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Ausstellung “100 Ideen von Glück”

Wenn @bookstardust auf Mastodon von der Ausstellung “100 Ideen von Glück” erzählt, für die das koreanische Nationalmuseum im Austausch für Leihgaben der Sächsischen Kunstsammlungen Ausstellungsstücke nach Dresden gegeben haben, dann springt da wohl schon mal ein sehr spontaner Kurzurlaub raus.

Screenshot eines Mastodonposts von @bookstardust, der Auf die Ausstellung "100 Ideen von Glück hinweist" und zwei Bidler aus der Ausstellung zeigt.

Wir sind also nach Dresden gefahren um die Ausstellung zu sehen. tl;dr: Es werden einige wirklich schöne Objekte gezeigt, aber Präsentation und Marketing lassen zu wünschen übrig. Am Ende stand ich mit mehr Fragen da als vorher.

Es fängt damit an, dass die Ausstellung unfassbar schlecht beworben ist – selbst in Dresden hängen quasi kaum Plakate dafür – UND in der Residenz noch schlechter ausgeschildert wird – es ist nicht deutlich in welchen Räumen die Objekte zu sehen sind und dass es in mehreren Etagen Ausstellungsräume gibt, habe ich auch erst spät verstanden. Am Ende habe ich mich gefragt, wie genau die Kooperation der Museen wohl ausgesehen hat. Wer hat die Texte geschrieben? Wer die Gestaltung gemacht? Wer war für die Beleuchtung zuständig? Warum wird die Ausstellung so stiefmütterlich behandelt? Gab es kein Budget?

Der größere Teil der Ausstellung befindet sich in den Paraderäumen der Residenz. In jedem Raum gibt es ein loses Überthema, allerdings wiederholen sich Aspekte. Die Ausstellung startet mit Hanboks, traditionellen koreanischen Kleidern. Das erste Objekt, mit dem Besuchende in der Ausstellung begrüßt werden, ist ein Zeremoniengewand der Königin. Der Ausstellungstext zu Füßen der Besuchenden verrät, wenn man sich die Mühe macht sich vor dem Kleidungsstück zu verneigen, um den Text zu lesen, dass es sich um ein Replikat handelt. Natürlich sind Textilien immer schwierige Objekte, die ganz besondere Anforderungen an Lagerung, Präsentation, Licht, Temperatur und Luftfeuchtigkeit stellen, aber ich war ein bisschen war ich enttäuscht.

Auch die weiteren ausgestellten Kleider sind wirklich schön und ich habe viel Zeit im Ausstellungsraum verbracht – aber es sind alles moderne Stücke einer Designerin, die sich von historischen Modellen inspirieren ließ. Was völlig fehlt sind Informationen zur Bedeutung von Kleidung in der koreanischen Kultur. Warum eröffnet die Ausstellung ausgerechnet mit dieser Objektgruppe? Weil sie ein wichtiges Statussymbol waren? Wer trug und trägt solche Kleidung? Welche Bedeutung hat Kleidung in Korea heute (über den Trachteneffekt hinaus)? Selbst zur Geschichte des Hanboks erfährt man hier nur wenig, denn die historischen Kleidungsstücke fehlen. Ich verstehe, dass Textilien schwierige Leihgaben sind (siehe oben), aber ich hätte mir doch ein oder zwei historische Stücke gewünscht. Ebenfalls gewünscht hätte ich mir eine Hands-On Station, an der verschiedene verwendete Textilien angefasst werden dürfen – come on! ihr könnt mir nicht lauter Textilien mit spannender Struktur vor die Nase knallen und dann meinen haptischen Sinn nicht befriedigen!

Lasst mich kurz zu einem kuratorischen Thema abschweifen und uns über Ausstellungstexte reden: Deutlich zu viele Texte wurden auf Fußhöhe oder über Kopfhöhe präsentiert. (Für eine besucher*innenfreundliche Ausstelle wäre die Zahl der zu hohen oder zu tiefen Texte bei 0.) Die Kontraste waren teilweise nicht ausreichend, weiße Schrift auf mittelrotem Grund lässt grüßen. Für ähnliche Objekte wurde an mindestens einer Stelle die selbe Texttafel einfach zwei Mal in die unterschiedlichen Vitrinen gelegt. Und überhaupt sind die Ausstellungstexte – in der gesamten Ausstellung – sehr kurz, beziehen sich zumeist auf die Materialität oder benennen abgebildete Motive. Hintergründe zur Geschichte, zur Verwendung oder Entstehung der Objekte erfährt man dagegen nur sehr selten. Quasi an jeder Stelle hatte ich nach dem Lesen des Objekttextes mehr Fragen als vorher. Um bei der Kleidung (und speziell einem Hanbok von dem ich kein Bild gemacht habe) zu bleiben: Wie, wann und warum entstanden zum Beispiel die überlangen Überziehärmel, die zu manchen Hanboks gehörten? Wer trug sie? Warum greift man sie für ein modernes Kleidungsstück auf?

Es folgen Räume mit sehr alter Keramik, Bronze-Arbeiten und Porzellan. An irgendeiner Stelle behauptete ein Ausstellungstext, dass die koreanischen Objekte mit den Dresdner Ausstellungsräumen korrespondieren würden – aber spätestens im Thronsaal der Residenz war ich sehr enttäuscht, dass dem prunkvollen sächsischen Thron kein koreanisches Gegenstück gegenübergestellt wurde.

