Author Archives: Lisseuse

Was machen eigentlich Literaturwissenschaftler?

Wer Literatur nicht einfach nur genießen und lesen möchte, sondern sie sich auch gerne über die Oberfläche hinaus erschließen, dem stehen verschiedene Wege dazu offen. Neben der klassischen literaturwissenschaftlichen Analyse nach Form und Inhalt gibt es auch die Möglichkeit zu überlegen, ob im Text bestimmte Themen besonders wichtig sind. Die Theorie ist, dass es in allen Gesellschaften “Kulturthemen” gibt, die sich auch in ihren jeweiligen Ltiteraturen wiederspiegeln. Solche Themen sind zu Beispiel: Geburt und Tod, Gewalt, aber auch alltäglicher erscheinende Dinge, wie Arbeit und Familienleben. Sehr viele solcher Themen sind vorstellbar. Findet man eines dieser Themen nun immer und immer wieder in der Literatur, so kann man davon ausgehen, dass es besonders präsent und wichtig für eine Gesellschaft ist. Die unterschiedliche Verarbeitung in der Literatur lässt dann auch Rückschlüsse auf die Situation der Gesellschaft an sich zu.

Ein Beispiel: Das Kulturthema “Arbeit”

Kathrin Röggla: Wir schlafen nicht

Im Buch kommen sieben verschiedene Personen zu Wort, die alle für eine bestimmte Firma auf einer Messe sind. Scheinbar in Interviews erzählen sie von bestimmten Aspekten des Stresses bei ihrer Arbeit. Businessslang bestimmt die hektischen, sich ständig wiederholenden Äußerungen. Durch konsequente Kleinschreibung und die phrasenhaften Wiederholungen macht das Buch die gestresste Atmosphäre, in der die Protagonisten leben deutlich.

Die völlig verrückte und unnatürliche Situation erinnert übrigens stark an Martin Suters Business Class.

Annette Pehnt: Mobbing

Der Mann der Erzählerin ist bei der Stadt angestellt. Eine typische Kleinfamilie der deutschen Mittelschicht. Doch mit der neuen Chefin ändert sich alles: Der Mann hat das Gefühl in der Arbeit gemobbt zu werden. Da jedoch seine Frau die Erzählerin ist, wissen wir schnell nicht mehr, was Wahrheit und was nur Angst ist. Die doppelte Vermittlung der Ereignisse lässt jede “Wahrheit” undurchschaubar werden. Die beiden Erwachsenen befinden sich in einer Spirale aus Angst vor Arbeitsverlust und Harz4 und gegenseitigem Misstrauen. Alle Lösungsversuche scheitern, so dass sogar die Kommunikation miteinander immer unmöglicher wird. Auch hier ist der große Vorteil des Buches, dass die Sprachlosigkeit, Angst und der zunehmende Verlust des Partners nachvollziehbar wird. Am Ende angekommen, ist man sehr froh wieder in einer weniger bedrückenden Realität angekommen zu sein.

Karen Duve: Taxi

Taxi ist der längste und konventionellste der hier vorgestellten Texte. Die Ich-Erzählerin Alex weiß nach dem Abitur nichts mit sich anzufangen und beschließt auf eine Annonce hin Taxifahrerin zu werden. Zunächst ist der neue Job ein großes Abendteuer: sie fährt nachts und erlebt eine unendliche Zahl  verrückter Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen. Doch schließlich wird Alex von der quälenden Unentschlossenheit, die sie schon zum Taxi fahren gebracht hat, eingeholt. Die Kollegen zitieren frauenfeindliche Philosophen und drängen sie so in die Position der unterlegenen Kollegin. Alex wird von einer schrecklichen Müdigkeit ergriffen, die sie am aufstehen und Arbeiten hindert. Letztendlich wird das Taxifahren für Alex genauso zum Gefängnis, wie sie es von einem Schreibtischjob befürchtet hat.

