Eine Freundin aus meiner Kochgruppe (yey! wöchentliche Treffen um gemeinsam zu kochen, zu essen und Serien durchzuhecheln) hat mir das wundervolle Buch Kochen für Geeks von Jeff Potter (Übersetzung: Petra Hildebrandt) ausgeliehen.
Und ich habe zwar noch nichts draus gekocht: Aber allein das Lesen macht solchen Spass! Eigentlich ist das Buch nämlich gar kein normales Kochbuch, sondern viel mehr eine Handbuch, das Prozesse des Kochens erklärt. Hinterher weiß man also nicht, was man kochen soll, sondern was man beim kochen warum wie tut und es auf dieser Basis der eigenen Vorlieben anpassen zu können bzw. die eigenen Fähigkeiten mit diesem Wissen verbessern zu können. Besser verstehen was ich beim Kochen eigentlich tue – großartig! Darüber hinaus schreibt Jeff Potter wirklich pointiert und hat beinahe für jeden Satz eine amüsante Anekdote zur Hand. Oder eine lustige technische Anspielung. Oder einen xkcd-Comic. Oder einen qi-esken Fakt.
Immer wenn ich besonders frustriert bin (die Uni allgemein, der Vortrag nächste Woche im besonderen, das unfertige Kleid, an dem ich heute phänomenal gescheitert bin, das schwüle Wetter, verschlafen, und überhaupt!), stöbere ich gerne durch youtube, um hinterher wieder eine nette britische Miniserie gefunden zu haben, die mich ablenkt und auf bessere Gedanken bringt. Die übliche Vorgehensweise ist dabei, einfach nach was zu suchen, das ich schon kenne und mich von dort aus auf vielversprechende Videos weiter zu klicken.
Auf diese Weise bin ich gestern auf The Palace gestoßen. Die Serie ist ein bisschen wie Downton Abbey oder Upstairs, Downstairs, nur dass sie gleich von der fiktiven britischen Königsfamilie handelt. Rupert Evans spielt den nach dem überraschenden Tod seines Vaters zum König aufgestiegenen Richard IV. Und die Serie begleitet ihn durch die Intriegen und Probleme, die den Beginn seiner Regierungszeit markieren.
Die Serie zählt definitiv zu denen, die ich vor allem wegen der schönen Bilder gucke: Der coole Palast mit seinen elegant ausgestatteten, prunkvollen, bequemen Räumen, die schönen Kleider. Männer in gut geschnittenen, gut sitzenden Anzügen. Und Rupert Evans mit lässiger Haltung und schiefem Grinsen. Hach.
Den Ausgleich hat die Handlung auch durchaus nötig: Denn für meinen Geschmack ist sie zu schnell, enthält zu viele Twists und zu viele seltsame Frauenfiguren. Da wären: Eine durchtriebene ältere Schwester, die selbst gerne Königin wäre, eine Mutter, die mit dem Statusverlust nicht umgehen kann, eine Geliebte, die zum feindlichen Lager gehört, eine Assistentin, die sich natürlich in Richard verliebt, eine jüngere Schwester, die quasi nicht vorkommt. Dass all diese Frauen mal miteinander reden ist sowieso nicht vorgesehen. Ansonsten ist die Handlung aber nicht unspannend, die meisten der vielen Figuren (ob Dienstbote, Persönliche Assistenz oder Königsfamilie) entwickeln sich im Laufe der acht Folgen durchaus im Positiven. Gute Unterhaltung durchaus für frustrierte Freitagabende.
Es ist ein lauer Sommerabend im Mai, die Vögel zwitschern, die Sonne wirft lange Schatten auf die Wiese. Entspannte Menschen warten gespannt auf den Beginn der Opernübertragung. Gläserklingen, Grillgedufte, Stimmengewirr.
Lokhalle mit Konzertbestuhlung
Public Viewing – Theke
Doch nein: falsche Erinnerung. Konzertbestuhlung, Industriehalle. Die Verpflegnung nicht liebevoll gepackte Picknickkörbe, sondern ein Stand mit Nachos, Hot Dogs und Bier. Glasflaschenverbot, als würde sich das gutbürgerliche Göttinger Opernpublikum dieselben auf den Schädeln zertrümmern.
Immerhin: Der Eintritt ist frei, das ist vermutlich auch der Grund, warum es so voll ist. Im Opernhaus, wäre die Sicht nämlich noch auf den billigsten Plätzen besser, von der Akkustik ganz zu schweigen. Und dass die Übertitel zu klein sind, so dass man sie nicht lesen kann – irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt.
