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JULIA CLAIBORNE JOHNSON: Willkommen in der unglaublichen Welt von Frank Banning

Buchcover des Romans “Willkommen in der unglaublichen Welt von Frank Banning”

Alice ist die persönliche Assistentin eines New Yorker Lektors, der sie als Kindermädchen nach Los Angeles schickt. Dort soll sie die die Bestsellerautorin Mimi Banning unterstützen, damit diese nach Jahrzehnten endlich ihren nächsten Roman fertig schreiben kann. Doch Bannings Sohn Frank stellt sich als Herausforderung für Alice heraus. Er ist hochbegabt und stellt viele Regeln für den Umgang mit ihm auf. So darf Alice ihn oder seine Sachen nur anfassen, nachdem sie ausdrücklich um Erlaubnis gebeten hat – außer sie wäscht seine schmutzige  Wäsche, dann ist eine Erlaubnis scheinbar nicht nötig.

Der Roman ist durchgehend aus Alices Sicht geschrieben und durch ihre Augen lernen wir Frank langsam immer besser kennen. Mimi Banning dagegen bleibt überwiegend unsichtbar, denn sie hat sich in ihrem Büro verschanzt, das sie nur selten verlässt. Alice stellt immer mehr fest, dass es Frank an stabilen Bezugspersonen neben seiner Mutter fehlt. Sein Vater taucht niemals auf und ein Freund der Familie kommt und geht, wie es ihm am Liebsten ist. Auch in der Schule hat Frank immer wieder Probleme, weil er sich langweilt und nur schlecht mit den anderen Kindern zurecht kommt. Denn nicht nur mit seinem auf dreiteiligen Anzügen basierenden Kleidungsstil ist der Junge erwachsener als Gleichaltrige.

Indem Frank durch Alices Blick beschrieben wird, schafft der Roman es geschickt, keine Diagnose zu stellen und auf jegliche Einordnung von Franks Verhalten zu verzichten. So entsteht das liebevolle und vielschichtige Bild eines Jungen, der trotz allem in vielem eben noch ein Kind ist. So oft er seine Impulse nicht unter Kontrolle hat, so oft gleicht er dies durch besonders aufmerksame Gesten gegenüber anderen aus. Frank ist gleichzeitig unheimlich kalt und direkt und doch zugewandt und liebevoll. Alice selbst ist im ganzen Buch immer deutlich zurückgenommen und steht nie wirklich im Zentrum der Geschichte, obwohl der ganze Roman von ihr als Ich-Erzählerin geschildert wird. Sie kommt und geht als kurzes Zwischenspiel in das Leben der Bannings. Der Roman lässt sich mit der Charakterisierung seiner Figuren Zeit, denn Alice braucht etwas, um die Menschen um sich herum besser kennenzulernen und einzuschätzen. Als es dann endlich zum immer wieder angedeuteten Eklat kommt, nimmt die Handlung dann fast zu schnell an Fahrt auf. Womit möglicherweise reales Leben sogar sehr treffend geschildert wäre. So erfahren wir zwar einiges von der Vorgeschichte aller Figuren, aber das Ende ist abrupt und vieles wird nicht aufgelöst.

So schön das Buch ansonsten auch ist und so begeistert ich es gelesen habe: Dieser Schluss erschien beinahe, als hätte der Autorin eine überzeugende Idee dafür gefehlt. Möglicherweise liegt das aber auch daran, dass ich genau diese Art Ende einer Erzählung in Romanen so wenig mag wie bei Serien, die plötzlich abgesetzt werden. Denn es bleibt ein fahles Gefühl der Leere, das höchst unbefriedigend ist.

Willkommen in der unglaublichen Welt von Frank Banning von JULIA CLAIBORNE JOHNSON erschien 2016 bei atb. Übersetzt von Teja Schwaner und Iris Hansen. Das Taschenbuch kostet 12,99 €.

Erwerb: Aus der Bibliothek geliehen.

Sterne: ****

Hashtag: #WirLesenFrauen mehr Infos zur Lesechallange finden sich im Link.


Wieder mehr bloggen?