Das Thema Arbeit in den Texten

Die drei Texte setzen sich auf völlig unterschiedliche Art und Weise mit dem Thema Arbeit auseinander: Die Hektik einer Messe, die Angst vor dem Verlust der Arbeit, der scheiternde Versuch aus dem vorgeschriebenen Lebenslauf auszubrechen. Doch genau damit spiegeln die Texte eine wichtige Thematik in der deutsche Gesellschaft wider: Wir erleben eine zunehmende Entgrenzung von Arbeit und Beruf. Immer mehr Menschen arbeiten von Zuhause und auch noch nach “Feierabend”. Die Harz4-Gesetzgebung hat die Angst vor dem Abrutschen in die Arbeitslosigkeit verstärkt und das Problem von Arbeitslosigkeit nicht gelöst. Auch die Frage nach “Erfüllung” durch den Beruf steht immer noch im Raum. Immer mehr Menschen arbeiten in kreativen Berufen, die von traditionellen Erwerbsbiographien (lebenslanges Arbeiten für einen Betrieb) weit entfernt sind. Gleichzeitig erleben sie, dass die versprochene Selbstverwirklichung auch durch diese Berufe nicht immer möglich ist.

Die Besonderheit der Verarbeitung solcher Themen in der Literatur ist, dass das Geschilderte nachfühlbar wird. Anders als Zeitungsberichte – in denen die Themen naturgegeben auch auftauchen – kann Literatur auf einer direkten emotionalen Basis vermitteln. Beim Lesen sind wir gewissermaßen für eine kurze Zeit die Personen, von denen die Geschichten handeln. Wir können in Rollen schlüpfen, die wir im realen Leben nie einnehmen könnten oder wollten. Und auch wenn die Erlebnisse, die wir in diesen Rollen machen nicht real sind: Sie hinterlassen ihre Spuren, sind Erkenntnisgewinn und Bereicherung und somit durchaus echt. Sie fördern das Verständnis für diejenigen, die unter Umständen solche Erfahrungen tatsächlich machen müssen. Denn: wir haben die Situation ja schon einmal selbst “erlebt”.

Hurra! Meine Uni hat gebaut!

Endlich wird er eröffnet! Der Neubau “Kulturwissenschaftliches Zentrum” der Uni Göttingen ist fertig und bezogen. Die offizielle Pessemitteilung findet man hier – und kann sogar einen sechsminütigen Werbefilm sehen.

Im Büro

Doch ist wirklich alles Friede-Freude-Eierkuchen? Die Mängelliste am Gebäude ist lang, die Bauarbeiten tatsächlich noch lange nicht abgeschlossen und die Mitarbeiter*innen zunehmend genervt. Muss es wirklich sein, dass es in einzelnen Büros bei schönem Wetter auch mal 40° C heiß wird? Denn nach allem was man als Student so an Gerüchten hört, ging der Uni bei Baukosten von 25,2 Millionen Euro am Ende doch das Geld aus, so dass das Flachdach nicht mehr isoliert werden konnte. Doch nicht nur das: Die engen Treppen machen es beinahe unmöglich, dass zwei Personen sie gleichzeitig nutzen. Oft genug steht man also abwartend am Treppenabsatz, dem entgegenkommenden Kollegen*innen im Einverständnis über die nervige Situation zulächelnd.

Im Seminarraum

Doch nicht nur die neuen Büros sind gewöhnungsbedürftig. An 60 x 120 cm kleinen Tischen in den Seminarräumen ist es nicht nur nahezu unmöglich entspannt nebeneinander zu sitzen, auch die für Geisteswissenschaftler*innen eher typische Menge an Unterlagen ist darauf nur mit großem Ordnungsgeschick angemessen unterzubringen.

Die anhaltenden Bauarbeiten rund um das Gebäude machen die gesprächsintensiven Seminare auch nicht einfacher. Lange waren noch letzte Arbeiten an der Außenfassade umzusetzen und an den Grünanlagen wird immer noch mit schweren Maschinen gearbeitet. Der Lärmpegel draußen ist hoch, doch ohne geöffnete Fenster ist drinnen die Luft vom vielen Denken viel zu schnell verbraucht. Ein Teufelskreis.

Hinzu kommt, dass es im Erdgeschoss mit immerhin 9 großen Seminarräumen keine einzige Toilette gibt, die für die öffentliche Benutzung gedacht ist. Der dreifache Gang zur Toilette aus Nervosität vor dem nächsten wichtigen Referat ist also umständlich und führt dazu noch in den Keller.

