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Frankfurter Goethe-Haus und Deutsches Romantik-Museum

Wer in Frankfurt ist und Germanistik studiert hat, muss doch ins Goethe-Haus – sagt mein Mann.

Wer in Frankfurt ist und im Job ein Museum für einen Komponisten konzipiert, muss in jedes Haus über nicht-bildende Künstler, die es gibt, um rauszufinden, wie man Musik und Literatur am besten in einer Ausstellung vermittelt – sage ich.

Das Frankfurter Goethe-Haus macht es sich einfach. Vermittelt wird nicht viel, man schlendert durch die beeindruckenden vier Stockwerke des großen Bürgerhauses, in dem Johann Wolfgang Goethe geboren und aufgewachsen ist. Ich musste mich die ganze Zeit fragen, ob wohl die Möbel Originale sind (und wenn nicht, wo sie wohl herkommen) und ob von den Goethes niemand jemals geschlafen hat – Betten finden sich jedenfalls in keinem der vielen Zimmer.

Mehr zu sehen gibt es schon im neueröffneten Deutschen Romantik-Museum. An Geld scheint es den Ausstellungsmacher*innen jedenfalls nicht gefehlt zu haben. Schon das Treppenhaus ist beeindruckend.

Treppenhaus des Deutschen Romantik-Museums: Von unten sieht man über drei Stockwerke SEHR viele Stufen, die mit braun-grauen Steinen gefließt sind. Von den Seiten fällt immer wieder Licht durch Durchgänge ins Treppenhaus. Ganz oben wird es besonders hell – wie durch eine Aura.

Im ersten Stock ist die Gemäldesammlung (oder zumindest ein Teil davon) des Freien Deutschen Hochstifts ausgestellt. Der Fokus liegt auf Kunst, die Goethe in seiner Kindheit und Jugend gekannt hat. Ich war nicht zum Vergnügen da und hatte nicht mehr viel Zeit bis Schließung – also bin ich eher durchgeeilt als mich genauer damit zu befassen.

Im zweiten und dritten Stock dann: Romantik.

[Wenn ich Zeit und Lust hätte, würde ich JETZT herausfinden, wie ich im neuen WordPress die Schriftart verändern kann, hier müsste ja wohl mal was verschnörkeltes stehen. Und wenn ich weiter Zeit und Lust hätte, würde ich rausfinden, wie das Fußnoten-Plugin funktioniert bzw. warum nicht. Aber meine Leser*innen haben ja bestimmt Phantasie.]

Eine der typischen Stationen im Deuschen Romantik-Museum: Ein nachgebautes Stehpult unter dessen Klappe ein Original lichtgeschützt liegt, links ein Schreibtisch-Element mit Schubladen, rechts ein Schreibtisch-Element mit Ausstellungstexten.

Die Ausstellung hangelt sich hauptsächlich entlang der wichtigen Vertreter*innen (ja, Sophie Mereau, Karoline von Günderrode und Bettina von Arnim bekommen Stationen, nein ich werde keinen der Männer namentlich erwähnen. Aber hier habe ich schon mal mehr zu Frauen der Klassik und Romantik geschrieben: Schreiben, um zu leben, Leben und schreiben, Leben, um zu schreiben). Ein weiteres Gliederungselement sind Themen der Romantik (Waldeinsamkeit voll blauer Blumen oder so). Das zentrale Vermittlungselement jeder Station ist ein dreiteiliges Schreibpult, das als lichtreduzierte Vitrine für die Originale dient. Immer wieder gibt es QR-Codes und Hinweise für den Audioguide – beides wegen Zeitmangel nicht ausprobiert. Ich habe nicht gezählt, aber mir waren es definitiv zu viele Stationen, zu viel Text und zu viel Geräuschkulisse. Immer wieder gibt es Soundinstallationen, die eines der Themen verdeutlichen – nicht alle davon werden über Bewegungsmelder ausgelöst.

Warum kommt die spannendste Station eigentlich zu Letzt?