Seit Wochen Monaten will ich wieder versuchen regelmäßiger zu bloggen. Mit dem neuen Job kommt mehr Freizeit einher, weil alles besser organisiert ist und ich nicht mehr für andere mitarbeiten muss. Ich lebe plötzlich im Großraum München mit einem riesigen kulturellen Angebot. Es wäre also genug zu berichten.

Aber dann war da die DSGVO und die Unlust irgendwas dazu zu machen … Aber jetzt hab ich Urlaub und endlich mal Zeit mich um Technisches zu kümmern. Dieses Blog gibt es in Zukunft also auch mit Datenschutzerklärung und aktualisiertem Impressum.

Wochenrückblick KW 11

Gerade habe ich überschlagen, dass ich diese Woche etwa 78 Stunden gearbeitet habe. Da sind die Pausenzeiten auch schon abgezogen. Entsprechend gibt es diese Woche auch einfach nichts zu berichten. Immerhin sind zumindest die Ausstellungstexte bis auf Kleinigkeiten fertig. Und als ich vorhin noch mal auf die vielseitige To Do-Liste geguckt habe, dachte ich das erste Mal, dass es doch vielleicht möglich ist, bis Donnerstag die Ausstellung fertig zu bekommen.

Immerhin ist es trotz allem Stress jedes Mal wieder wunderbar, wie aus einem echt komplizierten und langweiligen Raum eine Ausstellung wird. Erst werden ein paar Wände aufgestellt, die bekommen die Ausstellungsfarbe und langsam, langsam füllen sich die Podeste und Regale. Und jedes Mal wieder ist es erstaunlich, wie unterschiedlich ein Gegenstand wirkt, einfach nur, weil er auf einem kleinen Sockel steht. Wenn dann noch die Verglasung davor kommt und das Licht richtig eingestellt ist – das sind dann die Momente für die sich die Nachtschichten trotz allem gelohnt haben. Ich habe definitiv in den letzten zwei Jahren das gefunden, was ich machen möchte. Ich kann mir keinen spannenderen (Objektrecherchen! Gespräche mit Leuten, die ihre Sachen ans Museum geben!), vielfältigeren (Wissenschaft! Texten! Gestalten! Vermitteln! Leute! Aktionen!) und schöneren Beruf vorstellen.

Eine Nachricht bekommen, die mir den Boden unter den Füßen weggezogen hat. So von der Art: Wenn es ein Witz wäre, hätte die Person, die sie schrieb, echt kranken Humor, aber es wäre dennoch so viel besser. So bleibt nur über hunderte von Kilometern zu versuchen da zu sein, wenn es nötig ist, Ruhe zu lassen wo man stört und zu versuchen nicht zu aufdringlich, neugierig, voyeuristisch zu sein. Große Hilflosigkeit. Wie soll man Fassungslosigkeit, Traurigkeit, Mitgefühl und Beileid denn auch angemessen in Worte fassen?

Wochenrückblick KW 5

Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht. Gefühlt war doch grade eben noch Heilig Abend und jetzt soll schon die 5. Kalenderwoche vorbei sein??

Begonnen hat sie jedenfalls schon mal ganz hervorragend mit zwei freien Tagen 🙂 Am ersten hab ich es sogar in die Bibliothek geschafft. Am zweiten war ich mit den Kollegen im Brotmuseum in Ulm. Dazu später mehr.