Blick zwischen Vitrinen auf den Thron in der Dresdner Residenz

Besonders gefallen hat mir, dass die Herstellung von mehrfarbigem Porzellan durch Einritzen von Mustern, bedecken mit andersfarbigem Ton und Abkratzen der überflüssigen Schichten, erklärt wurde. Produktionsschritte von Gegenständen finde ich immer spannend. Allerdings war die zweite Hands-On-Station zum Prozess dann doch eher verwirrend, denn die gezeigten Reliefs stellten etwas völlig anderes dar, als auf der vorherigen Tafel mit Text und Bild beschrieben wurde. Eine Filmstation zum Thema Porzellanherstellung war so beliebig und schlecht geschnitten, dass ich es nicht ausgehalten habe länger davor zu stehen. Auch sonst fehlte mir hier wirklich Liebe zum Detail in der Präsentation. Wozu tolle Vasen so beleuchten, dass man sie auch sehen kann?

Apropos lieblose Ausstellungsgestaltung: irgendwie hätte ich mir 3D-Fotos statt der bloßen hochauflösenden Fotos auf den Medienstationen gewünscht, um die drei dimensionalen Objekte dann halt doch so richtig von allen Seiten sehen zu können.

Bevor wir zur meinem Lieblings-Hass-Moment in der misserfolgreichen Gestaltung eines Ausstellungsrundgangs kommen, möchte ich euch noch eine Objektgruppe zeigen, zu der ich mir erstens einen Gruppentext und zweitens ca. drei mal so viele Informationen gewünscht hätte.

Im vorletzten (sagte ich vorletzten?) Ausstellungsraum wurden unter anderem drei Uniformen präsentiert, die auf den ersten Blick fast identisch waren. Mit genauerem Hinsehen wurde dann deutlich, dass es viele kleine Unterschiede gibt. Wer Texte auf Fußhöhe lesen wollte, konnte erfahren, dass in zwei der Uniformen Metallplatten verbaut wurden, die andere also eine reine Uniform für den Hof war. Aber auch hier: So viele offene Fragen: Warum? Was ist mit den ganzen anderen unterschiedlichen Details? Wer? In welchem Kontext? Gibt es Geschichte(n) die hier erzählt werden könnten?

Den Abschluss des Rundgangs bildete ein Raum, in dem ein Objekt aus der völkerkundlichen Sammlung in Dresden. Der mehrteilige Raumschirm wurde in Kooperation mit koreanischen Restauratori*innen mühevoll restauriert. Und gibt der Ausstellung auch den Titel. (Hätte man mit dem Titel VIEL MEHR machen können? Zum Beispiel auch bei anderen Objekten erklären, was sie mit Ideen von Glück zu tun haben? 100 Objekte auswählen statt 180 – oder halt 100 Objekt-Cluster? Das Thema Glück thematisieren, das in Asien ja vielleicht eine ganz andere Bedeutung hat als in Europa? Ich schweife ab)

Ein korenischer bemalter Wandschirm aus mehreren Teilen.

Mit diesem Objekt war für uns die Ausstellung zu Ende. Wir hatten Hunger und sind koreanisch Essen gegangen. Gab es ein Hinweis-Schild, dass die Ausstellung an anderer Stelle im Museum einen zweiten Teil hat? Nein. Hat das Museumspersonal mit dem wir an diversen Punkten über die Ausstellung gesprochen haben, darauf hingewiesen, dass es mehrere Ausstellungsteile gibt? Auch nein. Musste ich also nach dem Mittagessen zufällig heraufinden, dass im Neuen Grünen Gewölbe der Goldschmuck aus den Königsgräbern ausgestellt wurde? Ja. Bin ich immer noch ein bisschen pissig? Auch ja.

Eintritt: regulär 16€, mit Mitgliedsausweis des Deutschen Museumsbunds kostenlos

Öffnungszeiten: täglich 10—17 Uhr, Dienstag geschlossen, Freitag 10—19 Uhr

Laufzeit: 15.03.2025—10.08.2025

Museumsseite: https://gruenes-gewoelbe.skd.museum/ausstellungen/100-ideen-von-glueck-kunstschaetze-aus-korea/

Der Geruch von Büchern – Hisako Inoues Bibliothek der Gerüche

Vermutlich hat jeder, der sich einmal im Antiquariat nach Büchern umgesehen hat, ein Buch nach dem ersten Griff wieder weggelegt, weil es so intensiv roch. Ein leichter Moderduft von zu feuchter Lagerung oder der starke Geruch nach Zigarrettenrauch sind wahrscheinlich die stärksten Büchergerüche.

Vermutlich war das eine Inspiration für Hisako Inoue, Bücher einmal anders zu präsentieren – nämlich mit einem Hauptaugenmerk auf ihren olfaktorischen und haptischen Eindruck. Hisako Inoue hat an der Joshibi Universität für Kunst und Design in Kanagawa studiert, an der sie seit  2004 auch als Dozentin tätig ist. Dabei hält sie auch Geruchsworkshops, um Geruchskunst praktisch erfahrbar zu machen. Seit 2013 arbeitet sie mit der Wissenschaftlering Dr. Mika Shirasu zuammen, die Gerüche an der Universität Tokio analysiert. Hisako Inoue war von August bis Oktober 2016 Stipendiatin der Villa Waldberta und präsentierte von Oktober 2017 bis Januar 2018 in der Ausstellung “Ricochet # 11: Hisako Inoue – Die Bibliothek der Gerüche” der Villa Stuck eine Auswahl antiquarischer Bücher. Zudem gestaltete sie zwei weitere Räume, die sich im weitesten Sinne mit Büchern befassen.

