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Lübeck

Am zweiten Tag meines Lübeck-Besuchs waren wir dann tatsächlich auch in Lübeck. Da meine Freundin dort her kommt, konnte sie mir unglaublich viel erzählen. Leider habe ich mir nicht mal ein Viertel aller Informationen merken können, aber ich mag es wirklich, wenn mir jemand die ganze Zeit etwas zu den Dingen erzählt, die ich gerade sehe.

Da sie etwas außerhalb der Stadt wohnt, sind wir erst 30 Minuten mit dem Rad in die Stadt gefahren. Bei wunderschönem Sommerwetter macht es richtig Spaß durch Wiesen und Felder zu fahren und sich am schönen Farbenspiel zu freuen, Kühe zu bestaunen und ein bisschen “Natur” zu sehen. In Lübeck waren wir zuerst am Dom, der einen Eingang hat, der “Paradies” heißt, weil die beiden Straßen die dorthin führen “Fegefeuer” und “Hölle” heißen. Der Dom hat ein wunderschönes modernes Fenster und einen tollen geschnitzen Altarraum. Ansonsten ist mir auch hier wieder aufgefallen, wie leer die gotischen Kirchenräume wirken.

Der Lübecker Dom vom Ententeich gesehen

Moderne Kirchenfester im Lübecker Dom

Das schöne an Lübeck ist ja, dass es überall Wasser gibt. Die eigentliche Altstadt ist sogar eine Insel, die zwischen Trave, Kanal und Wakenitz liegt. In der Folge gibt es überall wunderschöne Blicke über Wasser auf die Stadt. Am beliebtesten ist wohl der Malerwinkel:

Lübecker Malerwinkel an der Trave

Hübsch da. Die Wege sind alle neu angelegt und der Grünstreifen am Wasser ist ein wunderschöner Ort für kleine Pausen zwischendurch. Baden kann man besser im Krähenteich Ententeich (Update: ich wurde darauf hingewiesen, dass der Teich Ententeich heißt), wo es auch ein Schwimmbad gibt. Vom Malerwinkel ist es nur noch ein kleiner Sprung zum bekanntesten Lübecker Wahrzeichen, dem Holstentor. Irgendeine Informationstafel sagt, dass es an die Stadt Rom erinnern soll. Aber außer den Buchstaben S.P.Q.L (Senat Populusque Lübeck) haben wir keine Parallelen gefunden. Auch Wikipedia hat dabei nicht weiter geholfen. Ich hatte ja gehofft, dass irgendwie die sieben Hügel Roms architektonisch umgesetzt wurden oder bekannte römische Bauwerke zitiert werden. Das heute noch stehende Holstentor ist übrigens nur noch der Rest einer Wallanlage, die aus drei Toren bestand. Freundlicherweise hat die Stadt Lübeck Modelle für das äußere und das innere Holstentor aufgestellt, so dass man sehen kann, wie diese aussahen.

Blick auf das Holstentor

Wenn man von außerhalb auf das Tor zugeht, sieht man rechts und links zwei liegende Löwen, auf denen man hervorragend herumklettern und Quatsch machen kann. Ob die auch an Heinrich den Löwen erinnern sollen (so wie eine Löwenstatue im Dom) oder nur ganz allgemein für Macht stehen sollen ist nicht ganz klar. Heinrich der Löwe hat die Stadt Lübeck, wie so viele andere gegründet.1 Wenn man vom Holstentor zur Petrikirche geht, um dort auf den Kirchturm zu steigen, kann man sehr gut am Puppenmuseum des Lübecker Figurentheaters vorbei gehen und sich über den schönen Drachen am Eingang freuen.

Drache am Puppenmuseum

Die Petrikriche ist eine der vielen Norddeutschen Kirchen, die als Galerie oder sonstiger Raum genutzt wird. Entsprechend ist sie einfach nur weiß ausgemalt und innen relativ langweilig. Aber man soll ja auch die ausgestellte moderne Kunst ansehen. Vom Kirchturm aus hat man einen wundervollen Blick über die Stadt. Allerdings sollte man nicht ohne Teleobjektiv versuchen das Rathaus zu fotografieren. Irgendwie verdirbt das neue Gebäude von Peek&Cloppenburg das Bild.