Leider musste ich in dieser Woche dann aber doch zwei Tage arbeiten: Wobei der Arbeitstag am Mittwoch vor allem darin bestand quer durch Bayern zu gondeln. In Ingolstadt gab es ein Arbeitstreffen für das Projekt “Utopien in der Landwirtschaft”. Da habe ich die bisherigen Ergebnisse zu gemeinschaftlichem Leben auf dem Land vorgestellt. In der Gruppe kamen dann die berechtigten Einwände, dass ja leider keines der Beispiele (Raiffeisenbanken, Maschinenring, Molkereigenossenschaft, Gemeinschaftsanlagen auf dem Dorf) so richtig utopisch sei. Nur eine richtig gute Lösung dafür haben wir trotzdem nicht gefunden. Nun ja. Im Anschluss mussten wir auch gleich weiter Richtung Augsburg, wos eine Besprechung zum weiteren Vorgehen für die Depotpläne der Bezirksmuseen gab. Der Donnerstag brachte dann das Vergnügen mit sich, dass ich morgens erst mal meinen neuen Arbeitsvertrag unterschrieb. Gleich gefolgt vom Missvergnügen, mich mit der fehlenden Computerlizenz und dem Mangel eines funktionierenden Rechners herumschlagen zu dürfen. Als ich endlich alles so weit geklärt hatte, kam auch schon die neue Volontärin von ihrem Rundgang mit der Museumsleitung zurück. Da habe ich dann den den Rest des Tages damit zugebracht, sie mit all den Infos zur Datenablage, Projekten und allem was mir sonst noch eingefallen ist zu überfordern. Werdet nie meine Volontärin, ich rede zu schnell und alle Infos kommen auf einmal und wehe ihr denkt nicht mit.

Abends gings dann zum Glück schon wieder für ein langes Wochenende voll Aktivitäten nach hause. Denn am Wochenende war großes Fest in meiner Verbindung. Da konnte ich endlich mal wieder all meine Freunde und Freundinnen wieder sehen. Manche treffe ich leider nur noch einmal im halben Jahr – und auch wenn es dann immer wieder ist, als wäre es erst gestern gewesen, bleibt es doch traurig, dass der tägliche Kontakt fehlt. So hatten wir aber zwei Tage, um viele Gespräche nachzuholen, die aktuellen Lebensstationen aufzufrischen und endlich mal wieder einfach nur lange und gemütlich zusammen zu sitzen.

Wochenrückblick KW 4

Das war irgendwie eine müde Woche. Zu viel Arbeit, zu wenig Zeit. Vor allem zu wenig Energie, die To Do Liste anständig aufzustellen, einzuteilen und dann einfach abzuarbeiten. Trotzdem ‘ne Menge geschafft, auch wenn es sich gar nicht so angefühlt hat: Immerhin steht jetzt ein vielleicht tragfähiges Konzept für das Utopien-Projekt. Grad fehlt vor allem noch ein Titel. Wenig hilfreich waren dagegen vor allem all die Dinge, um die mich der Lieblingskollege gebeten hat, die mit dem, was ich erledigen wollte, aber leider so wenig zu tun hatten: Aber hey, ich nähe ja so gerne Inventarnummern in Textilien und es gibt nichts schöneres als Inventarfotos zu machen, zu bearbeiten, am richtigen Ort abzuspeichern und mit der Datenbank zu verknüpfen.

Vielleicht gibts doch einen Anschlussvertrag für zwei Monate. Unterschrieben habe ich immer noch nichts, aber hey! bis Februar sind ja noch zwei ganze Tage Zeit. Die langsam mahlenden Mühlen der Verwaltung machen mich etwas zynisch.

Im Ausgleich habe ich ein spannendes Jobangebot für danach bekommen: Es gibt doch tatsächlich noch Museussammlungen, die komplett von vorne inventarisiert werden müssen. Das ist natürlich sehr, sehr interessant, da man in so einem Projekt wirklich was abarbeiten und mit etwas Plan und Konzept echt schöne Grundlagen schaffen kann. Jetzt muss ich dringend googeln, wie das als Freiberufler im Kulturbetrieb so wäre. Großer Nachteil: es sind nur 600 Stunden für das ganze Projekt veranschlagt.

 

Langes Wochenende Zuhause. Wunderbar ist das Gefühl, am Samstagabend so sehr angekommen zu sein, dass ich kurz überlegen musste, ob ich wirklich erst einen Tag da war. So viel Zeit, um zu lesen, einzukaufen, Kuchen zu backen, Freundinnen zum Kuchen essen zu treffen, fern zu sehen, mit anderen Freunden frühstücken zu gehen und in der Bibliothek zu sitzen. Und gleichzeitig mal nicht das Gefühl zu haben, dass alles und jeder und besonders die Beziehung zum Partner zu kurz kommt, wenn man irgendwas davon macht. DREI MAL nicht allein schlafen. Großartig ist das.

