Category Archives: Alltag

Ballerinas

(Achtung: subjektive Wahrnehmung, keineswegs statistisch verifizierbar)

Schaue ich mich auf der Straße um, fällt eines auf: Frauen in Frankreich tragen Ballerinas. Nicht nur Frauen, auch Mädchen. Immer und überall. Solange es über 0° Grad hat, spricht nichts gegen Ballerinas. Es gibt sie für Mädchen, die 8 Jahre alt sie in wunderbaren bunten Knallfarben, für Geschäftsfrauen in allen Qualitäten und kleinen Verzierungen, die sie ein bisschen mehr chic machen. Man kann sogar Schmuck für Ballerinas kaufen – man nehme unverzierte Durchschnittsballerinas und stecke vorne beispielsweise eine Blume oder ein Glitzersteinmotiv auf, das als Ballerinaschmuck deklariert ist.

Es scheint das die Form des Halbschuhs, über dem Fußrist geschlossen, stabile Sohle, wahlweise mit Schnürsenkeln oder mit Klettverschluss nur für Männer existiert oder als Sportschuh. Aber wer braucht das schon als Frau: man hat ja die Auswahl zwischen x-verschiedenen Modellen an Ballerinas falls an eine Alternative zu Schuhen mit Absatz sucht.

Haare wie Schleier

In Frankreich sind ca. 3-4 % der Franzosen muslimischen Glaubens. Das äußert sich dann auch im Straßenbild vor allem in urbanen Gegenden, weil man relativ häufig verschleierte Frauen sehen kann. Wo eine Nachfrage ist, gibt es auch das dementsprechende Angebot: auf dem Wochenmarkt kann man problemlos verschiedene Schals und Kleidung kaufen, die in Muster und Farben aus dem Orient zu kommen scheinen.

Begibt man sich auf die Suche, wie man es hinbekommt, dass der Schleier so perfekt sitzt und Hals und Haupthaar bedeckt, stößt man im Internet auf etliche Tutorials für den Hijab, das den Schleier unter anderem beschreibt. Es gibt in etwas so viele Varianten Hijabs zu legen und festzustecken mit Sicherheitsnadeln und speziellen Hijab-Nadeln, wie man Frisuren auf Frauenköpfen kreieren kann. Neben der Legetechnik der Tücher, sind hierbei vor allem Farbkombinationen, Muster und Details wie ein Spitzenzwischenschleier Elemente um verschiedene Hijabs zu kreieren. Daneben gibt es noch volumengebende Element wie „Hijabflowers“ oder wie eine Art Haarteil, um dem Hijab vor allem hinten zu verlängern. So erklärt sich auch die längliche Kopfform, die man manchmal sieht. Alles nur eine Frage der richtigen Materialien.

Interessant dabei ist, dass die meisten Frauen, die zeigen, wie man einen Hijab macht, meist bereits einen Unterschleier tragen und auch der Hals bedeckt ist, sodass man weder Haar noch Hals sehen kann. Man sieht sie auch nie von hinten, es sei denn der Schleier ist bereits fertiggestellt, oder die zusätzlichen Accessoires bedecken ausreichend die Haare. Hier ein Beispiel, wie man trotzdem zeigen kann, wie man die Frisur unter dem Schleier macht:

Ausnahme sind vor allem eher professionelle Videos, so wie dieses in dem man sowohl eine „Hijabflower“ sieht, als auch eine Technik, den Hijab zu legen.

Der Aufbau eines Hijabs besteht meist aus einem Unterschleier und einem Oberschleier. Der Unterschleier ist dazu gedacht den Haaransatz zu bedecken und dient häufig auch noch dazu die Haare zu fixieren. So gibt es beispielsweise eine Art Jersey-Schlauchkopftuch, dass weich auf dem Kopf aufliegt und gleichzeitig die Haare bedeckt und zurückhält. Daneben findet man noch „Bonnet“ die meist bereits zwei Zipfel zum Festbinden am Hinterkopf besitzen und somit nur den Oberkopf bedecken. Auf solch einer Basis lassen sich dann die verschiedensten Schals anbringen, immer mit dem Ziel den ganzen Hals und alle Haare zu bedecken.

