, wenn ich mit einer historischen Arbeit nicht mehr so recht weiter weiß.

Damit ich beim nächsten Mal vielleicht einfach mal meine Zusammenfassung lesen kann, schreibe ich sie hier auf. Dabei existieren bestimmt schon 3 verschiedene Exzerpte des Textes in meinen Unterlagen. Aber ich lasse mal den guten alten hermeneutischen Zirkel von Gadamer ins Spiel kommen: Bei wirklich jedem Mal lesen ist etwas anderes an diesem Text wichtig für mich.

Fragen der Quellenkritik nach Karl-Sigismund Kramer

  1. “Kritik der Echtheit” = ist eine Quelle (un-)bewusst gefälscht?
  2. “Kritik des Früheren oder Späteren” = was ist die Reihenfolge des Dargestellten?
  3. “Kritik des Richtigen” = wie ist eine Quelle intentional gefärbt?

Es geht also vornehmlich um die Fragen der Entstehung und Herkunft einer Quelle. Das ist wichtig, weil Quellen, die in Archiven aufbewahrt werden, Geschehenes und Handlungen Verschriftlichen. Sie sind nur das Ergebnis von tatsächlichem Geschehen. Aus diesem Grund muss man besonders darüber nachdenken, wie der Entstehungsprozess der Quelle ist, um dann Aussagen treffen zu können, wie früheres Leben gewesen sein mag.

Für historische Texte, die keine archivalischen Quellen sind, gibt Brigitte Bönisch-Brednich im Beitrag “Reiseberichte” im selben Sammelband Hinweise:

  1. Welches Text-Genre verwendet man? Wie ist dieses historisch einzuordnen?
  2. Welche Autoren schreiben? Wie bilden sich deren Sichtweisen in den Texten ab?
  3. Welche Quellen haben diese Autoren möglicherweise verwendet?

Auch hier geht es vor allem darum sich die Bedingungen unter denen ein Text produziert wurde so bewusst wie möglich zu machen, um so der Gefahr zu entgehen Annahmen aus dem Text unbemerkt zu übernehmen und sich nicht genügend von der Quelle zu distanzieren.

  1. In: Silke Göttsch, Albrecht Lehmann (Hgg.): Methoden der Volkskunde. Positionen, Quellen, Arbeitsweisen der europäischen Ethnologie. Berlin 2007.

O tempora o modi!

Obwohl an meinem Laptop seit geraumer Zeit ein Zettel “Kein historischhes Präsens” klebt, sind die Tempi und Modi in meiner Masterarbeit ein fürchterliches Durcheinander. Also sitze ich jetzt da und ackere mich in der Dudengrammatik durch das Kapitel “Die Funktionen der (einfachen und mehrteiligen) Verbformen”. Bisher habe ich dabei gelernt, dass es im Konjunktiv schwierig wird zeitliche Bezüge zu differenzieren. Dabei wäre für meinen Text durchaus wichtig. Schließlich arbeite ich historisch und muss immer wieder Quellen zitieren, was ich üblicherweise in der indirekten Rede, also im Konjunktiv tue. Dabei wäre es schön, wenn ich dabei auch nach Tempus differenzieren könnte.

Ich glaube übrigens, dass die große Beliebtheit des historischen Präsens (= über ein historisches Phänomen wird im Präsens geschrieben) darauf zurück zu führen ist, dass es die Tempusverwendung so viel einfaher macht, weil es stärker der gesprochenen Alltagssprache entspricht, in der sich die Autorinnen sicherer fühlen, als in der Schriftsprache.

Dann wiederum macht der Duden auch deutlich, weshalb es eigentlich doch sinnvoll wäre in erzählenden und wissenschaftlichen Texten das Präteritum zu verwenden:

Verständlich wird auch, dass das Präteritum das typische Tempus des Erzählens ist. Erzählen im nicht fiktionalen Sinne kann der Sprecher nur das, was von seinem Jetzt aus betrachtet festliegt und sich überblicken lässt – das heißt, Gegebenheiten in der Vergangenheit. Wenn nichts dagegen spricht, zeigt das Präteritum […] mithin nicht nur Vergangenheits-, sondern auch Wirklichkeitsbezug (“Faktizität”) an. (Duden. Die Grammatik S. 504)

Mal abgesehen davon, dass ich das Wort “Faktizität” einfach gerne mag, sagt dieser Satz auch etwas ganz Großartiges: Wenn ich mich in einem Text mit dem Präteritum ausdrücke, signalisiert die Sprache allein durch die Grammatik, dass etwas Wirklich und Echt ist. Das heißt auch, dass ich meinem Text allein durch die Verwendung des Präteritums mehr Nachdruck verleihen kann.