Dabei war das Auswahlkriterium der Geruch und das Anfass-Gefühl der Bücher. Die Besucher sollten zunächst ein Buch unter der Glasglocke hervor nehmen, hinein schnuppern und mit geschlossenen Augen das Buch berühren. Anschließend sollten sie überlegen, woran einen der Geruch selbst erinnert. Spannend war, dass  Hisako Inoue zehn Bücher von Dr. Mika Shirasu, ei chemisch auf die Hauptkomponten des Geruchs untersuchen ließ. Diese Analyse war dann dem Buch als Netzdiagramm dargestellt, sodass man als Besucher schnell einen Überblick hatte, welche Geruchskomponenten hauptsächlich den Geruch des Buches bestimmten. Diese Hauptgeruchskomponten konnte man an einem weiteren “Riechtisch” jeweils extrahiert in einer Glasflasche noch einmal schnuppern.

 Trotz der Aufforderung die Bücher anzufassen und zu riechen, standen die meisten Besucher erst einmal unschlüssig vor den Tischen mit den Glasglocken. Großartig fand ich, dass die Raumaufsicht die Besucher ermunterte, die Bücher in die Hand zu nehmen, daran zu riechen und sie zu be-greifen. Die Bücher lagen auf zwei großen Tischen auf, im ehemaligen sehr hellen Speisesaal der Villa Stuck. Die größten Exemplare unter ihnen waren nicht durch eine Glasglocke geschützt. Es gab Bücher, bei denen man die leichte Vertiefung der in das Papier gepresste Lettern spüren konnte. Glatte und geprägte Einbände, ganz raues oder weiches Papier. Süßlicher Zigarrenrauch oder scharfer, grasiger Geruch. Ich persönlich fand ein Buch mit einem süßlichen, sommerversprechenden Geruch besonders gut.

Die einzelnen Titel, welche das danebenliegende Buch unter Glasglocke beschrieben, fand ich persönlich manchmal irreführend, manchmal jedoch sehr treffend. Besonders gefallen hat mir zum Beispiel die Beschriftung zu einem Buch, dass von Hisako Inoue als “Schweiß eines Redakteurs” betitelt war.

Auch im zweiten Raum der Ausstellung lenkte Hisako Inoue den Fokus der Besucher auf einen Aspekt von Büchern, den man meist nicht bewusst wahrnimmt: die Geräusche, die mit Büchern verbunden sein können. Schritte durch eine Bibliothek, das Rascheln der Seiten beim Umblättern. Das ganze war leider in einem kleinem Raum mittels mehrerer Lautsprecher umgesetzt. Man konnte sich leider nicht hinsetzen, was dazu geführt hat, dass viele Besucher nur kurz in den Raum eintraten und nur einen kleinen Ausschnitt der Geräusche wahrnahmen. Im Vergleich zum ersten Raum mit den Büchergerüchen ließ mich das eher unbeeindruckt – auch weil die Geräusche aus den Lautsprechern sehr leise waren und die Gehgeräusche bzw. Gespräche der Besucher ein Hinhören und Wahrnehmen schwierig machten.

Im letzten Raum der Ausstellung befand sich schließlich ein Kubus, dessen Wände mit zerknüllten Papier beklebt waren. Zusätzlich lagen auf dem Boden des Kubus weitere zerknüllte Papiere. Die Besucher sollten in den Kubus hineingehen und beim Verlassen ein weiteres Blatt Papier zerknüllen und hinzufügen, dass am Eingang des Kubus bereit lag. Ich fand diese eigenartig kuschlige Atmosphäre innerhalb des Kubus, innerhalb der “Grundmaterialen” von Büchern sehr beruhigend. Nicht alle Besucher konnten mit diesem Klotz voll von Papier etwas anfangen und interagierten nicht mit der Installation. Das war jedoch meiner Meinung nach genau der Reiz daran – Bücher bzw. Büchermaterialien auch räumlich wahrzunehmen – weg von der reinen Informations- bzw. Unterhaltungsqualität eines Buches hin zu den Materialen, der Beschaffenheit und des Geruchs, der die Wahrnehmung eines Buches letztendlich doch stark beeinflusst.

