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Offenheit

In der SZ steht ein Artikel zur historischen Entwicklung des Islam: “Eine Reformation im Islam ist sinnlos”. Der Artikel ist insgesamt sehr lesenswert, für alle, die sich für Ideen-Geschichte interessieren. Mir selbst ist aber vor allem folgende Aussage aufgefallen: Vor dem Kolonialismus sei es im Islam nicht nötig gewesen eine der Aufklärung vergleichbare Entwicklung zu haben. Stattdessen hätte es eine Verbindung von Religion und Philosophie gegeben, die zu toleranten, vielfältigen Gesellschaft geführt hätten. Viele unterschiedliche Strömungen hätten darin gleichzeitig Platz gehabt. 

Ich bin ja ein großer Fan davon immer neues positives von anderen dazu zu lernen. Und deshalb bin ich an diesem Artikel hängen geblieben: Manchmal habe ich nämlich den Eindruck, dass Toleranz und Akzeptanz von unterschiedlichen Ideen und Lebensentwürfen unserer westlichen Gesellschaft als selbstverständliches Element immer noch fehlt. Und nicht nur das: Unsere Gesellschaft wird immer und immer komplexer und die gewohnten Mechanismen zur Verringerung dieser Komplexität (hallo Luhmann!) scheinen mir nicht mehr zu funktionieren. Selbst wirklich intelligente Menschen scheitern in ihren Gesprächen regelmäßig daran, die Welt wenigstens ein bisschen zu erklären.

Mehr als je zuvor ist immer auch das Gegenteil wahr, kann man kaum noch etwas richtig machen. Ein paar überspitzte Beispiele: Ich kann aufhören Fleisch aus Massentierhaltung zu essen und auf Soja umsteigen, mache dann aber den Regenwald kaputt. Ich kann (fast) keine Kleidung kaufen, die nicht unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurde. Von den Problemen, die die Herstellung Smartphones mit sich bringt, nicht erst anzufangen. Atomstrom ist doof, aber auch Windkraftanlagen sind ökologisch nicht unbedingt einwandfrei: sie sind schlecht für viele Vogelarten, bringen Fledermäuse um und bestehen aus schwer abbaubarem Sondermüll.

Kaum versucht mal also ein Problem zu lösen, steht man vor dem nächsten. Manchmal wundert es mich nicht, dass die Parteien und Gruppen, die einfache Lösungen versprechen, so viel Zulauf haben, wenn doch eigentlich alle überfordert sind.

Ich glaube, dass wir versuchen müssen mehr Offenheit in unsere Köpfe zu bringen. Angst aus Überforderung ist gefährlich – da muss man sich nur mal selbst beobachten. Und vielleicht ist es ein Weg, dass wir uns ansehen, dass Toleranz nicht gefährlich ist. Dass es möglich ist, dass verschiedene Wahrheiten gleichzeitig nebeneinander existieren können ohne dass Gesellschaften deshalb schlechter sind.

Ein weiteres gutes Beispiel dafür scheint mir übrigens der Artikel “Frauenherrschaft?” zu sein. Darin wird gezeigt, dass matriarchale Gesellschaften eben nicht Männer-unterdrückend sind, sondern einfach nur andere Organisationsstrukturen haben, als westliche Gesellschaften. Diese führen zu größerer Freiheit aller. (Ausgehend von diesem Artikel glaube ich ja, dass “Matriarchat” der falsche Begriff für solche Gesellschaften ist, weil er völlig falsche Assoziationen weckt.)

Новости: Alternative Blickwinkel auf Russland

Besonders seit der Ukraine – Krise hat man den Eindruck, dass auch deutsche Medien einseitig berichten. Aber woher soll man als nicht russisch sprechender Mensch alternative Informationen bekommen? Im Netz gibt es eine ganze Reihe an Autoren und Nachrichtenseiten, die eine andere Sichtweise auf tagesaktuelles Geschehen haben, dass Russland tangiert bzw. in Russland stattfindet. Leider ist keine der Seiten meiner Meinung nach unabhängig, sodass es sinnvoll ist mehrere Quellen zu lesen, um einen vernünftigen Eindruck zu einer Thematik zu bekommen. Dennoch ist es spannend, auch mal den Standpunkt zu lesen, der von russischen Medien vertreten wird. Auf manche Argumentationsketten würde man so in Deutschland nie stoßen. Man darf auch von den russischen Medien nicht zwingend Unabhängigkeit erwarten. Manche Schlagzeilen haben Comedyqualität.