Großartige Bibliothek

Zugegeben: die Bibliothek dagegen, die 23 Teilbibliotheken der Kulturwissenschaften zusammenführt, ist großartig! Endlich nicht mehr durch die ganze Stadt fahren müssen, um ein Buch zu besorgen. Doch Moment: obwohl es wirklich viele Arbeitsplätze gibt, hat sich wohl schnell herumgesprochen, dass es hier sehr leise und hell ist und wirklich große Arbeitstische zur Verfügung stehen. Studierende aller Fachrichtungen kommen inzwischen um hier in Ruhe arbeiten zu können. So wird es zu den Stoßzeiten schon mal schwierig einen Arbeitsplatz zu bekommen. Das Konzept der unterschiedlichen Arbeitsplätze geht offensichtlich auf: mietbare Arbeitskabinen, Tageskabinen, Einzelarbeitsplätze und Räume für Gruppenarbeit sind schneller belegt als man gucken kann. Student*innen und Dozenten*innen schätzen die gut strukturierte Bibliothek mit den schnell auffindbaren Büchern offensichtlich.
Das gleiche Temaraturproblem wie im ganzen Haus gibt es überigens in abgemilderter Form auch in der Bibliothek: mit jedem Stockwerk das man erklimmt, steigt schon nach wenigen Sonnentagen die Temparatur derart, dass der Gedanke an Bademode und Pools in der Bibliothek unglaublich verlockend wird.

Behindertengerecht?

Doch der offensichtlichste Mangel: für einen Neubau ist das Kulturwissenschaftliche Zentrum erschreckend wenig barrierefrei. Die Eingangstür lässt sich von einer Person, die im Rollstuhl sitzt, trotz Türöffner auf keinen Fall benutzen. Immerhin muss man seitlich neben die Tür fahren, den Türöffner betätigen und bekommt dann auch schon die schwere Türe in den Weg. Die Behindertentoilette des Erdgeschosses, lässt sich nur über den Aufzug erreichen, denn sie liegt auf einer über drei Stufen zu erreichenden Zwischenebene. Darüber hinaus kann man die Türe zur Toilette noch nicht mal abschließen. Die Ansagen im Aufzug sind übrigens nicht verständlich, da Etagenansage und Hinweis auf das Öffnen der Tür nahtlos ineinander übergehen. Wie man als Rollstuhlfahrer*in die sehr schweren Zwischentüren im gesamten Gebäude öffnen können soll, ist mir darüber hinaus auch ein Rätsel.

Die Eröffnungsfeier

Heute Morgen wurde dieses Neubau mit den “guten Arbeitsbedingungen” feierlich eröffnet. Hochkarätige Gäste (die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Annette Schavan; die Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Prof. Dr. Johanna Wanka) und Unileitung trafen sich dazu jedoch unter sich: Mitarbeiter*innen wurden nur eingeladen, wenn sie eine Halbzeitstelle hatten und mussten sich zudem per Formular anmelden, um eine Eintrittskarte zu bekommen. Dass sich die Universität nur bedingt für Studierende interessiert, ist diesen bekannt. Enttäuschend ist es jedoch trotzdem jedes Mal wieder, einfach so übergangen zu werden. Immerhin wird in der Öffentlichkeit ja gerne betont, dass das Kulturwissenschaftliche Zentrum ein hervorragender Ort zum Lernen sei.

Rezensiert: The Last Dragonslayer

Als eingefleischter Harry Potter Fan empfand ich eine gewisse Skepsis, ob mir ein Buch gefallen könnte in dem es erneut um Zauberer und Magie geht. Lautet die Beschreibung von The Last Dragonslayer doch:

In the good old days, magic was powerful, unregulated by government, and even the largest spell could be woven without filling in magic release form B1-7g.
Then the magic started fading away. Powerful wizards who once controlled the weather now did home improvements, plumbing and wiring, drain unblocking and mole charming.

Aber zum Glück geht es im Buch ja um etwas ganz anderes als in Harry Potter! Laut einer Prophezeiung ist die Zeit gekommen, in der der letzte lebende Drache getötet werden muss. Zum Glück ist die Protagonistin(!) völlig anders: Was die 17-jährige Jennifer Strange mit dem Drachen zu tun haben soll, ist ihr selbst nicht recht klar. Aber selbstsicher, gut in Organisation und alle Selbstzweifel geschickt überspielend, findet sie eine Weg mit ihrer Rolle als Dragentöterin umzugehen. Sie entkommt der paparazzihaften Presse und den Erpressungsversuchen des Königs und tut am Ende das, was sie für angemessen hält und auch dem Leser als die einzig richtige Lösung erscheint. Zum Glück geht es um etwas völlig anderes: Magie existiert nur eben so gerade noch, Zauberer scheinen auszusterben, ein Drache ist – scheinbar – der Hauptfeind.