Wochenrückblick KW 2

Der Urlaub ist zu Ende. Eigentlich wollte ich gerne Überstunden abbauen, aber natürlich habe ich es wieder nur zwei Tage lang geschafft, eher nach Hause zu gehen. An allen Ecken gibt es zu viel zu tun. Die neue Sonderausstellung für 2018 muss erarbeitet werden – verdreht wie bei uns manches ist, bedeutet das, dass ich dem wissenschaftlichen Mitarbeiter helfe, seine Arbeit zu strukturieren, in Häppchen aufzuteilen und ihm sage, wann er was erledigen soll. Es zieht sich alles, wie immer. Das Utopien-Projekt kommt auch nicht so recht vorwärts. Ich würde gerne mehr dafür lesen, aber es bleibt so wenig Zeit für Konzentration. Außerdem sind in der Sammlung ein paar Dinge liegen geblieben. Als “ja ich nähe dir die Inventarnummern ein und versuche zu sagen, was für Stoff das ist und wie das verarbeitet ist”-Nicht-Textil-Expertin helfe ich dem Museologen ja besonders gerne beim inventarisieren von Kleidung, Tischdecken und Co. (Gibt es eigentlich ein gutes Buch zum inventarisieren von Textilien? Wie erkenne ich das Material von Stoffen?!?) Funfact: Seit ich vor etwa einem Jahr neues Webband für die einzunähenden Inventarnummern gekauft habe, haben wir so viele Textilien inventarisiert, dass nur noch ein Drittel davon da ist. Und das obwohl wir zumindest inoffiziell einen Sammlungsstopp für Textilien haben, weil das Depot aus allen Nähten platzt-. Pun intended.

Endlich mal wieder nach Hause nach Göttingen gefahren. Im Zug gearbeitet – endlich mal Ruhe, um an einem Ausstellungskonzept zu schreiben.

Die Wochenendbeziehung wird immer dann besonders unerfreulich, wenn einer von uns im Urlaub ist: Das führt dann leider gleich immer zu wochenlangem Nicht-Sehen. Die Wiedersehensfreude ist dafür dann umso größer. Am Besten wie immer: Gemeinsam eingeschlafen, gemeinsam aufgewacht. Ich schlafe ja signifikant besser, wenn ich nicht allein bin. Insgesamt war das Wochenende – wie immer – viel zu kurz.

Im Zug zurück Bewerbungen geschrieben und das neue Bewerbungsfoto bearbeitet. Wie immer fasziniert davon, wie lang man an einem Bild herum optimieren kann.

Wie jedes Wochenende, wenn ich erst mal 30 Minuten mit dem Auto zum und vom nächsten “Fern”verkehrsbahnhof fahre, an dem exakt 2 ICs am Tag halten und der den Namen kaum verdient hat, ärgere ich mich, dass es niemand in diesem Land für notwendig hält, Bahnstrecken auszubauen. Klar, jedes Jahr versiegeln wir quadratkilometerweise Oberfläche mit neuen Autobahnen, Bundes- und Landstraßen. Aber ich komme von der nächst größeren Stadt nicht in nennenswerter Zeit zu einem Fernverkehrsbahnhof. Bedenkend, dass hier mal jeder zweite Ort einen Bahnhof hatte und es gute Bahnstrecken in alle vier Himmelsrichtungen gab, möchte ich regelmäßig zu Weinen beginnen. Das würde auch mal Arbeitsplätze schaffen: Zugpersonal, Bahnhofspersonal, Service für Bäcker, Kioske… Aber Deutschland subventioniert ja lieber VW und Co.

Selbstversuch 2018

Meinen letzten Blogeintrag habe ich im Mai 2016 geschrieben. Das musste ich gerade nachsehen. Und dass ich in den letzten zwei Jahren tatsächlich mal gebloggt habe, hat mich selbst überrascht. Ich träume zwar davon, tolle und lesenswerte Texte zu produzieren. Aber zu schreiben ist für mich nicht so ein Bedürfnis, wie es das für viele zu sein scheint, die es schaffen, regelmäßig zu bloggen. Denn nie scheine ich Zeit zu finden, mich hinzusetzen und zu schreiben. Und natürlich bin ich mit meinen eigenen Texten immer unzufrieden.