Hier ein paar Varianten: mit Ninja-Unterschleier

eine der einfacheren Varianten:

Mit vielen Falten:

Gelesen: #aufschrei

Angefangen hat alles mit dem Bericht über Rainer Brüderles sexistisches Verhalten. Dann begannen @vonhorst und @marthadear auf Twitter unter dem Hashtag #aufschrei über Erlebnisse mit sexueller Gewalt und Sexismus zu twittern. Damit lösten sie auf Twitter eine Welle aus, die den gesamten Freitag über quasi alle anderen Themen aus meiner Timeline verdrängte. Denn es zeigte sich sehr schnell: Eigentlich jede* konnte in irgendeiner Form zumindest von sexistischen Erlebnissen aus ihrem Alltag berichten. Es gab keine Verhaltensweise, die nicht in irgendeinem Fall doch Sexismus hervorgerufen hätte.

Meine Linksammlung zeigt nur die Reaktionen in meinem Teil des Internets. Dort aber, gibt es ein großes Bedürfnis nach einer Debatte über Sexismus, die hoffentlich gesellschaftliche Veränderungen nach sich zieht. Denn während uns Frauen immer wieder klar gemacht wird, dass wir eigentlich alles erreichen können, wenn wir nur wollen. Bekommen wir gleichzeitig immer wieder diese andere Botschaft: Wenn ihr euch nicht selbst in Gefahr bringen wollt, dann müsst ihr euch so und so verhalten. Damit wird völlig verdrängt, dass an sexistischem Verhalten nur diejenigen etwas ändern können, die sich sexistisch verhalten – und dass es kein richtiges Verhalten gibt, um sexueller Gewalt zu entgehen. Ich denke, dass wir an einem Punkt angelangt sind, an dem zu mehr Gleichberechtigung nicht mehr fehlt, dass wir Mädchen* und Frauen* mehr Freiheit versprechen. Wir müssen Jungen* und Männern* klar machen, dass sie sich nicht sexistisch verhalten sollen und dass sie diejenigen sind, die andere Jungen* und Männer* davon abhalten müssen, sich sexistisch zu verhalten. Wir sollten Männern* klar machen, dass Frauen* keine Objekte sind. Und uns als Frauen* immer wieder vor Augen halten, dass die große Mehrheit der Männer* ganz normal und anständig ist und nicht Feinde sondern im Idealfall Verbündete darstellen. Denn die meisten Menschen in unserer Gesellschaft möchten eigentlich eine gerechtere und gleichberechtigtere Welt für alle.

Ganz viele weitere Texte zum Thema:

Aufschreien gegen Sexismus ist eine Seite, die Erlebnisse von Sexismus oder sexueller Gewalt sammelt.

#aufschrei Tumblr mit den Tweets zum Hashtag #aufschrei.

Danke #aufschrei (Journelle) Gute Zusammenfassung dessen, was auf Twitter passiert ist.

NICHT WISSEN, WAS MAN SCHREIBEN SOLL (Anne Schüssler)

Aufschreien gelt

ICH HAB KEINE WORTE MEHR, DIE MEINEN FRUST, MEINE ABSCHEU UND MEINE VERZWEIFLUNG AKKURAT WIEDER GEBEN KÖNNTEN. (Mina)

Wir brauchen eine Debatte über Sexismus. Wir müssen das Tabu endlich loswerden.

Normal ist das nicht! (Kleiner 3)

Wir haben uns so an sexuelle Übergriffe jeglicher Art im Alltag gewöhnt, dass wir manchmal vergessen, uns dagegen zu wehren.

Ohne Worte. Ein #aufschrei (Little Jamie)

Allgemeine Reflektionen:

#Aufschrei – Es geht nicht um mich (Kaltmamsell)

Ich selbst habe diese Formen der Frauenfeindlichkeit so gut wie nie erlebt. Mich lässt man auf der Straße in Ruhe, im Beruf traf ich bislang auf noch nichts Schlimmeres als gedankenlose Verwunderung, dass ich ranghöher als eine Sekretärin bin.

Doch, und das ist essenziell: Dass bedeutet weder, dass es diese Frauenfeindlichkeit gar nicht gibt, noch dass die Frauen, die damit Probleme haben, selbst daran schuld sind. Es geht nicht um mich.