Aussicht über Lübeck vom Turm der Petrikriche

Anschließend waren wir im Rathskeller Mittagessen. Dort gibt es lauter kleine Séparées, die bekannten Lübecker Persönlichkeiten gewidmet waren. Leider waren Thomas und Heinrich Mann schon besetzt, aber Erich Mühsam war noch frei.

Séparée im Rathskeller Lübeck

An der Wand hängen Bilder, sein Abschlusszeugnis, ein Lebenslauf und während der Wartezeit kann man Spass daran haben, das in Sütterlin ausgefüllte Zeugnis zu entziffern. Dass Essen im Rathskeller ist übrigens sehr gutbürgerlich, vielleicht hätte ich doch einfach Fisch essen sollen, anstatt Nudeln mit Pilz-Sahnesoße.

Danach waren wir in der Marienkirche, die wohl am besten erhalten ist. Um die Marienkirche ranken sich verschiedene Legenden. So erzählte mir meine Freundin beispielsweise, dass beim Bau der Kirche der Teufel vorbei kam und wissen wollte, was da gebaut würde. Die Bauherren antworteten, es sei ein Wirtshaus. Da das dem Teufel gefiel (Trunkenheit, Saus und Braus, Schlägereien, Wollust, Verderben!) half er beim Bau. Als das Gebäude aber immer größer wurde, merkte der Teufel, dass er hereingelegt worden war. Also nahm er einen großen Stein und versuchte ihn auf den Kirchenbau zu werfen, um ihn so zu zerstören. Zum Glück war der Stein aber zu schwer und fiel herunter, bevor er die Kirche treffen konnte. Heute erinnert eine kleine Bronze an diese Legende.

Teufel vor der Marienkirche Lübeck

Im Innenraum gibt es eine wunderschöne Decke. Ich liebe Kirchendecken. Ich gucke immer zu allererst nach oben. Und dann sehe ich nach der Orgel.

Decke der Marienkirche Lübeck

Außerdem gibt es in der Marienkirche eine astronomische Uhr, die wunderschön blau ist. Ich hätte sehr lange davor stehen bleiben und sie ansehen können. Sie zeigt die Uhrzeit, hat einen Kalender von 1911-2080, bildet die Mondphasen und die Tierkreise ab.

astronomische Uhr in der Marienkirche Lübeck

Anschließend waren wir ihm Buddenbrook-Haus, dazu gibt es morgen einen Extra-Beitrag.

Gegen die Enttäuschung nach dem Museumsbesuch gingen wir zu Niederegger. Die haben wundervolle Marzipanskulpturen in sämtlichen Schaufenstern. Außerdem haben sie auch ein eigenes Museum im 2. Stock, wo sie etwas über die Geschichte des Marzipans erzählen und einen Film zeigen, wie bei Niederegger Marzipan hergestellt wird. Es ist ein Firmenmuseum und entsprechend teuer ausgestattet und unkritisch, aber immerhin liebevoll gemacht. Besonders toll sind die lebensgroßen Marzipanfiguren.

Marzipanmodell der sieben Türme von Lübeck im Niedereggerschaufenster

 

Wir haben unsere Stadtführung mit einem Spaziergang durch die Straßen Lübecks und die “Gänge” beendet. Das abendliche Sommerlicht war perfekt für viele wunderschöne Fotos und ließen die Straßen ganz besonders idyllisch wirken. Die Gänge sind vollgebaute Hinterhöfe, in denen lauter kleine Häuschen stehen, die abgeschieden liegen, begrünt sind und doch den Vorteil haben mitten in der Stadt zu liegen.

Lübecker Backsteinhaus.

Straßenbild in Lübeck

Besonders faszinierend finde ich ja auch, dass norddeutsche Straßen immer irgendwie wirken, als könnte gleich im Hinterhof das Meer beginnen.

Lübeck ist jedenfalls eine wunderschöne Stadt, viel größer als ich gedacht hätte und an einem Tag kann man noch nicht mal 1/4 all der spannenden Sachen richtig ansehen. Es gäbe noch so viele Museen, Theater, Ausstellungen, die wir alle nicht angucken konnten!