Vermutlich liegt es auch daran, dass das Konzept dieses Blogs nicht so gut funktioniert. Ich wollte kein Tagebuch, aber doch so eine Art Kulturtagebuch führen. Persönlich sein, ohne aber selbst allzu sehr im Fokus zu stehen. Vermutlich auch: mich möglichst unangreifbar machen, denn ist es gar nicht so ungefährlich im Internet sichtbar zu sein und Angriffsfläche zu bieten. Andererseits mach Schreiben ohne Publikum aber auch keinen Spaß – es ist also schwierig.

Aber: ich irgendwie vermisse ich das Bloggen dann scheinbar doch. Und in den drei Wochen Urlaub, die ich gerade hatte, habe ich immerhin schon mal geschafft, ein neues (langweiliges) Theme zu installieren. Jetzt ist wenigstens die Optik nicht mehr so verstaubt. Und ein oder zwei Themen, über die ich gerne schreiben würde, gibt es auch.

Wissensorganisation

Vermutlich sammelt jeder während seiner Uni-Laufbahn eine Liste mit Dingen, die ich vor dem Studium hätte wissen sollen. Am aller meisten ärgere ich mich immer und immer wieder darüber, dass ich zwar eigentlich alle meine gelesenen Texte ordentlich abgeheftet und sortiert habe, aber dennoch meine Literaturdatenbank aus 7 Jahren Studium ein einziges Chaos ist.

Ich wünsche wirklich, jemand hätte mir im ersten Semester gesagt: Besuche einen Kurs, in dem du Literaturverwaltungsprogramme wie Citavi, Endnote oder Zotero kennen lernst. Trage jeden einzelnen Text, den du recherchierst, liest, scannst, nicht-liest in eines dieser Datenbankprogramme ein. Mit vollständigen Literaturangaben. Und Verschlagwortung. Am Besten auch noch mit einer Kurzzusammenfassung und einer Kurzbewertung. Das wird dir SEHR viel Zeit sparen, wenn du mal ne große Arbeit schreibst. Mach es immer sofort. Oder wenigstens wochenweise gebündelt. Nimm ein Datenbankprogramm, das mit deinem Textverarbeitungsprogramm spricht. Lerne am besten sofort LaTeX und BibTeX zu benutzen. (Das bringt dann auch wieder Probleme mit sich, aber wenigstens auf einer höheren Ebene.)

Das ist zwar etwas unfair, weil ich  feststelle, dass während meiner Studienzeit diese Programme deutlich an Verbreitung zugenommen haben. Aber so habe ich eben erst mitten während meiner Studienzeit damit angefangen, ein Viertel meiner Texte nie eingetragen, weil es eine unglaubliche Arbeit ist, die zwar unglaublich viel Konzentration erfordert, aber gleichzeitig unglaublich langweilig ist. Außerdem fehlt die Hälfte aller Literatur, die ich jemals recherchiert habe, was so viel verschwendete Arbeitszeit bedeutet, dass ich gar nicht drüber nachdenken mag. Ich habe während meines Studiums und für die Arbeiten, die ich geschrieben habe, unglaublich viel Literatur rezipiert und kann auf so viel nicht so zugreifen, wie ich es gerne wollte. Dass ich keine ordentliche Systematik in meinem Recherche- und Ablagesystem habe, führt auch dazu, dass ich dauernd Texte, die ich schon recherchiert habe, vergesse, übersehe und nicht rezipiere. Entsprechend ist die Literaturliste für meine Masterarbeit gerade nicht halb so ordentlich und umfassend und tiefgehend, wie ich es gerne hätte. Und folglich bin ich jedes Mal, wenn ich über das Kapitel zum Forschungsstand nachdenke, extrem unglücklich, weil es nicht so ist, wie ich es am liebsten hätte.