Mein persönliches Fazit zur Ausstellung ist, dass es ganz wundervoll ist, dass endlich jemand mal die olfaktorischen und haptische Dimension von Büchern in den Mittelpunkt rückt. Allerdings musste man schon sehr offen sein und Zeit mitbringen, um von der Ausstellung etwas mit zu nehmen. Denn ansonsten war man  wohl eher schnell bei der Feststellung, was denn besonderes an zweizwanzig antiquarischen Büchern sein sollte oder auch an zerknüllten Papier in einem Kubus. Ohne sich bewusst darauf einzulassen, nacheinander an den Büchern zu schnuppern und zu versuchen die feinen Geruchsunterschiede wahrzunehmen, war der Saal mit den Büchern nichts weiter als ein Saal mit 22 antiquarischen Büchern, die alle mehr oder weniger “gebraucht” rochen. Nur wer sich traute die Bücher ganz wahrzunehmen und mit eigenen Geruchserinnerungen zu verbinden suchte, konnte an der Ausstellung auch etwas über die reine Objektpräsentierung hinaus mitnehmen. Letztendlich hat dieser “emotionale” Aspekt auch eine Art “Individualisierung” des Ausstellungserlebnisses zur Folge. Denn letztendlich nimmt jeder die Büchergerüche anders wahr als der Besucher vor ihm und verbindet mit diesem bestimmten Geruch andere Erinnerungen: der Nachmittagskaffee bei der Oma mit dem starken Parfüm, der Onkel, der gerne Klassiker las und dabei Zigarre rauchte, Bücher, die nach langen Lesenachmittagen im Gras riechen oder an das Kinderzimmer in den 70er Jahren erinnern usw. Auch der Papierkubus lässt sich nur durch das eigene Hineingehen, umschauen und Raum wahrnehmen als “Kunst” erfahren, welches auf Bücher verweist. Bleibt man jedoch in der passiv-rezeptiven Haltung, so bleibt es ein Kubus, der mit geknüllten Papier gefüllt ist und zwei Drittel ds alten Ateliers von Franz von Stuck einnimmt. Ein Objekt, dass nicht in die Umgebung passt und noch weniger zu den ersten Assoziationen, die man zu Büchern hat. Diese Ausstellung war gewissermaßen nur durch die eigene Mitarbeit vollständig zu erleben – ganz anders, als dies bei den meisten anderen Ausstellungen ist, die eher passiv rezipiert werden.

Ich fand in dieser Ausstellung spannend, dass man die ausgestellten Bücher nicht über den Inhalt wahrnahm, sondern tatsächlich den anderen Sinneseindrücken Raum gegeben wurde. Für mich spielt der Geruch von Büchern beim Leseerlebnis eine große Rolle. Daher bestelle ich auch ungern bei Online-Antiquariaten, weil selten eine Angabe zum Geruch gemacht wird. Ein Buch, das jedoch für mich abstoßend riecht, kann ich nicht lesen, weil meine Sinne sich zu sehr mit dem Geruch beschäftigen und ich mich nicht auf den Inhalt des Buches konzentrieren kann.

 

 

 

Schweizer Entdeckungen IV – der Symbolist Ferdinand Hodler

Wenn ich von Ferdinand Hodler bestimmt auch vor meiner Reise in die Schweiz schon vereinzelt Bilder gesehen habe, so hat mir doch die breitere Sammlung des Kunsthaus Zürich einen umfassenderen Blick auf sein Werk ermöglicht.

Ferdinand Hodler (1853-1918) ist ein Schweizer Künstler, dessen Stil vor allem dem Symbolismus bzw. dem Jugendstil zugeordnet wird. Von früher Kindheit an ist die Malerei für Hodler bereits ein Brotberuf, wobei er sich zunächst vor allem an den Alten Meistern orientiert. Erst ab den 1880ern löst er sich von seinen Vorbildern und beginnt mehr in seinem eigenen Stil zu malen.

Er malt unter anderem Ansichten der Bergmassive vom Genfer See aus oder stark symbolisch konstruierte Bilder, wie zum Beispiel „Der Tag“, bei dem fünf nackte Frauen vom Aufwachen bis zum Schlafen gehen die unterschiedlichen Tageszeiten symbolisieren. Ein weiteres Beispiel hierfür ist das Gemälde „Die Wahrheit“, in dessen Mitte sich eine nackte, blasse, magere Frau mit erhobenen Händen und stechendem Blick befindet. Zur Rechten und Linken wenden sich mehrere Figuren ab von ihr, mit schwarzer fetzenartiger Kleidung bedeckt. Als Betrachter wird man vor allem von dem stechenden Blick der Frauenfigur in der Mitte gebannt.

Was mich persönlich an seinen Werken fasziniert, ist der Einsatz von Farbe in seinen Landschaften und die Motivwahl. Denn seine lichten Farben, die er bei seinen Landschaften nutzt, vermitteln eine Art beruhigenden Seelenlandschaftseindruck, wenngleich sie auch reale Orte darstellen. Er arbeitet häufig mit gelb-blau-lila Kontrasten, um Lichtstimmungen darzustellen. Über Symbolismus kann man sich zwar streiten und manch einem mag die Darstellung von Themen wie „Der Tag“ zu plakativ sein. Dennoch ist bewundernswert, wie es Hodler schafft in seinem Werk dies klar umzusetzen und den Betrachter in seinen Bann zu ziehen.

Mehr von Ferdinand Hodler kann man im Kunsthaus Zürich und im Kunstmuseum Bern sehen.

Schweizer Entdeckungen III – Giacometti Werkschau

Ähnlich wie mit August Strindbergs malerischen Werk ging es mir mit Schweizer Alberto Giacometti (1901-1966). Aus früheren Ausstellungsbesuchen verband ich mit Alberto Giacometti vor allem lange, drahtig gebaute Skulpturen mit sehr unregelmäßiger Oberfläche. Die Werkschau „Giacometti – Material und Vision“ im Kunsthaus Zürich ließ mich jedoch auch hier ein wesentlich differenzierteres Werk kennenlernen.

