Es gibt sie immer – Gemälde, Karikaturen, Photographien, Zeichnungen oder Skizzen, die nach einem Museumsbesuch oder einer Ausstellung hängen bleiben. Und die eigentlich zu schön sind, um sie nur allein gesehen zu haben. Abhilfe schaffen da zum Teil Kunstpostkarten, die es im Museumsladen gibt. Aber selbstverständlich nicht zwingend gerade von den Bildern, die einen persönlich angesprochen haben.
Es ist natürlich schwieriger, Bilder als Bücher zu beschreiben , allein schon weil durch den Medienwechsel vieles verloren geht. Und natürlich kann man den Autor viel schneller nachschauen, wenn man grade das Buch zur Hand hat. Dennoch denke ich, dass es das wert ist, mal zweimal hinzuschauen statt nur seufzend aus dem Museum zu gehen mit dem Gedanken, es ja sowieso nicht mehr so schnell wiederzusehen. Genau das gleiche gilt für die kurz angelesen Künstlerinformationen in Museen, die meist interessant sind, aber danach schnell wieder in der Tiefe des Bewusstseins abtauchen.
Deswegen gibt es von mir jetzt den “Bilderfragebogen”, in Anlehnung an den Bücherfragebogen.
Das Bild, das dir bei deinem letzten Ausstellungs-/Museumsbesuch gefallen hat.
Dein Lieblingsbild bzw. eines deiner präferierten Bilder.
Das schönste Porträt.
Das gruseligste Porträt.
Ein Bild, das dich melancholisch werden lässt.
Ein Bild, das dich zum Lachen bringt.
Das Bild mit der schönsten Hintergrundgestaltung.
Ein modernes Bild, das dir gefällt.
Die anmutigste Skulptur.
Ein dynamisches Bild.
Ein Bild, das dich inspiriert hat.
Die Kunstströmung, die du am meisten magst.
Ein Lieblingskünstler.
Das interessanteste Künstlerpaar.
Die schönste Schwarz-weiß-Photographie.
Die schönste Buchillustration, die du gesehen hast.
Die Kunstrichtung, die du hässlich findest.
Die tollste Karikatur.
Das Bild, das du dir nie in die Wohnung hängen würdest.
ARTigo ist ein Online-Spiel, das gleichzeitig der LMU München hilft, ihr digitalisiertes Bildarchiv für Suchende tatsächlich nutzbar zu machen. Wer in einer Bilddatenbank beispielsweise nach Bildern zum Thema “Sommer” sucht, wird schwer fündig, sofern er nicht bereits vorher bestimmte Maler heraussucht oder das Stichwort im Titel des Bildes enthalten ist.
ARTigo will sich dabei der Internetnutzer bedienen, da beispielsweise in Deutschland ca. 75 % der Gesamtbevölkerung online sind, weltweit 2 Milliarden Menschen. Ziel ist es, Bilder mit sinnvollen “Tags” zu versehen, die Bilder leichter auffinden lassen.
In ARTigo spielen zwei Spieler gegeneinander: Man bekommt ein Bild eingeblendet und hat ca. 1 Minute Zeit, um verschiedene Begriffe einzugeben, die einem zum gezeigten Bild einfallen. Gibt der Gegenspieler das gleiche Wort ein, bekommen die Spieler Punkte. Somit wird verhindert, dass sinnlose Tags vergeben werden, die gar nichts mit dem Bild zu tun haben.
Problem bei dieser Spielstrategie ist natürlich, dass man zunächst nur die vorrangig sichtbaren Dinge bezeichnet, wie die Farben oder Figuren; d.h. weniger die Epoche oder eventuell sogar den Maler. Dafür gibt es KARIDO, bei dem man nur bei “anspruchsvolleren” Tags Punkte bekommt. Das Grundprinzip der Validierung (d.h. das mind. 2 oder mehr Spieler diesen Begriff eingegeben haben) bleibt bestehen.
Nach jeder Partie werden dem Spieler noch einmal die Bilder gezeigt, die man getaggt hat. Diesmal jedoch mit Maler, Entstehungszeit und Museumsort. So lernt man unbewusst mehr Bilder kennen – was für allen für Kunst- und Kunstgeschichtestudenten von Vorteil ist. Zudem kann man sich anmelden und bei guten Spiel in die Bestenliste kommen. Das ist aber nicht notwendig, um ARTigo zu spielen.
Neben den spielerischen Effekt, ergeben sich auch für andere Geisteswissenschaften neue Forschungsmöglichkeiten: Beispielsweise, ob Japaner andere Dinge zuerst beschreiben würden als Deutsche. (ARtigo gibt es auch auf Englisch und Französisch). Denn die Eingabezeit der Begriffe, d.h. das zeitliche Nacheinander wird gespeichert. Gleiches gilt für Wahrnehmungspsychologen: Bewerten ältere Menschen andere Dinge zuerst als junge Menschen oder haben Männer und Frauen ein unterschiedliches Wahrnehmungsverhalten?