Was mir auch jemand hätte sagen sollen ist: Bennene alle Scanns einheitlich. Lege sie systematisch ab. (Und Systematisch bedeutet nicht, dass sie in irgendwelchen sub-sub-sub-Ordnern zu Seminaren liegen, sondern in einem Ordner mit allen Texten, die du je gelesen hast. Lass dein Verwaltungsprogramm darauf zugreifen. Aber verhindere, dass es jemals irgendwas aus diesem Ordner löschen darf. Schütze diesen Ordner mit allen Möglichkeiten, er ist dein Heiligtum, DEIN SCHATZ.

Bleibt mir nur, es in Zukunft besser zu machen. Vermutlich werde ich (falls das mit der Promotion klappt) in der nächsten Zeit noch genug Texte und Dokumente ansammeln. Und vielleicht werde ich an einem langen Winterabend mal meine gesammelten Texte systematisch sortieren und ablegen (das Dia-Projekt von Wissenschaftlern sozusagen).

Lübeck

Am zweiten Tag meines Lübeck-Besuchs waren wir dann tatsächlich auch in Lübeck. Da meine Freundin dort her kommt, konnte sie mir unglaublich viel erzählen. Leider habe ich mir nicht mal ein Viertel aller Informationen merken können, aber ich mag es wirklich, wenn mir jemand die ganze Zeit etwas zu den Dingen erzählt, die ich gerade sehe.

Da sie etwas außerhalb der Stadt wohnt, sind wir erst 30 Minuten mit dem Rad in die Stadt gefahren. Bei wunderschönem Sommerwetter macht es richtig Spaß durch Wiesen und Felder zu fahren und sich am schönen Farbenspiel zu freuen, Kühe zu bestaunen und ein bisschen “Natur” zu sehen. In Lübeck waren wir zuerst am Dom, der einen Eingang hat, der “Paradies” heißt, weil die beiden Straßen die dorthin führen “Fegefeuer” und “Hölle” heißen. Der Dom hat ein wunderschönes modernes Fenster und einen tollen geschnitzen Altarraum. Ansonsten ist mir auch hier wieder aufgefallen, wie leer die gotischen Kirchenräume wirken.

Der Lübecker Dom vom Ententeich gesehen

Moderne Kirchenfester im Lübecker Dom

Das schöne an Lübeck ist ja, dass es überall Wasser gibt. Die eigentliche Altstadt ist sogar eine Insel, die zwischen Trave, Kanal und Wakenitz liegt. In der Folge gibt es überall wunderschöne Blicke über Wasser auf die Stadt. Am beliebtesten ist wohl der Malerwinkel:

Lübecker Malerwinkel an der Trave

Hübsch da. Die Wege sind alle neu angelegt und der Grünstreifen am Wasser ist ein wunderschöner Ort für kleine Pausen zwischendurch. Baden kann man besser im Krähenteich Ententeich (Update: ich wurde darauf hingewiesen, dass der Teich Ententeich heißt), wo es auch ein Schwimmbad gibt. Vom Malerwinkel ist es nur noch ein kleiner Sprung zum bekanntesten Lübecker Wahrzeichen, dem Holstentor. Irgendeine Informationstafel sagt, dass es an die Stadt Rom erinnern soll. Aber außer den Buchstaben S.P.Q.L (Senat Populusque Lübeck) haben wir keine Parallelen gefunden. Auch Wikipedia hat dabei nicht weiter geholfen. Ich hatte ja gehofft, dass irgendwie die sieben Hügel Roms architektonisch umgesetzt wurden oder bekannte römische Bauwerke zitiert werden. Das heute noch stehende Holstentor ist übrigens nur noch der Rest einer Wallanlage, die aus drei Toren bestand. Freundlicherweise hat die Stadt Lübeck Modelle für das äußere und das innere Holstentor aufgestellt, so dass man sehen kann, wie diese aussahen.