Natürlich gibt es Paralellen zu Harry Potter: eine Prophezeiung, eine elternlose Protagonistin, den bösen Zauberer…
Aber indem The Last Dragonslayer in einer anderen, viel bunteren, moderneren und verrückteren Wirklichkeit spielt als Harry Potter, vergisst man alle Ähnlichkeiten.

Großartig! Lesen! Sofort auf Englisch, denn auch im Original ließ es sich leicht und verständlich, oder irgendwann in diesem Jahr auf Deutsch in der Übersetzung von Isabel Bogdan

The Last Dragonslayer von Jasper Fforde erschien als Taschenbuch 2011 bei Hodder & Stoughton und kostet als Taschenbuch 6,99€.
Jasper Fforde hat auf seiner Homepage eine eigene Seite für die Drachentöter-Serie.

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Ich schäme mich für meine Uni!

Über diesen Artikel im Blog der Mädchenmannschaft bin ich auf diesen Spiegelartikel aufmerksam geworden. Und ich muss sagen: Oh mein Gott! Wie schäme ich mich an der Uni Göttingen zu studieren!
Bisher dachte ich doch, die linke Unistadt wäre einigermaßen aufgeklärt und sensibilisiert, was Genderthemen anginge. Aber ein derart unsensibles, dummdreistes Verhalten schockiert mich zu tiefst. Ganz offensichtlich müssen die hiesigen Genderstudies und andere Geisteswissenschaften, in denen das Thema ständig präsent ist, richtig viel Aufklärungsarbeit leisten und dabei richtig laut werden. Die in den Fächern diskutierten Themen gehen offensichtlich völlig an der Realität der Universität vorbei, weil sie von viel zu viel Vorwissen ausgehen.
Ich schließe mich dem Artikel der Mädchenmannschaft voll an! Die Facebookseite der Mannschaft möchte ich bewusst nicht verlinken! Zeigt die dort stattfindende Diskussion doch nur, wie – ich nenne es euphemistisch mal unwissend – die Diskutierenden sind, wenn es um das Thema Gleichberechtigung geht.

Rezensiert: Über die Moden

Eine der frühesten Auseinandersetzungen mit der Frage, was eigentlich Mode ist, wurde von Christian Garve 1792 verfasst. In seiner Analsye geht es dabei jedoch nicht um Kostümgeschichte: Er zeichnet keinen Verlauf unterschiedlicher Mode- und Kleidungsstile nach. Viel mehr beschäftigt Garve die Frage nach der sozialen Bedeutung von Mode. Er zeigt den Zusammenhang von Kleidung und sozialen Hierarchien auf und wie durch Mode der soziale Status einer Person widergespiegelt wird. Außerdem analysiert er Mode eben nicht nur in Bezug auf Kleidung und andere Gegenstände sondern auch in Bezug auf Verhaltensweisen. Dabei macht er deutlich, dass Kleidung besonders schnell über verschiedene Schichten hinweg verbreitet wird, während die Schichten sich durch Verhaltensweisen deutlich von einander abgrenzen können.

Dazu analysiert er besonders die Mode seiner Zeit und beschreibt deswegen, wie Mode in Monarchien funktioniert. Denn, so Garve, es braucht ein gesellschaftliches Zentrum (wie zum Beispiel einen Königshof), von dem aus Mode sich verbreiten kann. Dennoch enthält sein Essay einige Beobachtungen, die auch in der modernen Soziologie noch relevant sind. So beschreibt er – ohne natürlich die modernen wissenschaftlichen Begriffe zu verwenden – verschiedene Mechanismen im sozialen und kulturellen System.
Sein Aufsatz beginnt so zum Beispiel mit der Feststellung, dass Menschen, die engen sozialen Umgang miteinander pflegen, sich einander ganz unwillkürlich in Aussehen und Verhalten anpassen. Diese Beobachtung findet sich ganz ähnlich im Habituskonzept von Bourdieu wieder.