Drehbuch: Alex Garland, basierend auf Kazuo Ishiguros Buch
mit Carey Mulligan, Keira Knightley und Andrew Garfield
Wer mal wieder Lust hat auf einen ergreifenden, aber auch entsetzenden Kinofilm, sollte in Mark Romaneks Verfilmung von Kazuo Ishiguros Sciene-Fiction-Roman „Alles was wir geben mussten“ gehen.
Der Film beginnt mit dem Rückblick von Kathy H., die auf ihre glückliche Kindheit Mitte des 20 Jahrunderts in Hailsham zurückblickt – alles scheint unbeschwert; ein englisches Internat in typischen Backsteinstil, große Schlafsäle und strenge Erzieherinnen.
Gegen diese scheinbare Idylle spricht die erste Szene – Kathy H., die melancholisch auf einen Mann blickt, der gleich operiert wird. Dieses anfängliche Unbehagen wird beim Zuschauer subtil gesteigert, durch Beobachtung der wöchentlichen Gesundheitsuntersuchung, die streng durchgeführt wird oder der morgendlichen Einnahme von gesundheitsfördernden Mittel.
Regelmäßig kommt auch eine Frau, die Bilder für ihre Galerie auswählt – die besten Werke aus dem Kunstunterricht, was auch für die Kinder eine besondere Ehre bedeutet.
Erst als eine progressivere Aufsicht, Miss Lucy ihrer Klasse, worin Kathy mit ihren Freunden Tommy und Ruth sitzt, die Wahrheit über ihre Existenz verständlich erklärt, wird Sinn und Zweck von sportlicher Betätigung und ärztlichen Untersuchungen klar: Alle Hailsham-Schüler sind im Grunde nichts anderes als Organspender – nur aufgezogen, um als Ersatzteillager für andere Menschen zu dienen.
Nach Abschluss der Schule kommen Kathy, Ruth und Tommy gemeinsam auf die Cottages, ein Bauernhof, wo sie ab und an mitarbeiten müssen, sonst aber im Großen und Ganzen sich selbst überlassen sind. Die Dreiecksbeziehung zwischen den drei wird hier am schwierigsten für Kathy: Ruth und Tommy sind ein Paar, obwohl Kathy viel früher auf Tommy zugegangen ist, als er noch von allen in der Schule gehänselt wurde, weil er weder im Sport noch im Kunstunterricht gut war.
Nachdem Ruth Kathy unmissverständlich klar gemacht hatte, dass sie sich nie von Tommy trennen würde, bewirbt sich Kathy für einen Freiwilligendienst, der für die „Organspender“ angeboten wird – sie wird Betreuerin von anderen Organspendern und begleitet diese vor und nach den Organspenden. Dies ist auch der erste Bruch zwischen den dreien – kurze Zeit später scheitert auch die Beziehung zwischen Ruth und Tommy. Sie verlieren sich aus den Augen.
Nur über Zufall trifft Kathy Ruth wieder – als Ruth im selben Krankenhaus wie eine ihrer betreuten Patienten liegt, nach ihrer zweiten Organspende. Ruth möchte auch Tommy sehen, gemeinsam mit Kathy, nur um sich bei den beiden zu entschuldigen, dafür, dass sie Tommy und Kathy bewusst voneinander ferngehalten hat. Als Wiedergutmachungsangebot gibt sie den Beiden die Adresse, wo Paare, die in Hailsham zur Schule gegangen sind, angeblich noch einen Aufschub bekommen können – vor ihren Organspenden. Die kurze Hoffnung wird enttäuscht und Tommy „vollendet“ mit seiner dritten Organspende, d.h. er stirbt während dieser.
Besonders schockierend an dem Film ist die Tatsache, dass er so realistisch gestaltet ist, da er einmal im 20 Jahrhundert spielt, aber auch nahe an den tatsächlichen Möglichkeiten der Menschheit unserer Zeit ist. Das Gedankenspiel, dass andere Menschen „aufgezogen“ werden, um als Ersatzteillager funktionieren, scheint auf den ersten Blick absurd. Andererseits wird es in kleinen Maß bereits betrieben: Mithilfe der Gentechnik sind schon Kinder mit fast exakt gleichen Genen gezeugt worden, damit sie später als Organspender für den krebskranken Bruder oder schwerkranke Schwester dienen. Im Prinzip ist dies ein ähnliches Verfahren, nur noch optimiert, da ein direkt passender Organspender geschaffen wird. Welche Problematik dadurch entstehen kann, ist im Film „Beim Leben meiner Schwester“ erzählt worden.