Die Grundlage für die Ausstellung bildeten mehrjährige Forschungsarbeiten am Kunsthaus Zürich an 75 Originalgipsen Giacomettis. Die Ausstellung war chronologisch gestaltet, wenn auch die Art der Aufstellung der Werke viele Doppelwege beinhaltete, um dem chronologischen Aufbau zu folgen. Einstieg in die Ausstellung bildete sein Frühwerk als Jugendlicher, in den Kontext gesetzt zu Werken von seinem Vater. Zudem hätte man eine Dokumentation zum Forschungsprozess am Kunsthaus Zürich ansehen können. Leider gab es nur 4 Sitzplätze, um die ca. einstündige Dokumentation zu sehen, was eindeutig zu wenig war im Verhältnis zum Besucherinteresse.

In seinem Frühwerk übt er vor allem Köpfe zu formen und möglichst naturgetreue Porträts. Erst nachdem er in Paris mit kubistischen Plastiken in Kontakt kommt, sowie mit dem Surrealismus, ändern sich seine eigenen Werke. Er experimentiert mit sehr auf klare Formen reduzierten Figuren bzw. Skulpturen, wie man an der „Löffelfrau“ oder diesem Kopf sehen kann.

Während des Zweiten Weltkriegs wohnte er hauptsächlich in der Schweiz. Zu Beginn des Krieges begann er Miniaturskulpturen zu formen, die kaum größer als Streichholzschachteln waren, sodass er sie leicht verstecken konnte. Als er nach dem Krieg nach Paris zurückkehrt, entwickelt er erst jene ikonografischen langgestreckten Skulpturen. Dabei werden die Glieder immer langgestreckter, der ganze Korpus schmaler und die Oberfläche der Skulpturen bleibt rau und rissig. Bekannte Werke, die auch mein Bild von Giacometti geprägt haben, sind „Les Femmes de Venise“ (die Frauen von Venedig) et „L’homme qui marche“ (der Schreitende).

Für mich persönlich war vor allem seine surrealistische Phase eine Entdeckung. Mehr von Giacomettis Werk gibt es  in der Fondation Giacometti in Paris, im Kunsthaus Zürich, sowie in der Fondation Beyeler in Riehen/Basel zu sehen.

Schweizer Entdeckungen II – das malerische Werk Strindbergs

Dass jeder Mensch meist mehrere Talente besitzt ist allgemein bekannt und akzeptiert. Dennoch prägen Schule und Medien durch ihren Diskurs bestimmte Bilder von bekannten Persönlichkeiten. Umso spannender ist es, wenn man scheinbar „bekannte“ Persönlichkeiten neu entdecken kann.

Die leider schon beendete Ausstellung „August Strindberg. De la mer au cosmos“ (Vom Meer bis zum Kosmos) im Lausanner Museum für Schöne Künste ließ mich den schwedischen Dramatiker August Strindberg (1849-1912) neu entdecken. Aus Schulzeiten war er mir bekannt als Autor naturalistischer Dramen wie „Der Vater“ und „Fräulein Julie“. Dass er jedoch neben seinem umfangreichen Prosawerk auch als Fotograf und Maler tätig war, war mir bisher nicht bewusst.

Strindberg nimmt zunächst Kunstunterricht an der Uppsala-Universität und malt in den frühen Jahren vor allem Landschaften. In den 1880 Jahren hingegen kann er nichts mit der bildenden Kunst anfangen, da er sie selbst als überflüssigen Luxus wahrnimmt. Erst als er 1892 auf der Insel Dalarö wohnt, beginnt er wieder das Meer und die Natur zu malen. Dabei changiert der Ausdruck der Gemälde von dunklen Sturmbildern hin zu sonnigen Darstellungen ruhiger Natur. Ein wiederkehrendes Sujet dieser Zeit ist eine einzelne Blume an einem einsamen Strand. 1892 stellt er auch zum ersten Mal in Schweden aus.

Neben der Malerei experimentiert er auch mit der Fotografie. Neben Porträts, in denen er sich selbst bewusst in verschiedenen Rollen inszeniert, versucht er darüber hinaus den Himmel auf Bilder zu fixieren. Da er auch an der Astronomie interessiert war, versucht er in den 1890ern Mond und Sterne mittels einer Kamera ohne Linse zu fotografieren. Im gleichen wissenschaftlichen Interesse beschäftigt er sich ab 1907 intensiv mit der Beobachtung von Wolken und versucht eine Regelmäßigkeit in der Form der Wolken abzuleiten am selben Standort, indem er die Wolken fotografiert.

Hauptmotive seines Bildwerks sind damit vor allem das Meer und Wolken in seinen verschiedenen Formen. Teils bereits sehr abstrakt bzw. fließend dargestellt in seinen Bildern, teils neuartig katalogisiert und auf Abzüge gebannt in seinem fotografischen Werk. Für mich war es eine wunderbare Entdeckung.

Einen kleinen Eindruck zu Strindbergs Werk gewinnt man hier.

Schweizer Entdeckungen – Paul Klee und die Surrealisten

Reisen bildet – diesem Leitmotiv bin ich gefolgt, als ich die Ausstellung „Paul Klee und die Surrealisten“ im Berner Paul – Klee-Zentrum besucht habe, da ich bisher mit ihm wenig verbunden habe.

Paul Klee, 1879 in der Nähe von Bern geboren, gilt heute als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Trotz der Spuren der verschiedenen Strömungen in seinem Werk, steht er relativ solitär in seinem Schaffen und Motivwelt. Die Ausstellung „Paul Klee und die Surrealisten“ beleuchtet dabei, wie die Surrealisten sich von Klees Werk und Kunstverständnis beeinflussen ließen.