Platten mit Notenskizzen und Bildern für eine Medienstation.
Medienstation zur Komposition eines romantischen Schumann-Liedes.

Die für mich spannendste Station kam ganz oben, ganz hinten im dritten Stock, als ich noch 20 Minuten Zeit hatte – gebraucht hätte ich vermutlich 60. Eine Medienstation vermittelt, wie Schumann ein romantisches Gedicht vertont. Es können 6 oder 7 Platten mit unterschiedlichen Motiven ausgewählt und auf das Pult gelegt werden – dann starte automatisch die Medienstation mit Beamer und Text über die Kopfhörer. Ich habe eine Notenskizze gewählt, aber es gab auch Illustrationen, einen Partiturauszug oder Gedichtbeispiele. (Ich vermute und hoffe, dass man so den Entstehungsprozess von der Gedichtauswahl bis zum fertig gedruckten Notenexemplar nachvollziehen kann.) Die Erzähler*in erklären, was zu sehen ist, bringen Anekdoten, schlüsseln auf wie das Stück entsteht. Es werden Hörbeispiele eingespielt, die die sichtbaren Noten auch hörbar machen und per Lichtpunkten werden die Erläuterungen nachvollziehbar gemacht. Man kann Pausieren, vor- und zurückspringen, zwischendrin sogar ein Erklärmenü öffnen – nur den Lautstärkeregler habe ich nicht gefunden.

Es ist eine der beeindruckendsten Stationen zur Entstehung von Musik, die ich bisher gesehen habe und ich hoffe sehr, dass die Konzeptionist*innen und Gestalter*innen demnächst in Musikermuseen arbeiten.

Öffnungszeiten und Einritt; ich war dank Mitgliedschaft im Museumsbund umsonst in der Ausstellung.

Rezensiert: Walküre in Detmold

Die Walküre in Detmold von Ralph Bollmann steht schon seit zwei Jahren auf meinem Amazon-Wunschzettel. Genauer gesagt steht das Buch dort, seit Anke Gröner es in ihrem Blog gleich zwei mal zitierte. Jetzt bekam ich es glücklicherweise auf Reisen zwischen die Finger. Und auch wenn ich das Buch leider nicht zu ende lesen konnte, muss ich ganz dringend darüber schreiben. Es gibt nämlich eine ganz großartige Lektüre für zwischendurch, bei der man auch einfach mal quer lesen kann.

Obwohl ich ja durchaus sehr an der so genannten Hochkultur interessiert bin, halte ich das Buch, das eine Art Opernführer ist, nicht nur für Operngänger sehr lesenswert. Ralph Bollmann schreibt nämlich uneingebildet, aber klug und pointiert über seine Reisen kreuz und quer durch Deutschland. Walküre in Detmold entstand aus der Beobachtung, dass es in Deutschland mehr Opernhäuser gibt, als im gesamten Rest der Welt zusammen und aus dem Plan alle diese Opernhäuser auch zu besuchen. Ralph Bollmann reiste also mehrere Jahre durch Deutschland und besuchte Opernaufführungen. Dabei herausgekommen ist ein Reisebericht, der gespickt mit historischem und kunsthistorischem Wissen ist. Die ununterbrochen eingewobenen Anekdoten machen besonders Lust, in den Zug zu steigen und ebenfalls quer durch Deutschland zu reisen. Man könnte dann ebenfalls bedeutende Bauwerke besichtigen Museen, Theater- und Opernaufführungen besuchen und am Ende ein bisschen gebildeter sein. Das jedoch ohne zwanghaft lernen zu müssen, sondern durch Erfahrung und Anschauung, die auch noch Spass macht.

Ich werde also gleich mal eine Spardose mit der Aufschrift “Kulturreisen” anlegen. Denn egal wie günstig laut Bollmanns Beschreibungen die einzelnen Opern auch sein können: Mein schmaler Studentengeldbeutel gibt so viel Kulturkonsum dann doch nicht her.