Siroe handelt vom Rachefeldzug Emiras (Anna Dennis) gegen den König Cosroe (Lisandro Abadie), der ihre ganze Familie umgebracht hat. In üblicher Opernverwirrung der Handlung verliebt sich Emira, als sie als Mann verkleidet an Cosroes Hof ankommt in dessen Sohn Siroe (Yosemeh Adjei). Dieser wird jedoch auch von der Mätresse seines Vaters Laodice (Aleksandra Zamojska) geliebt. Und von seinem jüngeren Bruder Medarse (Antonio Giovannini) um die Position als Thronfolger beneidet. Daraus ergibt sich: ein Komplott nach dem nächsten. Immerhin mit gutem Ausgang. Denn obwohl Siroe im drittem Akt der Hinrichtung durch seinen Vater nur knapp und nur dank der Fürsprache von dessen Berater Arasse (Ross Ramgobin) entkommt, schafft er es doch seine Geliebte Emira mit seinem Vater zu versöhnen und Medarse zu verzeihen.
Unser Picknick
Sicht auf die Leinwand
Leider hat mich die Inszenierung (die mir nicht mehrfach im NDR erklärt wurde, weil ich das Programm des NDR nun wirklich nicht verfolge) etwas ratlos hinterlassen. Denn so tragisch die Handlung auch sein mag: Sie enthält genug komische Elemente (cross dressing!!), dass es gerechtfertigt wäre, nicht die gesamte Handlung in einer versifften 50er-Jahre-Kulisse zu inszenieren und kein noch so kleines bisschen freundliche Helligkeit auf die Bühne zu lassen. Nun bin ich vielleicht nicht das intendierte Zielpublikum jeglicher Operninszenierung, aber irgendwie… Warum wurde nicht ein echter Bruch zwischen Handlung und Bühnenbild erzeugt, indem das letztere hell und freundlich ist und somit im offensichtlichen Wiederspruch zur ersteren steht? Warum wurden ausgerechnet die 50er Setting für den Konflikt einer Adelsfamilie gewählt, die noch nicht mal besonders patriarchisch ist? In meinem Kopf waren jedenfalls nach dem Ende des Public Viewings jede Menge solcher warums?
Nichts desto trotz hatte ich einen Abend lang mächtig Spass. Und auch eine Woche später noch Opern-Rezitativ-Fetzen und Händels Melodien als Ohrwurm im Kopf.
Ich finde den aktuellen Handarbeits- und diy-Trend ja großartig. Dinge selbst zu machen, ist für mich viel befriedigender als sie einfach nur zu kaufen. Außerdem habe ich unruhige Hände, die eigentlich immer Beschäftigung brauchen, damit ich mich konzentrieren kann. Ob das jetzt sinnloses Gekritzel in Seminaren ist oder ein ein Nadelspiel beim Fernsehen: Sind meine Hände leer werde ich zappelig. Und auch wenn Nähen dann doch noch mal eine andere Liga ist, zumindest ein paar Grundkenntnisse wollte ich haben. Gerade auch, weil ich Selbernähen für eine gute Alternative zum Kauf unter dubiosen Bedingungen hergestellter Kleidung halte. (Wer zum Thema etisch korrektere Kleidung und allgemein verantwortungsbewussterem Leben weiter lesen möchte, sei hier auf Isabel Bogdans Überlegungen verwiesen) Natürlich ist auch hier die Lage nicht so einfach, wie sie auf den ersten Blick scheint, schließlich werden auch Stoffe irgendwo unter Bedingungen hergestellt, die alles andere als optimal sind.
Zuschneiden
Nach lagem hin und her (und jeder Menge selbst erzeugten
Chaos) habe ich es in diesem Semester dann geschafft, mich für einen
Nähkurs anzumelden. Zum Glück beherrsche ich, dank nähfertiger Mutter, einige Grundkenntnisse: einen Schnitt lesen, das Schnittmuster auf den Stoff stecken, zuschneiden – das alles hatte ich immerhin schon in Ansätzen gemacht.