Aufbau der Ausstellung

Die Ausstellung befindet sich in einem großen Saal, welcher durch Trennwände in viele kleine Kompartiments unterteilt ist, die unterschiedlichen Motiv- bzw. Themenkomplexen gewindet sind. Schade fand ich dabei, dass es keinen eindeutigen Hinweis gab, wo die Ausstellung anfing, sodass ich letztendlich die Ausstellung von hinten nach vorne besichtigt habe.

Denn startet man sogleich rechts des Eingangs, kann man in einem kurzen Videobeitrag einen ersten Einblick in die historische Verknüpfung zwischen Paul Klees Werk und der Rezeption desselben durch die Surrealisten bekommen. Zudem finden sich entlang der Wände Statements Künstler des Surrealismus in Bezug auf Klees Werk. Da ich mich für den Audioguide entschieden hatte, konnte ich jedoch trotz ‚falscher Richtung‘ in den einzelnen abgeteilten Räumen den Bezug herstellen zwischen Klees Werken und denen der übrigen ausgestellten Künstler. Beispiele dafür sind die Welt als Traum, imaginäre Pflanzenwelten, rätselhafte Porträts und Masken oder imaginäre Architekturen.
Paul Klees Werdegang und Einfluss auf das Werk der Surrealisten

Paul Klee, der seine künstlerische Ausbildung vor allem in München erhielt, war lange Zeit vor allem der Zeichnung zugeneigt und konnte lange mit der klassischen Malerei und der Farbkomposition wenig anfangen. Dies bedauerte er auch und versuchte durch viele Studien sich dem anzunähern, bis er dann am Weimarer Bauhaus als Lehrer für den Vorkurs eine Farbtheorie entwickelte, die sich auch in seinen Werken zeigt. Dennoch bleibt die Zeichnung, auch mittels Ölpause, Hauptbestandteil seines Werkes.

In der Berner Ausstellung wird leider nicht thematisiert, dass Paul Klee schon relativ früh durch das eigenhändige Anlegen eines Werkverzeichnisses und gezielte PR sich versucht hat als weltabgewandter, vergeistigter Künstler darzustellen. Der Berner Ausstellung ist bezeichnenderweise der von ihm geprägte Satz „Diesseits bin ich gar nicht fassbar. Denn ich wohne grad so gut bei den Toten, wie bei den Ungeborenen“ vorangestellt. Es wird jedoch nirgends erwähnt, dass Paul Klee dieses Bild in der Presse bewusst versucht hat zu prägen von sich selbst. Er jedoch ein fast bürgerliches Leben führte, was kaum zu dem Stereotyp passen würde.

Nichtsdestotrotz ist diese Selbstkonzeption Klees Leitmotiv für die gesamte Ausstellung. Denn so erklärt es sich, dass er bewusst versucht hat wieder kindlich zu malen, was zu den teilweise in einer Art Wachtraum gemalten Bildern der Surrealisten passt. Auch die teilweise Auflösung jeglicher Perspektiven im Bild finden sich in bei einigen Surrealisten wieder. Insgesamt ist die hergestellte Verbindung zwischen den Surrealisten und Klees Werk gut gestaltet und ermöglich durch die thematische Anordnung auch einen neuen Blick auf die Werke von Künstlern wie Salvador Dali, Pablo Picasso, Max Ernst, Joan Miró, André Masson und René Magritte.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 12. März 2017 im Paul-Klee-Zentrum in Bern.

Einen ersten Eindruck in die Ausstellung gibt dieses Video.

Театр: ein Theaterbesuch in Russland

Marinski Theater

 

In St. Petersburg gibt es rund 200 Bühnen, wobei das bekannteste Theater das Marinski-Theater ist. Hier gibt es neben Opern vor allem auch Ballettaufführungen. Viele der Opern und Theater in St. Petersburg befinden sich in ähnlich herrschaftlich ausgestatteten Räumen wie das alte Marinskitheater. Breite Treppenaufgänge, verschnörkelte Stuckverzierungen und große Leuchter, deren Kristall glitzert.

Kein Wunder, dass man bei all dieser Pracht mit Jeans fehl am Platz wäre. Es kann hoher Schnee liegen, die Temperaturen bei -20 Grad liegen – im Theater wird man immer auf gut gekleidete Menschen treffen. Die Männer meist im Anzug oder zumindest Hemd. Die Damen (gefühlt) viel häufiger als in Deutschland in Röcken oder Kleidern, mit passender Frisur, kleiner Handtasche und schönen Schuhen. Mitunter werden dann an der Garderobe auch die Straßenschuhe gegen die schönen Schuhe, die zum Kleid passen,  gewechselt. театр музыкальной комедии (1)

An der Garderobe kann man sich dann auch kleine Ferngläser gegen eine Gebühr leihen, sodass man von der Aufführung auch in den hintersten Rängen die tollen Kostüme anschauen kann.

In der Pause kann man dann ins “кафе” [kafe] gehen und sich Lachsschnittchen oder Kanapees mit rotem Kaviar kaufen. Meist gibt es schwarzen und grünen Tee, Kaffee, Wein, Wasser und manchmal auch kleine Gebäckteilchen.