  1. Da brauchen die Braunschweiger gar nicht so stolz auf “Unser Haanrich” zu sein. Der war außerdem immer noch Herzog von Sachsen und Bayern. Hmmm, was die Braunschweiger wohl sagen würden, wenn man ihnen erzählt, dass sie eigentlich Bayern oder gar Sachsen sind 🙂

Wismar

Meine Masterarbeit ist seit zwei Wochen endlich fertig und abgegeben. Die letzten paar Wochen zuvor war ich ja bereits nur noch damit beschäftigt den Text zu korrigieren. Tempus, Kommata, Unverständlichkeiten. Den “fertigen” Text habe ich noch etwa 5 Mal überarbeitet. Aber jetzt ist das Ding gebunden und bei den Prüferinnen.

Gebundene Masterarbeit

In der freien Zeit seitdem habe ich endlich mal wieder ein paar Entspannungs-Sachen gemacht. Zwischendrin hatte ich manchmal das Gefühl, dass ich gar nicht mehr weiß, wie Nichtstun geht. Gerade in der ersten Woche nach der Abgabe hatte ich permanent das Gefühl, dass ich noch irgendwas korrigieren, nachlesen, umstrukturieren und verbessern müsste.

Aber dann habe ich eine liebe Freundin in Lübeck besucht und hatte ein wundervolles Wochenende! Zuerst waren wir in Wismar. Da war gerade Schwedenfest und die Stadt sehr voll. Allerdings waren die Menschen nur direkt am Hafen, wo der Jahrmarkt war, und um den Marktplatz herum, wo die Stände fürs Schwedenfest aufgebaut war. Die übrigen Straßen waren ungewohnt leer, wenn man aus einer belebten Universitätsstadt wie Göttingen kommt. Zunächst haben wir die St. Nikolai-Kirche besichtigt. Die gotischen Backsteinkirchen im Norden bestechen ja alle durch ihre schönen hohen Säulen und das viele Licht, das in den Kirchenraum fällt. Leider sind sie alle nur ziemlich schlecht erhalten und werden teilweise gar nicht mehr als Kirchen genutzt. Die St. Georgenkirche wird beispielsweise nur noch als Mehrzweckgebäude für kulturelle Ereignisse genutzt. Für mich war das ziemlich ungewohnt. Sowohl in Bayern als auch in Göttingen gibt es jede Menge Kirchen, die alle noch zum Gottesdienst genutzt werden.

Der Kirchturm der Marienkirche

Die größte Attraktion Wismars ist wohl die Marienkirche. Diese wurde im 2. Weltkrieg zerbomt. In der DDR wurde das Kirchenschiff nicht wieder aufgebaut, sondern stattdessen ein Exerzierplatz an dieser Stelle errichtet. Der Kirchturm steht allerdings noch und kann heute noch besichtigt werden. Im Eingang und den beiden Seitenschiffen gibt es eine Ausstellung zur Geschichte des Turms und der Bauweise von gotischen Backsteinkirchen. Dabei wird auch mit der Illusion gespielt, dass das Kirchenschiff noch steht, indem an der Wand ein Druck des Kirchenschiffes inklusive Lichteinfall hängt. Mir gefällt sehr, dass diese Illusion auf dem Foto noch überzeugender wirkt als in echt.

Installation Marienkirche

Installation Marienkirche – an der Wand hängt ein Druck mit der “Aussicht ins Kirchenschiff”

Außerdem kann man einen lustigen 3D-Film zum Bau der Kirche ansehen und auf den Kirchturm steigen. Wir hatten wunderbares Wetter und eine tolle Sicht:

Aussicht von der Marienkirche auf den Marktplatz

Aussicht von der Marienkirche aufs Meer und den Rummel

Weil wir genau während des Umzugs zum Schwedenfest auf den Kirchturm gestiegen sind, haben wir außer zwei Stücken sehr leckeren Käsekuchens leider gar nicht so viel vom Fest mitbekommen. – Da ich allerdings Umzüge eh nicht so interessant finde, war das nicht so schlimm. Nur ein paar Leute in schwedischen Trachten konnten wir noch beobachten. Die sind schön farbenfroh und relativ schlicht. Ach ja, und die Drehorgel-Gruppe durften wir etwas hören. Erst beim zweiten Vorbeigehen ist mir übrigens auf, dass die Drehorgeln alle in Göttingen gebaut wurden. (OMG, die gibt es immer noch! Wie cool ist das denn!!)