 

#aufschrei (dieliebenessy)

Was am erstaunlichsten an dieser ganzen Sache ist, ist, dass offensichtlich jede Frau mindestens fünf Begebenheiten erzählen kann.

MEIN SPÄTER AUFSCHREI (Dr. Mutti)

Ich bin nicht die einzige, die seit gestern morgen ganz unvorbereitet in den Twitter-Aufschrei und damit in einen Nachdenkensprozess geraten ist. Freitag morgen lese ich die ersten 140-Zeichen-Texte mit persönlichen Erfahrungen von Frauen mit sexueller Gewalt in mehr oder minder drastischer Form. Die Masse ist verstörend. Meine erste Reaktion darauf ist irgendwo zwischen verhalten, irritiert und ein bisschen ablehnend.

#Aufgewacht (Johannes Mirus)

Ich möchte an die­ser Stelle die Sicht eines hete­ro­se­xu­el­len Man­nes dar­stel­len, der die #Auf­schreiDis­kus­sion von Anfang an mit­ver­folgt, aber die Trag­weite kom­plett unter­schätzt hat.

Der Pro­zess, den ich gerade durch­laufe, lässt sich ein wenig an die Trau­er­pha­sen nach Verena Kast anleh­nen, wobei auch das nur ein wei­te­rer hilf­lo­ser Ver­such von mir ist, das Unmög­li­che in eine Struk­tur zu pres­sen, mit der ich arbei­ten kann.

Von Lämmern und Löwinnen (serotonic)

Seitdem ich Frau bin, hadere ich mit dem Feminismus. Denn der Feminismus, der sagte mir, dass ich unterdrückt werde, dass ich ein Leben in vorauseilender Unterordnung führe, und dass ich gefälligst aufbegehren müsse gegen den bösen Mann – während ich frei, ungebeugten Rückens und erhobenen Hauptes durchs Leben schritt. Kurz: Obwohl ich mich als Frau nie benachteiligt gefühlt habe, drängte mich der Feminismus mit seinen verkopften Extrempositionen in eine Opferrolle, die ich nicht mit meinem Selbstbild vereinbaren konnte. Daher freue ich mich sehr über die aktuelle Sexismusdebatte, die nicht auf Prinzipien reitet, sondern den Alltag vieler einzelner Frauen ungefiltert greifbar macht.

Macht es! (Nathalies Regungen)

Eine halbe Nacht und einen halben Tag war ich fassungslos, ärgerlich, traurig, schockiert, überrascht, dann langsam irritiert, skeptisch bzgl. meiner Timeline, bzgl. des Hashtags #aufschrei.

Gedanken zum Umgang mit Sexismus und sexueller Gewalt:

#Aufschrei: Wogegen ich mich wehre? „Wehrt Euch“ (hanhaiwen)

Lasst es einfach, Opfern von Übergriffen noch zu sagen, sie hätten etwas falsch gemacht.

Sagt ihnen nicht, dass sie sich hätten wehren sollen (Anatol Stefanowitsch)

Keine Lösungen, aber viele Fragen (DasNuf)

Reaktionen der Medien:

Aufschrei und Scham (FAZ) Bericht über die #aufschei-Aktion auf Twitter

Sexismus-Talk bei Jauch: Die Untoten der Geschlechterdebatte (spon)

#Dirndl bei #Jauch (FAZ)

Französische Kulinarika

Derzeit entdeckt Sarah Wiener die französische Küche auf Arte. Das Konzept der 30 – minütigen Sendung ist einfach: Sarah Wiener erfährt erst kurz vorher wohin es geht und welche regionale Spezialität sie zubereiten muss. Die Zutaten erntet sie oft selbst oder stellt sie selber her, z.B. Käse. Das Essen, welches sie zubereitet, wird anschließend von einer Jury bewertet. Je nach Region sind es beispielsweise Mitglieder einer Wein-Confrérie oder die Produzenten der verwendeten Produkte. Neben dem Entdecken mancher Herstellungsmethoden, lernt man auch einige Zutaten wie bestimmte Käse oder Gemüsesorten kennen. Mehr hier.