Nähen
Aber nähen? Der letzte Versuch scheiterte an meiner Unfähigkeit mit einer Nähmaschine auch nur eine gerade (oder zumindest auf die richtige Weise gebogene) Naht zu nähen und wurde frustriert abgebrochen. Doch für diesen Versuch hatte ich mir nicht mehr oder weniger egale Dekogegenstände, sondern einen tollen Kleiderschnitt und sehr hübschen Stoff besorgt. Mein Ehrgeiz war also mehrfach angestachelt. Und tatsächlich! Nachdem ich meinen Schnitt aus- und den Stoff zugeschnitten hatte, machte es diesmal richtig Spass mit dem Nähen zu beginnen. Mit etwas Konzentration und großer Bereitschaft jede falsche Naht aufzutrennen, habe ich an zwei Tagen ein halbfertiges Kleid genäht. Das dafür vermutlich zwei Mal;)
Kleid fertigstellen
Jetzt fehlen an meinem Kleid allerdings noch der Reißverschluß und der Saum – und mir die eigene Nähmaschine. Das halbfertige Kleid im Schrank hängennzu haben ist leider etwas demotivierend. Vor allem, weil ich genau weiß, dass je länger das Kleid dort hängt, desto größer die Wahrscheinlichkeit wird, dass ich es nie selbst beenden werde.
Ein Aufsatz über Mythen in technischen Museen. Zuletzt wurde der “Otto-Hahn-Tisch” beschrieben, der für die Präsentation der Entdeckung der Kernenergie die verschiedenen Instrumente und Apparaturen zusammenstellt, die für die Entdeckung der Urankernspaltung nötig waren.
Mit solch primitiver Technik und deshalb wahrscheinlich phantastischer geistiger Leistung wurde das 20. Jahrhundert erschüttert. Man könnte fragen, warum dieses Objekt nicht – der Historie gemäß – aufgelöst und kommentiert wird. Vielleicht sollte man das tun. Doch ist es von Fritz Straßmann und Otto Hahn selbst nach dem Krieg aus den Resten zusammengestellt worden, die die totale Zerbombung in Berlin übriggelassen hatten. Die Wissenschaftler selbst haben ihren Mythos komprimiert.
Es gab zum 50jährigen Jubiläum der Urankernspaltung 1988 eine Ausstellung in Berlin, die – auch im Deutschen Museum übernommen – die Geschichte wesentlich sorgfältiger aufrollte. Sie kostete einiges Geld und viel mehr Platz, und sie verhinderte (wahrscheinlich) die mythische Wirkung nicht: In Berlin wurde sie von Chaoten teilweise zerstört, die sie als Symbol der verhaßten Kerntechnik verstanden – in München stand sie unter ständigem Polizeischutz und war unerwartet stark frequentiert. (Jürgen Teichmann: Wissenschaftlich-technische Museen)
Außerdem mal wieder Foucault. Diesmal ein wundervoller Satz in der Version, die ich lese, wenn ich versuche zu verstehen, was der gute Herr mir sagen möchte:
1. Wir haben es gesehen, und es ist wahrscheinlich nicht nötig, darauf zurückzukommen: wenn man von einem Formationssystem spricht, denkt man nur an das Nebeneinanderstellen, die Koexistenz oder die Interaktion von heterogenen Elementen (Institutionen, Techniken, gesellschaftlichen Gruppen, perzeptiven Organisationen, Beziehungen zwischen verschiedenen Diskursen), sondern an die Herstellung einer Beziehung zwischen ihnen – und zwar in einer sehr bestimmten Form – durch die diskursive Praxis. (Foucault. Archäologie des Wissens)
Die Walküre in Detmold von Ralph Bollmann steht schon seit zwei Jahren auf meinem Amazon-Wunschzettel. Genauer gesagt steht das Buch dort, seit Anke Gröner es in ihrem Blog gleich zweimal zitierte. Jetzt bekam ich es glücklicherweise auf Reisen zwischen die Finger. Und auch wenn ich das Buch leider nicht zu ende lesen konnte, muss ich ganz dringend darüber schreiben. Es gibt nämlich eine ganz großartige Lektüre für zwischendurch, bei der man auch einfach mal quer lesen kann.
Obwohl ich ja durchaus sehr an der so genannten Hochkultur interessiert bin, halte ich das Buch, das eine Art Opernführer ist, nicht nur für Operngänger sehr lesenswert. Ralph Bollmann schreibt nämlich uneingebildet, aber klug und pointiert über seine Reisen kreuz und quer durch Deutschland. Walküre in Detmold entstand aus der Beobachtung, dass es in Deutschland mehr Opernhäuser gibt, als im gesamten Rest der Welt zusammen und aus dem Plan alle diese Opernhäuser auch zu besuchen. Ralph Bollmann reiste also mehrere Jahre durch Deutschland und besuchte Opernaufführungen. Dabei herausgekommen ist ein Reisebericht, der gespickt mit historischem und kunsthistorischem Wissen ist. Die ununterbrochen eingewobenen Anekdoten machen besonders Lust, in den Zug zu steigen und ebenfalls quer durch Deutschland zu reisen. Man könnte dann ebenfalls bedeutende Bauwerke besichtigen Museen, Theater- und Opernaufführungen besuchen und am Ende ein bisschen gebildeter sein. Das jedoch ohne zwanghaft lernen zu müssen, sondern durch Erfahrung und Anschauung, die auch noch Spass macht.