Am Nachmittag sind wir auf die Insel Poel gefahren, haben uns dort an den Strand gesetzt und die Sonne, das Meer und den Wind genossen. Ein bisschen Stephen Fry lesen und Proviant naschen. Perfekter Nachmittag.

Meerblick auf der Insel Poel

Ich weiß auch nicht warum – schließlich komme ich aus einer Mittelgebirgsgegend ohne nennenswertes Wasser – aber am Strand am Meer sitzen hat einen ungemein beruhigenden und entspannenden Effekt auf mich. Da muss auch gar nichts weiter passieren, ich könnte da stunden- und tagelang einfach nur sitzen, den Wellen zuhören und nichts tun. Zwischendrin würde ich vielleicht mal meine Beine ins Wasser halten oder gar ein paar Züge schwimmen.

Bamberg

Da besucht man eine Freundin eigentlich nur auf Durchreise, bringt kaum ein paar Stunden Zeit mit und hat dennoch jede Menge Spass. Besagte Freundin ist nämlich im Nebenjob Stadtführerin in Bamberg und nach einem gemütlichen Kaffeetrinken, ging es zwei Stunden über Stock und Stein, Treppchen und Sträßchen quer durch Bamberg. So interessant wurde ich noch nie durch irgendeine Stadt begleitet!

Da waren “Klein-Venedig” mit alten Fischerhäusern und das Problem der “Barockisierung” Bambergs. Denn der Fürstbischof Hochtrabend der Ehrgeizige (leider bin ich nicht so gut darin mir Namen, Zahlen und Daten zu merken) zwang ganz Bamberg in einem Unsre-Stadt-Soll-Schöner-Werden-Projekt dazu, die alten Fachwerkhäuser zu verputzen und mit barocken Fassaden zu versehen. Die Fischer jedoch renovierten nur die Vorderseiten der Häuser, nicht aber die dem Fluss zu gewandten und ständig sichtbaren.

Natürlich waren wir am und im Dom. Am Grab von Heinrich und Kunigunde kamen wir auf die sehr emanzipierte Herrscherin zu sprechen. Dieser war Bamberg als Hochzeitsgabe geschenkt worden und sie war tatsächlich an den Regierungsgeschäften interessiert: 1/3 der Urkunden sind von ihr unterzeichnet! (Dass sie und Heinrich eine “keusche” Ehe führten und deshalb gleich ganz besonders heilig waren, lag allerdings wohl vor allem an Heinrichs Unfruchtbarkeit)

Nettes Detail am Dom – und leider nur von der Rückseite zu sehen: Der Turm mit Ochs und Esel, der in französischer Tradition auf den Einsatz von Tieren beim Dombau hinweist.

Schon auf dem Rückweg zum Bahnhof kamen wir dann auch noch am seit langen geplanten, aber immer noch nicht umgesetzten Denkmal für Hexenverbrennung vorbei – oder anders gesagt: An dessen potenziellen Standort. In Bamberg ging die Inquisition nämlich besonders scharf gegen angebliche Hexen und Hexer vor. Besonders weil das Erbe einer verurteilten Hexe behalten werden durfte. Dies führte dazu, dass beinahe die gesamte reiche Oberschicht in Bamberg auf dem Scheiterhaufen endete.

Meine Stadtführung war also mindestens so lehrreich wie ein Bummel mit dem Kunst- und Kulturführer, dabei aber vermutlich zehn mal so unterhaltsam. Vermutlich habe ich bestimmt die Hälfte aller Fakten auch schon wieder vergessen. Das liegt aber nicht an meiner Begleitung, sondern ausschließlich an meinem schlechten Gedächtnis.