Hier eine kleine Auswahl:

 

Tagesgeschehen:

Russia beyond the headlines: http://de.rbth.com/

Sputniknews: http://de.sputniknews.com/

Russia Today: https://www.rt.com/

 

Meinungen, Kommentare und Presseschau:

Dekoder: http://www.dekoder.org/

Objective Mind (befasst sich allgemein mit dem postsowjetischen Raum): http://www.objectivemind.org/

 

Allgemeines Informationen über Kultur und Zeitgeschehen:

Infos des Goethe – Instituts:  http://www.goethe.de/ins/ru/lp/kul/dur/deindex.htm?wt_sc=russland_magazin

Länderinformation der GIZ: http://liportal.giz.de/russland/

 

Außerdem verweise ich auf die ausführliche Linkliste von Dr. Christian Wipperfürth, die vor allem Webseiten zur politischen Analyse enthält.

 

 

Leseliste (8): 11.10.2013

News of the Day:

Mehr Gewalt, Mord und Totschlag.

Welche Regierung Deutschland bekommt, könnte sich an der Frage von Steuererhöhungen entscheiden. Investitionen in die Infrastruktur sind dringend nötig. Die SPD wiegelt gerade ab, dass Steuererhöhungen allein auch nicht helfen. Die CDU will vor allem mehr Geld ausgeben. Weitere Sondierungsgespräche Schwarz-Grün. (inhaltliche Details)

Verhandlungen auch in den USA. (außer dass man wieder miteinander spricht passiert aber noch nicht viel)

Privater Ökostrom wird weiter verkauft.

Steigende Sozialabgaben für 2014.

Die Schuldenkriese zeigt weiter ihre Auswirkungen: Gefahr von Hungersnot in Europa.

Mehr Ärzte arbeiten Teilzeit und wollen dies auf allen Karrierestufen tun.

Gelesen:

Alan Bradley Speaking from among the bones Über die Flavia de Luce Krimis hab ich ja schon hier mal geschrieben. Inzwischen wurde die Reihe fortgesetzt. Mit etwas Abstand wird auch die Entwicklung der Hintergrundhandlung deutlicher. Flavia wird älter und etwas weniger naseweis, die Familie steht noch näher am Rande des Ruins – und mit dem letzen Satz des Buches kriegt die  Handlung dann auch noch einen Twist, der die Spannung fürs nächste Buch aufrecht erhält. Ansonsten bleibt eigentlich alles beim Alten. Flavia ist weiterhin das Chemiegenie, zu neugierig für ihr eigenes Wohlergehen und natürlich diejenige, die den Mordfall löst. Hat wieder Spass gemacht zu lesen. Besonders an den vielen Stellen, an denen ich dachte “gleich passiert etwas wirklich schlimmes” ganz ohne, dass das dann eingetreten ist.

Rudolf Schenda Volk ohne Buch. Schenda vertritt die These, dass im 19. Jahrhundert zwar einerseits Lesen als Erziehungs- und Aufklärungsmethode angesehen wurde (von Seiten der Aufklärer), gleichzeitig das Volk aber nicht zu aufgeklärt sein sollte (von den Herrschenden). Dies hat zur Folge, dass nur wenige Menschen mit echtem Textverständnis lesen können, da der Schulunterricht nicht genug gefördert wird. Außerdem wirkt sich dies auf populäre Lesestoffe aus, die in einer seltsamen Zwischenstufe stehen. Einerseits werden sie als nicht literarisch-ästhetisch abgewertet, andererseits gibt es auch kein echtes Bestreben gute populäre Texte zu produzieren.