Auszüge aus dem “Journal des Luxus und der Moden”

Hier ein paar Fundstellen aus der Quelle für meine Masterarbeit, die ich leider nicht verwenden werde können, die aber viel zu großartig sind, um sie für mich zu behalten.

In einem Artikel über Arbeitsbeutel, die Damen in Ermangelung von Kleidertaschen mit sich führen müssen, findet sich diese Fußnote:

Glückskekse im 18. Jahrhundert (Journal des Luxus und der Moden. 13. Jg. November 1798. S. 605.)

Wer hätte gedacht, dass es Glückskekse schon in Frankreich im 18. Jahrhundert gegeben hat?

Außerdem in einem Artikel, der sich mit Lese-Moden beschäftigt und dabei mit dem Werther-Kult beginnt:

Keiner konnte sich in dieser Epoke mit einigem Anstand erschießen, oder er mußte es über dem aufgeschlagenen Werther thun; zum allerwenigsten mußte er den Tag vorher im Werther geblättert haben, wenn er nur einigermaßen, den Beyfall der Modewelt haben und mit all seinem Heldenmuth nicht unbemerkt aus der Welt schleichen wollte. (Journal des Luxus und der Moden. 7. Jg. November 1792. S. 550.)

Leseliste (16): 20.01.2015

Seit neuestem habe ich ja auch (endlich) ein Smartphone. Und weil ich kein einziges Spiel, dafür aber Twitter, Pocket und Fever drauf installiert habe, verbringe ich sehr viel Zeit mit lesen. Das macht vor allem Spass, weil das Texte-speichern wieder funktioniert. Allerdings habe ich so nicht nur sehr viele lesens- und erinnernswerte Texte gespeichert, sondern auch eine Menge alter Texte in Pocket gefunden. Ich werde also langsam meine Sammlung abarbeiten müssen.

Meine Hartz-IV-Familie: Undine Zimmer beschrieb schon im Oktober 2011 in der Zeit, welche Probleme es mit sich bringt, wenn man es schafft aus einer Harz-IV Familie “aufzusteigen”. Vor allem die Diskrepanz zwischen Bildungsinteresse und Scheitern in der Arbeitswelt wird deutlich. Und, dass die mangelnde Anerkennung schwere Folgen nach sich zieht. Passend dazu ein aktuelle Artikel in der Süddeutschen Schikane per Gesetz. Dort wird analysiert, dass Hartz-IV nicht Sicherheit bringt, sondern nur Unsicherheit. Und zwar sowohl für die, die keine Arbeit haben, als auch für die, die noch arbeiten. Denn, so der Artikel, dank Hartz-IV würden alle als “potentielle Faulpelze” eingestuft und wer seine Arbeit verliert, verliert auch ganz schnell seinen sozialen Status. Ich sehe auch einen ganz klaren Zusammenhang zu diesem Artikel in der FAZ, der neulich auf Twitter den Hass junger, gut ausgebildeter, aber noch nicht gut-verdienender Frauen auf sich gezogen hat. Die Frage ob man mit 7000 Euro im Monat reich ist, oder nicht, hängt auch davon ab, wie soziale Sicherungssysteme aussehen, falls man seine Arbeit verliert. Darüber hinaus denke ich, dass es ganz dringend nötig ist, wieder begriffliche Zwischenstufen zwischen arm und reich einzuführen. Vor allem für die Zone, die weder richtig arm, noch wirklich reich ist, gibt es keinen Begriff. Im Prinzip war das einmal “bürgerlich”, aber dank der Schere bei den Einkommen verschwindet diese Gruppe ja zunehmend. Dabei wäre es wohl besonders nötig, wenn alle, die eigentlich zu dieser Gruppe gehören besonders gut zusammenhalten, anstatt sich selbst zu zerfleischen. Dafür bräuchten allerdings sowohl der untere Rand als auch der obere jede Menge Selbstreflexion und weniger Hau-Drauf-Mentalität.

Ein alter Text, warum die meisten Menschen keine Computer benutzen können. Vermutlich aber immer noch genau so wahr.

Und dann gibt es da noch Chineasy, ein cooles Projekt, in dem chinesische Schriftzeichen zu Piktogrammen werden, damit man sie leichter lernen kann.