Les soldes

„Tu as déjà fait des soldes?“ Eine der häufigsten Fragen, die ich in letzter Zeit gestellt bekommen habe. Denn auch in Frankreich ist jetzt Schlussverkauf und deswegen geht man besser nicht samstags in die Stadt zum Einkaufen. Vor den Umkleidekabinen sind lange Schlangen. Die maximal erlaubte Anzahl an Kleidungsstücken, die man zum Probieren mit in die Umkleidekabinen mitnehmen kann, wird streng kontrolliert, um halbwegs Gerechtigkeit zu schaffen. In Läden mit kleineren Verkaufsflächen ist kaum ein Durchkommen und der Versuch in Ruhe die heruntergesetzten Pullover und Westen zu durchstöbern scheitert kläglich. Auch die Geschäfte mit teureren Marken sind gut besucht – schließlich gibt es ja bis zu 70% Rabatt. Es ist eine Art „Endzeitstimmung“ in der Luft – jetzt oder nie kann man das große Schnäppchen machen.

Tatsächlich gilt in Frankreich ein einschränkendes Gesetz für den Schlussverkauf. Der Winterschlussverkauf beginnt beispielsweise am zweiten Mittwoch im Januar und der Sommerschlussverkauf am dritten Mittwoch im Juni. Schlussverkäufe dürfen maximal 5 Wochen dauern; zudem dürfen die Händler während des Schlussverkaufs ihr Lager nicht auffüllen, um neue Ware reduziert zu verkaufen. Zusätzlich stehen den Händlern noch zwei weiter Wochen im Jahr zur Verfügung, in der sie Vergünstigungen anbieten dürfen und deren Zeitpunkt sie selber festlegen können. Diese müssen jedoch mindestens einen Monat vor Beginn der offiziellen Schlussverkaufszeiten zu Ende sein.

Vermutlich führt genau diese Reglementierung dazu, dass man während des Schlussverkaufs in vielen Geschäften zum Kauf des Schnäppchens gleich eine Karte für weitere Rabatte bekommt, meist für eine Periode im Februar auf die neue Kollektion. Entweder wird ein fixer Abzugsbetrag ab einem bestimmten Einkaufswert angeboten oder Prozente. Zudem wird auch in den Schaufenstern mit „deuxième démarque“ geworben, das heißt, dass die reduzierten Teile noch einmal heruntergesetzt wurden.

Vermutlich gab es einmal ähnliches in Deutschland, bevor die Gesetzgebung zur Rabattgebung gelockert wurde. Allerdings empfand ich den Schlussverkauf, so wie er jetzt in Deutschland ist, viel entspannter.

Verwechslungen

Er ist Franzose, sie Deutsche.

Sie: „Zum Geburtstag wünsche ich mir eine Tasche von Picard.“

Er: „Picard? Eine Tasche zum Einkaufen?“

Sie: „Für den Alltag eben. Vor allem sind sie so schön zeitlos und elegant.“

Er: „Ich wusste nicht, dass Picard auch Taschen produziert. Ich kenne nur die Tiefkühlkost von Picard.“

Sie: „Wie? Tiefkühlkost von Picard?“

Er: „In Frankreich ist Picard ein Produzent von Tiefkühlkost, bei dem man Tiefgefrorenes bestellen kann oder im Geschäft kaufen kann.

Sie: „ Aah, so ähnlich wie Bofrost in Deutschland. In Deutschland ist Picard eine Handtaschenmarke, die hochwertige Handtaschen herstellt.“

Er: „Ach so.“

Auf dem Weihnachtsmarkt

Weihnachten rückt näher, die Zeit Geschenke zu finden wird knapper – was kann man dagegen tun in Südfrankreich? Ganz einfach: Auf den Weihnachtsmarkt gehen. Das ist zumindest laut einem französischen Bekannten dessen Zweck – auf dem Weihnachtsmarkt kauft man Geschenke. Während bei mir der deutsche Weihnachtsmarkt eher für Glühwein, Lebkuchen und Weihnachtsschmuck steht, ist in meiner französischen Stadt das Sortiment doch leicht anders und man könnte tatsächlich ein Weihnachtsgeschenk finden.