Darüber hinaus findet sich bei ihm auch die Idee des Gesunkenen Kulturgutes, wie sie von Naumann formuliert wird: Garve beschreibt sehr ausführlich, wie sich eine Mode in Kleidung oder Verhalten von einer Schicht auf die nächste überträgt. Moden entstehen ihm zufolge dort, wo Geld, Zeit und modisches Wissen vorhanden sind: also besonders im Adel. Sie werden dann zunächst vom reichen, dann vom weniger reichen Bürgertum kopiert, bis sie schließlich auch in den unteren Schichten ankommen. Währenddessen haben sich im Adel natürlich längst neue Moden herausgebildet.

Wie modern Garves Analyse ist, zeigt sich jedoch nicht nur, wenn er die Verbreitungsmechanismen von Mode beschreibt. Beim Lesen des Essays ist mir schnell aufgefallen, dass Garve in seiner Analyse nicht in Geschlechterstereotype verfällt. Bis auf die letzten zwanzig Seiten spielt Geschlecht im Essay überhaupt keine Rolle. Beim Lesen wusste ich zunächst gar nicht, ob ich darüber erfreut, erstaunt oder verwirrt sein sollte. Diese Ausgeglichenheit in der Analyse liegt meiner Meinung genau daran, dass Garve Mode nicht ausschließlich als Kleidermode begreift. Indem er auch die veränderlichen Verhaltensweisen von Menschen darunter fasst, wird Mode zum definitiv allgemein menschlichen Phänomen. Erst ganz zum Schluss geht er dann dann doch noch auf die Zusammenhänge von Mode und Geschlecht ein. Er bezieht sich dabei jedoch auf Männer und Frauen. Es geht ihm aber auch dann nicht darum bestimmte stereotype Geschlechterrollen zu reproduzieren – ein für seine Zeit erstaunliches Vorgehen. Stattdessen geht es ihm um die Beschreibung, wie Männer und Frauen mit Mode umgehen und welchen Beschränkungen sie dabei unterliegen.

Christian Garve: Über die Moden. Insel 1972. Leider vergriffen, aber als PDF verfügbar.

Voxenstopp

Mein langes Pfingstwochenende durfte ich nicht nur mit lauter netten neuen Menschen verbringen, sondern auch mit jeder Menge Musik. Der Höhepunkt war die mir bisher unbekannte Acapella-Gruppe voxenstopp. Fünf Jungs aus München haben sich zusammen getan und singen nur von einer Ukulele begleitet Songs, die Spass machen!

Auf youtube gibt es leider nur eine recht begrenzte Auswahl der Lieder von voxenstopp. Menschen aus Süddeutschland können jedoch Konzerte besuchen, die Termine stehen auf der Homepage. Außerdem gibt es einen Shop, in dem man das Debütalbum kaufen kann.

Wo gibt es denn schon anständige Jeans zu kaufen?

Bei Isabo bin ich letzte Woche auf folgendes Youtubevideo gestoßen:

Der NDR zeigt in einer knappen Dreiviertelstunde die Abgründe der Jeansherstellung in China – und dabei ist noch zu vermuten, dass aufgrund der starken chinesischen Kontrolle, über ausländischen Journalismus – dies noch nicht die allerschlimmsten Bilder sind.

Besonders erstaunt hat mich an dem Vidoe ja, wie viel Handarbeit immer noch in Kleidung steckt. Während ich davon ausgegangen wäre, dass zumindest das Zuschneiden des Stoffes vollautomatisiert ist, zeigt der Film, dass jede Jeans von einer Person zugeschnitten wird, jede einzelne Naht von einem Menschen mit einer Maschine gemacht wird, das Färben, kontrolliert, die Wäsche kontrolliert und besonders jeder einzelne Schritt beim Erzeugen des “Used-Looks” von Hand gemacht ist. Da wird geschmirgelt, gesprüht und nachgebessert und für jeden Schritt ist ein Mensch verantwortlich. Wie eine Jeans da dann am Ende nur 10, nur 20 oder auch nur 60€ kosten kann, ist mir nicht so ganz klar.

Doch wo gibt es überhaupt noch Jeans zu kaufen, die nicht unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert werden? Immerhin reicht es ganz offensichtlich nicht, Billiganbieter zu meiden. Denn egal, wie teuer eine Jeans hier bei uns ist: die chinesischen Produzenten bekommen immer den gleichen Hungerlohn. Um diese Frage ginge es dann auch in den Kommentaren bei Isabo.