Litlog

Die Germanistik der Uni Göttingen hat ein lobenswertes Projekt ins Leben gerufen: Ein halbwissenschaftliches Blog zu kulturwissenschaftlichen Themen. Denn: kulturwissenschaftliche Themen sind im Internet kaum vertreten. Kulturellen Themen begegnen wir allerdings an allen Ecken und Enden. Da wird es durchaus Zeit, dass sich Wissenschaftler mal an den eigenen Haaren packen und selbst aus dem Sumpf des Nichtgesehenwerdens herausziehen. Immerhin wird in den Geisteswissenschaften jede Menge gesellschaftlich relevanten Wissens produziert.

Litlog ist eines solcher Projekte. Ein Internetfeuilleton, mit einem deutlichen Schwerpunkt auf der Literatur:

Litlog ist ein studentisches eMagazin, gegründet am Seminar für Deutsche Philologie der Georg-August-Universität Göttingen, das sich den praktizierten Dialog zwischen Wissenschaft und Kultur zum Ziel gesetzt hat. Das Spektrum dieses Dialogs reicht von kulturanalytischen Essays über literaturkritische Beiträge und Berichte zum literarischen wie kulturellen Leben, insbesondere in Göttingen, bis hin zu wissenschaftsjournalistischen und genuin wissenschaftlichen Artikeln.

Soweit die Selbstbeschreibung.

Auf dem Blog gibt es die drei Kategorien: Belletristik, literarisches Leben und Wissenschaft.

Das literarische Leben beschränkt sich vor allem auf Göttingen, denn hier ist das Blog schließlich angesiedelt. Allerdings bieten drei Theater, eine Reihe von Kleinbühnen und das literarische Zentrum genügend Veranstaltungsraum.

Die meisten veröffentlichten Artikel sind relativ lang. Was jedoch die geringe Veröffentlichungsdichte (nur zwei Artikel pro Woche) erklärt. Allerdings mangelt es auch immer noch an Autoren, denn außer Ruhm und Ehre, ist mit dem Schreiben für Litlog nichts zu verdienen.

 

Roche und Böhmermann

Im ZDF gab es in den letzten acht Wochen ein neues Talkshowformat. Seit dem 04.03.2012 lief sonntags um 22h auf zdf.kultur die Talkshow Roche und Böhmermann. Das Format wird im Retrostudio mit 60er Jahre Charme inszeniert. Es gibt nicht nur einen Ansager, der die Sendung an- und abmoderiert, sondern hier darf auch noch geraucht und Whiskey getrunken werden. Bei manchen Gästen stößt dieses Konzept auf Ablehnung: Farin Urlaub von den Ärzten sagt allein deshalb die Teilnahme an der Talkshow kurzfristig ab.

Die technischen Möglichkeiten zur Spielerei werden gut ausgenutzt: Es gibt einen roten Knopf, durch den die Gäste ihre Beiträge selbst zensieren können. In der Sendung auch mal zurückgespult, um bei einem anderen Punkt neu anzufangen. Die Idee der Sendung “wir lassen die Gäste miteinander reden” geht leider nur bedingt auf: zu häufig unterbricht Jan Böhmermann alle anderen am Tisch. Dabei sind die besten Sendungen bisher tatsächlich die gewesen, in denen die Gäste viel mit einander gesprochen haben und die Moderatoren wenig nachfragen und reden mussten. Auch die bunte Mischung der Gäste von öko-soziale Aktivisten über politisch Engagierte zu  Stars und Sternchen aus Fernsehen, Musik und Medien macht einen besonderen Reiz der Sendung aus. Im Idealfall, kam jeder zu Wort, konnte sich und seine Welt darstellen und es entwickelte sich ein Gespräch am Tisch, an dem alle beteiligt waren.

Die Folgen der Sendung können  in der ZDF-Mediathek angesehen werden. Die vorerst letzte Sendung ist ein “best off” der bisher gelaufenen Folgen, in dem Roche und Böhmermann noch einmal über ihr Konzept reflektieren.

Den Fernseherfolg der Sendung kann man auf  Quotencheck nachlesen.

Ab 2. September wird die Sendung auf dem gleichen Sendeplatz fortgesetzt.