Auch hierzulande gibt es Glühwein, jedoch in Plastikbechern. Selbstverständlich werden regionale kulinarische Spezialitäten verkauft wie getrocknete Salamivarianten, verschiedenste Käsesorten, regionale Spezialitäten in Konserven und natürlich darunter auch die berühmte „Foie gras“. Statt

Bratwürste gibt es „Aligot“ oder „Tartiflette“. Aligot ist eine Art Käse-Kartoffelmasse mit Knoblauch, die sich beim essen durch den Käsegehalt schön mit der Gabel ziehen lässt. Tartiflette besteht aus Kartoffelscheiben, mit Speck und Käse dazu. Beides sind sehr deftige Gerichte, die aber bestens zu kälteren Temperaturen passen. Den süßen Ausgleich gibt es mit französischen Lebkuchen, der jedoch geschmacklich und von der Zusammensetzung nicht so viel mit den klassischen Nürnberger Lebkuchen zu tun hat. Es fehlen vor allem der große Nuss – und Zitronatanteil. Daneben gibt es noch Nougat und Crêpes zu kaufen.

Nur ein einziger Stand verkauft Krippenfiguren und von sonstigen Weihnachtsschmuck fehlt auch jede Spur. Das ist aber ganz normal, wenn man bedenkt, dass es den Weihnachtsmarkt hier erst seit 13 Jahren gibt. Dafür kann man hier schöne Lederwaren, Dekoartikel aus Glas oder Holz, originelle Schreibgeräte, Taschen aus Indien, Kirschkernkissen, Spielzeug aus Holz oder auch Schmuck kaufen.

Auch der in Deutschland obligatorische Weihnachtsbaum fehlt, von einer Krippe ganz abgesehen – stattdessen ist in der Mitte des Platzes ein überdimensionaler „Pere – Noel“ aus LED-Lichtern platziert, vor dem dann tatsächlich auch ab und an Chöre Weihnachtslieder singen.

Ganz anders sieht es in Nordfrankreich aus, vor allem im Elsass, da hier die Weihnachtstraditionen auch mitbegründet wurden – sei es, dass der erste Christbaum in Selestat stand oder ein Straßburger Glasbläser in Ermangelung von Äpfeln die ersten Glaskugeln für den Weihnachtsbaum geschaffen hat. Auch der Adventskranz ist hier in Südfrankreich unbekannt, sowie die Tradition des Adventskalenders. Zwar kann man für Kinder auch hier Adventskalender kaufen, aber es scheint mir weniger üblich zu sein als in Deutschland.

 

Auf einem französischen Wochenmarkt

In einer größeren französischen Stadt auf den Wochenmarkt zu gehen regt unweigerlich sämtliche Kochfantasien an. Denn in Gegensatz zu Deutschland gibt es viele Gemüsesorten und Produkte, die hierzulande als Delikatessen gelten, bei Saison vergleichsweise günstig zu kaufen.

Dabei denke ich beispielsweise an Esskastanien, Artischocken oder verschiedene Muschelarten. Es gibt seit November auf meinem Wochenmarkt Stände, die nur Meeresfrüchte und Fisch verkaufen: Jakobsmuscheln, Meeresschnecken, Garnelen, kleine Krabben, Austern verschiedener Regionen und Fisch in allen Variationen. Ebenfalls nur im Herbst präsent: Stände, die nur Pilze verkaufen, von denen ich bisher noch gar nicht wusste, dass sie existieren. Natürlich gibt es Steinpilze, Pfifferlinge und Maronenröhrlinge, aber auch violettfarbene Pilze, die ich bisher noch nie auf einem Markt gesehen habe.

Man kann auch frische Petersilie kaufen und nicht zu vergessen: frische Minze, für den Tee und manche orientalischen Gerichte unabdingbar. Streift der Blick über das Gemüse, so fallen einem einige Gemüsesorten auf, die man bisher so noch nicht gesehen hat. Was ich beispielsweise zunächst für Schwarzwurzel gehalten habe, war in Wahrheit schwarzer Rettich. Ebenso ungewöhnlich erscheinen die weißen Rüben, die eine apfelgroße runde Form mit violettem Ansatz haben. Im Sommer gibt es häufig auch kugelrunde Zucchini im Gegensatz zum länglichen Pendant.

Lässt man die Obst- und Gemüsestände hinter sich, kommt man zu den Metzgerständen. Und auch hier spielen regionale Unterschiede eine Rolle: Es gibt viel Rind, Hase und Hühnerfleisch, aber wenig Schweinefleisch im Angebot. Das findet man wiederum verarbeitet in guten luftgetrockneten salami-artigen Würsten. Für ein schnelles Mittagessen kann man auch Brathähnchen kaufen, mit viel Knoblauch und Liebe gemacht.