Blick auf das Holstentor

Wenn man von außerhalb auf das Tor zugeht, sieht man rechts und links zwei liegende Löwen, auf denen man hervorragend herumklettern und Quatsch machen kann. Ob die auch an Heinrich den Löwen erinnern sollen (so wie eine Löwenstatue im Dom) oder nur ganz allgemein für Macht stehen sollen ist nicht ganz klar. Heinrich der Löwe hat die Stadt Lübeck, wie so viele andere gegründet.1 Wenn man vom Holstentor zur Petrikirche geht, um dort auf den Kirchturm zu steigen, kann man sehr gut am Puppenmuseum des Lübecker Figurentheaters vorbei gehen und sich über den schönen Drachen am Eingang freuen.

Drache am Puppenmuseum

Die Petrikriche ist eine der vielen Norddeutschen Kirchen, die als Galerie oder sonstiger Raum genutzt wird. Entsprechend ist sie einfach nur weiß ausgemalt und innen relativ langweilig. Aber man soll ja auch die ausgestellte moderne Kunst ansehen. Vom Kirchturm aus hat man einen wundervollen Blick über die Stadt. Allerdings sollte man nicht ohne Teleobjektiv versuchen das Rathaus zu fotografieren. Irgendwie verdirbt das neue Gebäude von Peek&Cloppenburg das Bild.

Aussicht über Lübeck vom Turm der Petrikriche

Anschließend waren wir im Rathskeller Mittagessen. Dort gibt es lauter kleine Séparées, die bekannten Lübecker Persönlichkeiten gewidmet waren. Leider waren Thomas und Heinrich Mann schon besetzt, aber Erich Mühsam war noch frei.

Séparée im Rathskeller Lübeck

An der Wand hängen Bilder, sein Abschlusszeugnis, ein Lebenslauf und während der Wartezeit kann man Spass daran haben, das in Sütterlin ausgefüllte Zeugnis zu entziffern. Dass Essen im Rathskeller ist übrigens sehr gutbürgerlich, vielleicht hätte ich doch einfach Fisch essen sollen, anstatt Nudeln mit Pilz-Sahnesoße.

Danach waren wir in der Marienkirche, die wohl am besten erhalten ist. Um die Marienkirche ranken sich verschiedene Legenden. So erzählte mir meine Freundin beispielsweise, dass beim Bau der Kirche der Teufel vorbei kam und wissen wollte, was da gebaut würde. Die Bauherren antworteten, es sei ein Wirtshaus. Da das dem Teufel gefiel (Trunkenheit, Saus und Braus, Schlägereien, Wollust, Verderben!) half er beim Bau. Als das Gebäude aber immer größer wurde, merkte der Teufel, dass er hereingelegt worden war. Also nahm er einen großen Stein und versuchte ihn auf den Kirchenbau zu werfen, um ihn so zu zerstören. Zum Glück war der Stein aber zu schwer und fiel herunter, bevor er die Kirche treffen konnte. Heute erinnert eine kleine Bronze an diese Legende.

Teufel vor der Marienkirche Lübeck

Im Innenraum gibt es eine wunderschöne Decke. Ich liebe Kirchendecken. Ich gucke immer zu allererst nach oben. Und dann sehe ich nach der Orgel.

Decke der Marienkirche Lübeck

Außerdem gibt es in der Marienkirche eine astronomische Uhr, die wunderschön blau ist. Ich hätte sehr lange davor stehen bleiben und sie ansehen können. Sie zeigt die Uhrzeit, hat einen Kalender von 1911-2080, bildet die Mondphasen und die Tierkreise ab.

astronomische Uhr in der Marienkirche Lübeck

Anschließend waren wir ihm Buddenbrook-Haus, dazu gibt es morgen einen Extra-Beitrag.

Gegen die Enttäuschung nach dem Museumsbesuch gingen wir zu Niederegger. Die haben wundervolle Marzipanskulpturen in sämtlichen Schaufenstern. Außerdem haben sie auch ein eigenes Museum im 2. Stock, wo sie etwas über die Geschichte des Marzipans erzählen und einen Film zeigen, wie bei Niederegger Marzipan hergestellt wird. Es ist ein Firmenmuseum und entsprechend teuer ausgestattet und unkritisch, aber immerhin liebevoll gemacht. Besonders toll sind die lebensgroßen Marzipanfiguren.