Dabei stellt sich natürlich auch die Frage, was überhaupt faire Bedingungen sind: Die Greenpeaceaktivistin Kirsten Brodde und der Dozent Mark Starmanns haben acht Fragen in Sachen Nachhaltigkeit und Fairness erarbeitet, die Modefirmen beantworten können sollten:

  1. Kennt das Unternehmen seine komplette Produktionskette?
  2. Hat das Unternehmen hohe Arbeitsstandards für alle Herstellungsschritte festgelegt?
  3. Sucht das Unternehmen gemeinsam Lösungen mit Konkurrenten und Kritikern?
  4. Nimmt das Unternehmen die Bedürfnisse der ArbeiterInnen in der Fabrik ernst?
  5. Hat das Unternehmen hohe ökologische Ziele definiert?
  6. Denkt das Unternehmen zirkulär?
  7. Zahlt das Unternehmen faire Preise?
  8. Steht das Unternehmen zu seiner Verantwortung?

 

Natürlich fällt den Internetleuten zunächst vor allem manomama mit ihren Augschburg Denim ein: Für Damen und Herren.

{Da der Shop von manomama momentan nicht verfügbar ist, fehlt ich aktuell leider das Foto einer Manomamajeans}

Da manomama komplett in Deutschland produziert – allein die Biobaumwolle kommt aus der Türkei, da es hier nunmal zu kalt ist, muss man zu den oben genannten Fragen nicht mehr viel sagen. Darüber hinaus ist Sina Trinkwalder auf Twitter und in ihrem Blog auch ständig bereit, alle Fortschritte in der Produktion zu zeigen.

Daneben gibt es noch verschiedene Ökoversandhäuser: Hessnatur, Waschbär, Deerberg und GrüneErde sind wohl die bekanntesten. Zumindest Hessnatur beantwortet im Firmenblog auch die acht Fragen zu fairen Produktionsbedingungen.

Was aber, wenn man zu den Menschen gehört, die nicht Konfektionsmaße haben? Außer bestellen, probieren und notfalls zurückschicken bleibt wohl nur die Suche nach Ökoläden vor Ort. Zumindest für Stuttgart, Nürnberg, München und Hamburg nennt Isabo Glore. Diese bieten auch die Möglichkeit eines Popupstores an. Wer also einen geeigneten Verkaufsraum kennt, kann Glore auch in seine Stadt holen.

Ich habe bei meiner spontanen Suche nach lokalen Ökoläden noch keine Liste davon gefunden. Vielleicht lohnt es sich ja, eine solche zu erstellen?! Die Tipps aus Eurer Stadt dürft Ihr gern in den Kommentaren posten.

Roche und Böhmermann

Im ZDF gab es in den letzten acht Wochen ein neues Talkshowformat. Seit dem 04.03.2012 lief sonntags um 22h auf zdf.kultur die Talkshow Roche und Böhmermann. Das Format wird im Retrostudio mit 60er Jahre Charme inszeniert. Es gibt nicht nur einen Ansager, der die Sendung an- und abmoderiert, sondern hier darf auch noch geraucht und Whiskey getrunken werden. Bei manchen Gästen stößt dieses Konzept auf Ablehnung: Farin Urlaub von den Ärzten sagt allein deshalb die Teilnahme an der Talkshow kurzfristig ab.

Die technischen Möglichkeiten zur Spielerei werden gut ausgenutzt: Es gibt einen roten Knopf, durch den die Gäste ihre Beiträge selbst zensieren können. In der Sendung auch mal zurückgespult, um bei einem anderen Punkt neu anzufangen. Die Idee der Sendung “wir lassen die Gäste miteinander reden” geht leider nur bedingt auf: zu häufig unterbricht Jan Böhmermann alle anderen am Tisch. Dabei sind die besten Sendungen bisher tatsächlich die gewesen, in denen die Gäste viel mit einander gesprochen haben und die Moderatoren wenig nachfragen und reden mussten. Auch die bunte Mischung der Gäste von öko-soziale Aktivisten über politisch Engagierte zu  Stars und Sternchen aus Fernsehen, Musik und Medien macht einen besonderen Reiz der Sendung aus. Im Idealfall, kam jeder zu Wort, konnte sich und seine Welt darstellen und es entwickelte sich ein Gespräch am Tisch, an dem alle beteiligt waren.