Neben der spannenden Geschichte, ist auch die Umsetzung bemerkenswert: Kurze Einblendungen von einem Sonnenuntergang oder der Stille auf einem Feld wirken wir filmische Vorboten für die folgenden Handlung. Zwar wird aus Kathys Sicht erzählt, aber der Zuschauer bekommt dennoch einen Einblick in das Innenleben der anderen Protagonisten durch kleine Szenen, die subtil die Filmrealität erklären; beispielsweise als die Organentnahme bei einem dem Zuschauer unbekannten Organspender gezeigt wird, der während der OP „vollendet“, wie es euphemistisch heißt. Fast ohne Mitgefühl wird der Sauerstoffschlauch abgesteckt, schnell die Organe weggebracht und die Tote liegt mit offenen Bauch würdelos und verlassen im OP-Saal.
Insgesamt vielleicht keine leichte Sommerunterhaltung, dafür aber ein anregender Film.
Das Bachhaus in Eisenach war die dritte Einrichtung, die wie mit unserem Seminar “Was ist ein Museum? Was ist eine Gedenkstätte?” besucht haben. Die Blogeinträge für nummer eins und zwei verbergen sich unter den Links.
Da es zum Einen mein zweiter Besuch im Bachhaus, zum anderen aber auch die Exkursion mit der schlechtesten Organisation war, so dass wir kein richtiges Gespräch mit einer Person des Museums führen konnten, wird mein Bericht wohl viel kürzer Ausfallen.
Das Bachmuseum befindet sich, wohl wie viele Personalmuseen, in einem Gebäude, von dem nicht völlig geklärt ist, ob und wie Johann Sebastian Bach in diesem gelebt hat. Im geführten ersten Teil der Ausstellung wurde jedoch ausdrücklich betont, dass es zur Tradition des Museums gehört, das Bachhaus als Geburtshaus Bachs darzustellen und dass fehlende schriftliche Quellen dafür durch die lange mündliche Tradierung, dass dies der Fall sei, ausgeglichen werde.
Bachhaus Eisenach (via Wikipedia)
Die Ausstellung des Bachhauses gliedert sich in vier Teile. Zunächst betritt man mit der Sammlung historischer Musikinstrumente, den einzigen Teil mit Führung. Hier werden immer zur vollen Stunde einzelne Instrumente vorgeführt und außerdem auch einige Hintergrundinformationen zu Bach und der Ausstellung gegeben. Anschließend werden die Museumsbesucher in den Bereich der Sonderausstellung geführt. Hier gibt es in bisher unregelmäßigen Abständen wechselnde Sonderausstellungen. Die aktuelle, noch bis November 2011 laufende Sonderausstellung beschäftigt sich mit der Bachinterpretin Wanda Landowska. Neben Texttafeln mit vielen Fotos wird dieser Teil der Ausstellung durch iPod-Hörstationen interessant, an denen man einzelne Aufnahmen Landowskas anhören kann. Dabei sind Texte und Musikausschnitte aufeinander abgestimmt und ergänzen sich gegenseitig. So sind meist auch keine ganzen Werke Bachs im Zusammenhang zu hören, sondern nur einzelne Stücke. Der dritte Teil der Ausstellung befindet sich im historischen Gebäude und zeigt neben der Geschichte der Familie Bach auch, wie eine (Musiker-)Familie zu Lebzeiten Bachs gelebt haben könnte. Der interessanteste Teil der Ausstellung ist jedoch der vierte, der sich im modernen Neubau befindet. Hier wendet sich der Fokus der Ausstellung von der Person Bachs weg, hin zu seiner Musik. Neben der sehr verständlichen Erklärung vieler musiktheoretischer Probleme, die für Bachs Musik wichtig sind (hier kann auch der Laie verstehen, wie der Contrapunkt funktioniert und warum das “Wohltemperierte Klavier” so besonders ist) gibt es hier erneut jede Menge Hörstationen, an denen einzelne Stücke erklärt werden.
Zudem gibt es in diesem Teil auch die Möglichkeit an Spielstationen vieles selbst auszuprobieren oder sich am Computer noch einmal selbst genauer über Johann Sebastian Bach und seine Musik zu informieren.
Das Bachhaus ist – trotz des missglückten Exkurisonsbesuchs – eines der besten Museen, die ich bisher besucht habe. Man kann darin problemlos einen verregneten Nachmittag damit verbringen schöne Musik zu hören und sie besser zu verstehen.
Unsere zweite Exkursion führte uns nach Weimar. Der erste Teil der Miniserien über die Museumsexkursionen findet sich hier.