Das Theaterpublikum ist vielfältig: alle Alterklassen sind anzutreffen. Im Nussknacker beispielsweise die Mütter mit ihren kleinen Töchtern, die gerade mit Ballet begonnen haben; Junge Paare und Studenten genauso häufig wie Senioren. Im alten Marinskitheater selbstverständlich auch die Touristen, die den Theaterabend als unentbehrliches Erlebnis ihrer St. Petersburgreise gebucht haben.

Die Inszenierungen der Klassiker sind jedoch nicht immer im klassischen verhaftet. Selbstverständlich gibt es die konservativen, kostümlastigen Aufführungen, die die Ästhetik der Zuschauer befriedigt. Dennoch gibt es auch moderne Neuinterpretationen, sodass beispielsweise die “Brüder Karamasov” von Dostojevski schon mal als modernes Regietheater mit absoluter Reduktion an Figuren und Konzentration auf die großen Konflikte gezeigt werden.

Insgesamt scheint es mir, dass der Besuch des Theaters oder der Oper noch viel häufiger als in Deutschland in Russland eine legitime Option für die Abendgestaltung ist. Man spricht über die letzte Inszenierung. Und vielleicht mag das auch daran liegen, dass während der Sowjetunion das Theater eine Möglichkeit gab, indirekt die Politik zu kritisieren. Daher stellte man sich für genauso gern für eine Theaterkarte in die Schlange wie für Brot.

поезд: warum man den Pass beim Zugfahren in Russland braucht

Grölende Fußballfans in Zügen sind für mich schwer vorstellbar in Russland. Denn Zug fahren gleicht hier fast dem Fliegen. Bereits wenn man sich ein Ticket kauft am Schalter muss man seinen Pass zeigen, denn die Zugfahrkarten werden namentlich ausgestellt wie Flugtickets. Natürlich kann man die Fahrkarten auch am Automaten kaufen, darf aber ungefähr 10 Minuten zum Eintippen aller Informationen einplanen. Denn es werden die kompletten Passdaten abgefragt: Name, Vorname, Geschlecht, Passnummer, Geburtsort, Geburtsdatum.

Während man in Deutschland auch noch kurz vor Abfahrt des Zuges ankommen kann, ist das in Russland risikoreich. Denn Verspätungen sind eher selten. Außerdem kann man nur an den Türen einsteigen, vor denen ein Schaffner steht, der jeweils einzeln die Tickets mit dem dem Originalpass vergleicht, was schon ein bisschen dauern kann. Und da die Züge pünktlich sind, sollte man selbst rechtzeitig da sein, um einsteigen zu können. Selbst in den Regionalzügen, die in etwa vergleichbar mit deutschen REs sind, gibt es einen zugewiesenen Platz. Im Zug werden dann ein weiteres Mal die Tickets kontrolliert und entwertet vom Schaffner. Diese RE-Züge, mit denen ich gereist bin, waren alle sehr neu und sauber. Einziger Nachteil – für 5 Waggons gibt es nur zwei Toiletten, sodass man sich schon frühzeitig überlegen muss, ob man diese aufsuchen will oder nicht.

russischer Zug

Russlands Fläche beträgt rund 17.100.000 Quadratkilometer. Da ist der Zug auch eines der günstigeren Verkehrsmittel zum Reisen. Fast alle großen Städte sind über die Schienen verbunden. Und so kann man mit dem Zug bzw. Nachtzug Russland entdecken. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Russland für Züge mit Schlafwagen noch drei Klassen: die Luxusklasse, in dem nur zwei Betten in einem Abteil sind, die Klasse “Coupé”, die dem deutschen 4-Betten-Liegeabteil entspricht und die Klasse “Platzkartny”, in der es im Wagon nur die Liegen ohne Abteile  gibt. Die Nachtzüge sind dann schon mal älteren Datums. Grundsätzlich empfiehlt sich das Reisen mit einem kleinem Koffer bzw. einen Sporttasche, die man leicht durch alle engen Gänge bringt bzw. im Abteil ohne Probleme unterbekommt, denn sonst blockiert man schnell die übrigen Mitreisenden.

Der kleine Koffer ist auch von Vorteil beim Aussteigen am Bahnhof – denn im Gegensatz zu Deutschland gibt es äußerst selten an den Bahnsteigen Aufzüge, sodass unzählige Treppen zu bewältigen sind. Dafür ist es mir in Russland schon häufiger passiert, dass mir Männer meinen Koffer die Treppen runtergetragen haben. Seit dem Anschlag in Paris im November, muss man auch bereits eine Kofferkontrolle bzw. einen Metalldetektor durchlaufen, wenn man in das Bahnhofsgebäude möchte, sodass auch hier nicht jeder “frei” hereinkommt.

Овувь: Schuhe

Russinnen tragen High Heels. Dieses Klischee hatte ich auch, bevor ich nach Russland gefahren bin. Die Realität ist natürlich vielfältiger: natürlich sieht man auf den Straßen häufiger Frauen, die hohe Schuhe tragen. Es gibt aber genauso Sneakers, flache Schuhe, Schuhe mit flachem Absatz, Schuhe mit Keilabsatz oder Schnürschuhe.

Was mir besonders auffällt, ist das trotz Regen oder matschigen Schnee die Russen in Gebäuden dann relativ saubere Schuhe haben. In den Toiletten habe ich auch oft schon die Leutet beobachtet, wie sie ihre Schuhe sauber machen. In den Theatern ist es beispielsweise Usus, dass  Frauen Wechselschuhe mitbringen und an der Garderobe ihre Straßenschuhe abgeben.
Trotzdem hält das Wetter die Frauen nicht davon ab, hohe Absätze zu tragen.