Die Folgen der Sendung können  in der ZDF-Mediathek angesehen werden. Die vorerst letzte Sendung ist ein “best off” der bisher gelaufenen Folgen, in dem Roche und Böhmermann noch einmal über ihr Konzept reflektieren.

Den Fernseherfolg der Sendung kann man auf  Quotencheck nachlesen.

Ab 2. September wird die Sendung auf dem gleichen Sendeplatz fortgesetzt.

The House of Eliott

Auf der Suche nach einer neuen britischen Serie, die ich mal eben so zwischen durch ansehen kann, stolperte ich neulich auf youtube über The House of Eliott.

http://www.youtube.com/watch?v=n3jbRwCj9fo

Die frisch verwaisten – und plötzlich mittellosen – Schwestern Evangeline (genannt Eve; Louise Lombard) und und Beatrice (Bea; Stella Gonet) müssen sich auf die Suche nach Arbeit machen. Für zwei junge, unausgebildete Frauen zu Beginn der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts keine einfache Sache. Nach einigem Hin und Her besinnen sie sich jedoch auf ihre Fähigkeiten: schon immer haben sie ihre Kleidung selbst entworfen und genäht. Warum also nicht eine Schneiderei aufmachen? So beginnt der Aufstieg zur Haute Couture, der jedoch von unentwegten Problemen begleitet ist: Ein Cousin, der missgünstig ist und den Schwestern weder Selbstständigkeit noch Erfolg gönnt. Die Gesellschaft, die nicht mit jungen erfolgreichen Frauen umgehen kann. Ein Bankier, der das Vermögen der Schwestern in den Sand setzt. Doch immerhin gibt es eine Reihe von guten Freunden, die unbedingte Unterstützung geben und grenzenloses Vertrauen in die Fähigkeiten von Eve und Bea haben: Der Fotograph und Regisseur Jack Maddox (Aden Gillett) und die Freundin und Angestellte Tilly (Cathy Murphy) sind dabei nur die längsten Begleiter.

Die Serie ist bewusst auf Cliffhanger geschnitten: manche Folgen brechen mitten in Szenen ab, so dass man unbedingt sofort weiterschauen muss. In der dritten Staffel wurden mir die Schnitte zwischen Szenen zu schnell. Manche Szenenwechsel dauern nur wenige Minuten, so dass ständig zwischen einzelnen Szenen gesprungen wird. Eine Technik die weder zur dargestellten Zeit, noch zur eher langsamen Entwicklung der Story passt.

Den Bechdel Test besteht diese Serie auf jeden Fall: Die Besetzung der Hauptrollen hat ein  Frauen–Männer–Verhältnis von 2:1. Eve und Bea unterhalten und streiten und diskutieren ständig miteinander über die Fortschritte und nötigen Veränderungen für ihr Geschäft. Auch mit den Angestellten, Kunden und  Freunden sprechen sie über Mode und Arbeit.

Rezensiert: Mrs Fry’s Diary

Mrs Fry’s Diary ist das Tagebuch, der lange verschwiegenen Frau von Stephen Fry, sagt zumindest diese selbst. Die Autorin klärt ihre Publikum darüber auf, dass Mr. Fry eigentlich gar nicht der coole, intelligente, engagierte Medienmensch ist, als der er sich selbst im Internet darstellt. Stattdessen verbringe er seine Zeit damit, in Karaokebars zu viel Bier zu trinken und sich dann peinlich zu benehmen. Einen guten Eindruck über den Inhalt ihres Buches vermittelt auch Mrs. Frys Twitterstream:

Aber Mrs. Fry enthüllt nicht nur Stephens schlechtes Benehmen: Auch die “five, six or possibly seven children” werden thematisiert. Dabei ist natürlich nur wichtig, wie gut sie selbst in deren Erziehung ist:

 

Bereits die digitale Leseprobe brachte mich so zum Kichern, dass das halbe Zugabteil mitleiden musste. Die Anschaffung des Buches stand für mich also außer Zweifel! Auch das Buch habe ich dann, vor mich hin kichernd, in einem Zug durchgelesen und war leider viel zu schnell damit fertig.

Auf Englisch erschienen bei Hodder kostet das Buch 8,80€.

Demnächst erscheint übrigens auch, das lang herbeigesehnte Standardwerk für Bräute von Mrs. Fry: How to have an almost perfect Marriage.