Für einen guten Abschluss einer Mahlzeit fehlt jetzt noch der Käse, den es selbstverständlich auch in allen Varianten zu kaufen gibt. Erstaunlich für mich ist, dass es viel mehr Ziegenkäse gibt, der traditionellerweise schon so verschimmelt aussieht, dass man meint, man könne ihn nicht mehr essen – dabei ist er genau so erst richtig gut.

Der französische Müllbeutel

Man geht meist von der Hypothese aus, je näher ein Land einem anderen ist, desto ähnlicher sind Lebensgewohnheiten und Produkte. Aber auch wenn Frankreich unser Nachbarland ist, entdecke ich immer wieder Neues, das ich so bisher noch nicht kannte. (Das muss nicht zwingend heißen, dass es etwas in Deutschland nicht gibt, aber ich habe es noch nicht kennengelernt.).

Müllbeutel braucht man immer – nur habe ich mich gleich beim ersten Abreißen des neuen Müllbeutels gefragt, warum unten ein weißer Plastikfaden weghing und oben nicht die üblichen Henkel waren.

Das Rätsel war bald mit Hilfe eines Freundes gelöst: Man reißt den Plastikfaden ab, wenn der Müllbeutel voll ist und schnürt ihn damit zu. Darauf bin ich zunächst nicht gekommen und habe natürlich nur halbwegs erfolgreich versucht zwei Enden am oberen Rand zu formen, mit denen ich den Müllsack zuknoten könnte.

Mittlerweile habe ich auch Müllbeutel mit integrierter Schnur zum Zuziehen gefunden, den durchschnittsdeutschen Henkel- Müllbeutel aber noch nicht.

Das tägliche Brot…

… ist in Frankreich bekanntlich das Baguette. Als Urlauber in Frankreich mag es ganz schön sein, ein oder zwei Wochen dem dunklen Brot Deutschlands zu entwischen und französische Leichtigkeit zu genießen. Spätestens nach einem Monat wünscht man sich aber zumindest zur Abwechslung wieder deutsches Brot.

Zwar hatte ich mich schon halbwegs darauf eingestellt, dass ich während meines Auslandsaufenthalts in Frankreich mal wieder auf zwei kulinarische Köstlichkeiten werde verzichten müssen – Brot und Wurst.

Zumindest in Europa scheint fast jedes Land davon überzeugt zu sein, dass seine Variante von Brot und Wurst die Beste ist, was vermutlich auch an einer gewissen Gewöhnung daran liegt. Während Deutschland bekannt ist für seine Brotvielfalt, die auch ausländische Brotsorten wie das Baguette umfasst, hat man in Frankreich eine vergleichsweise „magere“ Auswahl. Zumindest für mich persönlich gibt es im Groben nur Weißbrot, wovon die längliche Form Baguette genannt wird und die Laibform „pain de campagne“ („Landbrot“). Es gibt mehrere Baguettevarianten, etwas krustiger, mit ein paar Körnern; aber stets ohne Sauerteig.

Zwar habe ich mittlerweile auch eine Art Sauerteigbrot entdeckt, allerdings nur auf dem Biomarkt und dementsprechend teuer. Ich vermisse deutsches Brot nicht nur aufgrund des Geschmacks, sondern auch aufgrund seiner Haltbarkeit; ein französisches Baguette ist nach einem Tag fast ungenießbar – viel zu trocken.

tartelette de citron et cannelé

Die Entschädigung für die kleine Brotauswahl sind die unzähligen Gebäckvarianten: Tartelettes, Mini -Tartes je nach Saison mit Nuss-, Schoko-, Zitronen-, Himbeer- oder Erdbeerfüllung, Mini-Charlottes, Eclairs oder Macarons. Kuchen hingegen, wie es manche deutsche Bäckereien haben, gibt es seltener. Manche Bäckereien haben auch arabische Süßigkeiten, die ich gar nicht benennen kann – meistens aber sehr süß, mal mit viel Rosenwasser, mal mit Marzipan, aber immer sehr lecker. Es bleibt also noch viel zu probieren für mich.