Das Prozedere beim Schuhkauf in Russland unterscheidet sich von meinen deutschen Erfahrungen. In Deutschland sind die meisten Schuhläden nach Größen sortiert. Der Kunde kann nach Lust und Laune Schuhe anfassen, herausziehen und probieren und wieder zurückstellen. In St. Petersburg habe ich es bisher nur so erlebt, dass die kleinste vorhandene Größe im Regal steht (z.B. 35) und man dann die jeweilige Größe beim Verkäufer erfragen muss. Der verschwindet dann erstmal ins Depot, um die richtige Größe zu finden. Dieses System mag natürlich dem geringeren Platz geschuldet sein, denn manchmal gibt es auch die Sortierung nach Größen für jedes Modell auch in Russland. Sehr interessant ist auch, dass häufig mit “Schuhe made in Germany” geworben wird. Gute Schuhe kommen für den Russen wohl aus Deutschland. Daher findet man in St. Petersburg nebem einem Salamander-Laden auch einen Riekerschuhladen und Geschäfte mit Tamaris oder Marco Tozzi Schuhe.

автобус: Bus fahren in Russland

Bus fahren schein so einfach zu sein:  Einsteigen, Karte kaufen, Aussteigen. Natürlich war mir bewusst, dass es vermutlich in einer Fremdsprache schwieriger sein könnte, die Durchsage der Bushaltestelle zu verstehen. Aber Russland überrascht auch in diesem Punkt den planorientierten Deutschen.

Bushaltestelle

 

Fahrplan? Streckenübersicht? Oder gar ausgewiesene Nachtlinien? Häufig Fehlanzeige! In Russland muss man anscheinend das “Bus-Gen” haben, um sich zurecht zu finden. Nebenbei hilft es natürlich Russisch zu sprechen. In Sankt Petersburg und Moskau steht meistens ja noch zumindest die Stationen und die aktuelle Haltestelle am Schild, sowie die Busnummern, die hier halten sollten. Warum das dann alles in 3 Metern Höhe sein muss, sodass man kaum die klein geschriebenen Stationsnamen lesen kann, erklärt sich mir nicht. Während in Deutschland meist der Platz von Bushäuschen dazu genutzt wird den Fahrplan aufzuhängen oder sogar grafisch die Busroute in den Kontext eines Stadtplans einzubetten, gibt es das Bushäuschen hier oft gar nicht und man muss manchmal erst nach der Haltestelle suchen, die durch ein Busschild ausgewiesen ist.

In den Großstädten kann es dann schon mal verwirren, wieso es zwei  Linien 10 gibt. Wenn man nicht genau hinschaut, dann sieht man nicht, dass ein Bus ein ganz normaler Bus ist, während die zweite Linie 10 ein sogenannter Trolleybus ist oder auch Oberleitungsbus, der mittels Strom fährt und über eine Oberleitung den Strom erhält. Neben den Bussen und Trolleybussen gibt es dann noch die “Marschrutkas”.

Für den Ausländer sind diese dann die Kür beim Busfahren. Marschrutkas folgen zwar meist einer gewissen Richtung, allerdings halten sie im Gegensatz zu Bussen nicht an allen Haltestellen, sondern nur nach Bedarf. Das heißt, mitunter kann man auch, wenn man es mit dem Fahrer abspricht zwischen zwei offiziellen Haltestellen am Weg aussteigen. Stationen werden gar nicht angesagt und wer nicht weiß, wo er aussteigen muss und kein Russisch spricht hat ein Problem. Ansonsten kann man den Fahrer fragen, dass er einen darauf aufmerksam macht, wann man aussteigen muss. Die Marschrutkas sehen auch nicht wie klassische Busse des öffentlichen Nahverkehrs aus, sondern sind meist umgebaute Kleinbusse, die nur bis ca. 15 Menschen transportieren.
Je nach Stadt und Bustyp bezahlt man anders: in St. Petersburg beispielsweise gibt es den “кондуктор” (kondúktor), bei dem man für 30 Rubel eine Fahrkarte erwerben kann oder seine Monatskarte “entwertet”. In Moskau hingegen zahlt man beim Fahrer und geht dann durch ein Drehkreuz. Da die Marschrutkas schneller und kleiner sind, kosten sie mehr als der Bus für die gleiche Strecke. Zudem spielt die Streckenlänge eine Rolle: je weiter, desto teurer. Den Fahrtpreis zahlt man direkt beim Einsteigen beim Fahrer.

Wie kann man sich aber nun trotzdem zurechtfinden, auch wenn man nur rudimentär Russisch spricht? Die meisten Busse haben im Fenster eine Tafel mit den wichtigsten Haltestellen, oft sind auch die Metrostationen angegeben. So kann man zumindest mal grob abschätzen, in welche Richtung ein Bus fährt. Wenn es den “Konduktor” gibt, kann man diesen auch fragen. Ansonsten ist es sinnvoll, sich einen Stadtplan zu kaufen, in dem die Busse, Trolleybusse und Marschrutka – Routen eingezeichnet sind. Dann muss man sich nur noch auf die richtige Straßenseite stellen und die russischen Durchsagen verstehen, um an der richtigen Haltestelle auszusteigen. Oder jemanden fragen. Denn ohne Russischkenntnisse bleibt Busfahren in Russland ein Abenteuer.