Marzipanmodell der sieben Türme von Lübeck im Niedereggerschaufenster

 

Wir haben unsere Stadtführung mit einem Spaziergang durch die Straßen Lübecks und die “Gänge” beendet. Das abendliche Sommerlicht war perfekt für viele wunderschöne Fotos und ließen die Straßen ganz besonders idyllisch wirken. Die Gänge sind vollgebaute Hinterhöfe, in denen lauter kleine Häuschen stehen, die abgeschieden liegen, begrünt sind und doch den Vorteil haben mitten in der Stadt zu liegen.

Lübecker Backsteinhaus.

Straßenbild in Lübeck

Besonders faszinierend finde ich ja auch, dass norddeutsche Straßen immer irgendwie wirken, als könnte gleich im Hinterhof das Meer beginnen.

Lübeck ist jedenfalls eine wunderschöne Stadt, viel größer als ich gedacht hätte und an einem Tag kann man noch nicht mal 1/4 all der spannenden Sachen richtig ansehen. Es gäbe noch so viele Museen, Theater, Ausstellungen, die wir alle nicht angucken konnten!

  1. Da brauchen die Braunschweiger gar nicht so stolz auf “Unser Haanrich” zu sein. Der war außerdem immer noch Herzog von Sachsen und Bayern. Hmmm, was die Braunschweiger wohl sagen würden, wenn man ihnen erzählt, dass sie eigentlich Bayern oder gar Sachsen sind 🙂

Eine wissenschaftliche Arbeit abschließen

Neulich habe ich ja schon darüber geschrieben, welche Probleme sich beim strukturierten Arbeiten an einem wissenschaftlichen Text so ergeben. Inzwischen habe ich meine Masterarbeit eigentlich fertig geschrieben.

Eigentlich… Denn obwohl jetzt alles, was zu meiner Gliederung gehört ausformuliert in einem Textdokument steht, heißt das noch nicht, dass meine Arbeit fertig ist. Gerade merke ich erst, dass ich jetzt erst an einem Punkt bin, wo ich meinen Text noch mal überdenken kann, inhaltliche und strukturelle Probleme feststelle, an Formulierungen feile und das ganze zu einem konzisen Endprodukt mache. Das heißt aber auch für alle zukünftigen Projekte, dass ich wirklich mehr Zeit zum Korrigieren einplanen muss. Weil es mehr ist als nur ein paar Fehler auszumerzen. Es geht darum, dass ich  Doppelungen vermeide und Argumente schärfe. Ich will die Einleitung und den Schluss nicht nur aufeinander abstimmen, sondern auch sicherstellen, dass die Ergebnisse, die ich im Schluss formuliere auch im Hauptteil erarbeitet werden.

Konkret bedeutet das: Die erste Rohfassung habe ich komplett auf offensichtliche Fehler am Bildschirm durchgelesen. Dann habe ich sie einmal ausgedruckt, um so noch einmal ein anderes Format zu haben und nötige Ergänzungen besser vornehmen zu können. Denn gerade Überleitungen kann ich viel besser von Hand schreiben. Nach dem Einarbeiten dieser Änderungen, die mir auch noch einmal einen besseren Überblick über meine Thesen verschafft haben, konnte ich endlich die Einleitung und den Schluss schreiben. Aber gerade beim Zusammenfassen meiner Ergebnisse für den Schluss, kommen mir gerade noch einmal hoffentlich kluge Gedanken, die das, was ich im Hauptteil ausdrücken wollte, noch einmal präzisieren. Dabei habe ich allerdings gerade das Gefühl, dass ich in meinem Schluss Ergebnisse formuliere, die in meinem Hauptteil nicht so eindeutig formuliert werden. Also muss ich, nachdem der Schluss fertig ist, noch einmal an einzelne Stellen des Hauptteiles, um dort zu ergänzen und zu schärfen.

Dann sollen eigentlich auch noch andere meine Arbeit Korrekturlesen. Beim Einarbeiten dieser Änderungen werden mir vermutlich noch weitere Verbesserungen auffallen. Der hermeneutische Zirkel scheint nicht nur für fremde sondern auch für eigene Texte zu gelten.