Ich werde also gleich mal eine Spardose mit der Aufschrift “Kulturreisen” anlegen. Denn egal wie günstig laut Bollmanns Beschreibungen die einzelnen Opern auch sein können: Mein schmaler Studentengeldbeutel gibt so viel Kulturkonsum dann doch nicht her.
Da besucht man eine Freundin eigentlich nur auf Durchreise, bringt kaum ein paar Stunden Zeit mit und hat dennoch jede Menge Spass. Besagte Freundin ist nämlich im Nebenjob Stadtführerin in Bamberg und nach einem gemütlichen Kaffeetrinken, ging es zwei Stunden über Stock und Stein, Treppchen und Sträßchen quer durch Bamberg. So interessant wurde ich noch nie durch irgendeine Stadt begleitet!
Da waren “Klein-Venedig” mit alten Fischerhäusern und das Problem der “Barockisierung” Bambergs. Denn der Fürstbischof Hochtrabend der Ehrgeizige (leider bin ich nicht so gut darin mir Namen, Zahlen und Daten zu merken) zwang ganz Bamberg in einem Unsre-Stadt-Soll-Schöner-Werden-Projekt dazu, die alten Fachwerkhäuser zu verputzen und mit barocken Fassaden zu versehen. Die Fischer jedoch renovierten nur die Vorderseiten der Häuser, nicht aber die dem Fluss zu gewandten und ständig sichtbaren.
Natürlich waren wir am und im Dom. Am Grab von Heinrich und Kunigunde kamen wir auf die sehr emanzipierte Herrscherin zu sprechen. Dieser war Bamberg als Hochzeitsgabe geschenkt worden und sie war tatsächlich an den Regierungsgeschäften interessiert: 1/3 der Urkunden sind von ihr unterzeichnet! (Dass sie und Heinrich eine “keusche” Ehe führten und deshalb gleich ganz besonders heilig waren, lag allerdings wohl vor allem an Heinrichs Unfruchtbarkeit)
Nettes Detail am Dom – und leider nur von der Rückseite zu sehen: Der Turm mit Ochs und Esel, der in französischer Tradition auf den Einsatz von Tieren beim Dombau hinweist.
Schon auf dem Rückweg zum Bahnhof kamen wir dann auch noch am seit langen geplanten, aber immer noch nicht umgesetzten Denkmal für Hexenverbrennung vorbei – oder anders gesagt: An dessen potenziellen Standort. In Bamberg ging die Inquisition nämlich besonders scharf gegen angebliche Hexen und Hexer vor. Besonders weil das Erbe einer verurteilten Hexe behalten werden durfte. Dies führte dazu, dass beinahe die gesamte reiche Oberschicht in Bamberg auf dem Scheiterhaufen endete.
Meine Stadtführung war also mindestens so lehrreich wie ein Bummel mit dem Kunst- und Kulturführer, dabei aber vermutlich zehn mal so unterhaltsam. Vermutlich habe ich bestimmt die Hälfte aller Fakten auch schon wieder vergessen. Das liegt aber nicht an meiner Begleitung, sondern ausschließlich an meinem schlechten Gedächtnis.
Weiter gehts: Zum Abschluss des Tages wollte ich noch etwas Foucault lesen. (Lektürekurs Foucault Die Archäologie des Wissens) Leider stand dann gleich im ersten Absatz folgendes:
Ich habe es also unternommen, Beziehungen zwischen Aussagen zu beschreiben. […] Zwei Problemfolgen stellen sich, wie ich sehe, sofort ein: Die eine, die ich im Augenblick in der Schwebe lasse und später wieder aufnehmen werde, betrifft die wilde Benutzung der Termini Aussage, Ereignis, Diskurs durch mich […]
Oder, wie ich es formulieren würde: “Ich, Foucault, habe hier eine Methode entwickelt, aber warum sollte ich Begriffe einheitlich verwenden??”
Das liebe ich ja besonders an Theoretikern: Die Selbstgefälligkeit Fehler in der eigenen Methode oder Theorie festzustellen und dann mit einem Halbsatz wie oben abzutun. Mannmannmann. Und dann diese Sätze! Lieber Bourdieu, es tut mir Leid, dass ich jemals über deine Schachtelsätze schimpfte, sie waren immerhin grammatikalisch korrekt und konnten mit etwas Feinarbeit aufgeschlüsselt und doch verstanden werden.