Um 1800 bildete das Herzogtum Sachsen-Weimar unter der Regentschaft von Herzogin Anna-Amalia einen Raum, in dem sich die intellektuellen Größen der Zeit versammeln konnten. Dies lag unter anderem daran, dass im Herzogtum eine relativ großzügige Zensur gehandhabt wurde, so dass es nicht nur Goethe und später Schiller, sondern auch Herder und Wieland dorthin zogen. Hinzu kam, dass die am geistigen Leben interessierte Herzogin diesen Männern auch Anstellungen an ihrem Hof bieten konnte. In der Folge ist Weimar heute voller Gedenkorte und Museen, die Personen thematisieren, die dort um 1800 gelebt haben.
Schiller selbst lebte nur von Oktober 1799 bis zu seinem Tod 1804 in Weimar und bewohnte dort überdies mehrere Wohnungen. Dass wir ausgerechnet das Schillerhaus besuchten, liegt am Kult der bereits im 19. Jahrhundert um Schiller und dessen Wohnhaus entstand. Im identifikationsbedürftigen 19. Jahrhundert begann, im Zusammenhang mit der Nationalstaatbewegung die Suche nach Identifikationsfiguren. Mit dem vorläufige Scheitern der Nationalbewegung verstärkte sich dieses Bedürfnis nach Figuren der nationalen Identifikation noch. Dass ausgerechnet Schiller zu einer der deutschen Identifikationsfiguren des 19. Jahrhunderts wurde liegt daran, dass er nicht nur als “der deutsche Autor” galt, dessen Texte zur Allgemeinbildung beinahe aller Bevölkerungsgruppen gehörte, sondern auch seine Lebensgeschichte zur “Heilsgeschichte” umgedeutet wurde. Während seine Texte, die nach heutigem Verständnis keineswegs national, sondern garadezu europäisch sind (man betrachte nur einmal die Handlungsorte seiner Dramen), als Ausdruck der nationalen Revolution gedeutet wurden, wurde Schiller selbst zur “Christusgestalt”. Dabei wurde sein künstlerisches Schaffen als “hohe Begabung” mit “heiligem Ernst” gedeutet und seine immer wieder aufkeimende Krankheit mit dem Leiden Christus’ gleichgesetzt. In diesem Zusammenhang entstanden nun nicht nur zahlreiche Schillerdenkmäler, sondern auch das Schillerhaus. Dieses wurde 1847 und damit am Vorabend der Revolution von 1848/49 als nationale Gedenkstätte eingerichtet.
Schillerhaus Weimar (via Wikipedia; Urheber: Andreas Trepte)
Diese ursprüngliche Gestaltung des Schillerhauses als Gedenkstätte und Ort der Schillerverehrung spiegelt sich noch im heutigen Museum. Obwohl der Innenhof mit einem Neubau gestaltet wurde, in dem sich neben Kasse, Museumsshop und sanitären Anlagen auch mehrere Funktions- und Ausstellungsräume befinden, gibt es keine wirkliche Thematisierung Schillers und seines Werkes. Stattdessen ist die Hauptattraktion seine Wohnstätte, in der versucht wurde, die Inneneinrichtun so originalgetreu wie möglich wiederherzustellen. Dabei gibt es jedoch in den Räumen selbst keine Hinweise darauf, dass es eben dennoch kaum Originaleinrichtungsgegenstände mehr gibt. Gleichzeitig bleiben die Räume seltsam seelenlos. Nur mit viel Phantasie kann der Besucher sich vorstellen, dass überhaupt jemand in ihnen gelebt haben soll.
Da wir ein Führung durch den Dozenten bekommen haben, kann ich zudem leider nicht beurteilen, ob in den Führungen des Museums oder im Audioguide die Einrichtung problematisiert und die Geschichte des Schillerhauses besser erzählt wird. Die Erklärungen, die wir zumindest zum Audioguide bekommen haben, deuten jedoch darauf hin. Für einen Besuch, empfehle ich daher diesen zu benutzen, auch wenn ich selbst keine Erfahrungen mit diesem Audioguide gemacht habe.
In diesem Semester besuche ich die Verantaltung Was ist eine Gedenkstätte? Was ist ein Museum?. Bevor es hier im Blog hauptsächlich um die drei Exkursionen gehen wird, die wir in verschiedene Einrichtungen des Personengedenkens gemacht haben, werde ich zum besseren Verständnis kurz die Unterschiede zwischen den beide. Typen erläutern:
Eine Gedenkstätte ist immer an einen historischen Ort gebunden; dabei wird davon ausgegangen, dass auch Orte ein “Gedächtnis” an Ereignisse haben, die an ihnen bewahrt bleiben. Solche Orte werden “Gedenkort” genannt. Eine Gedenkstätte entsteht nun, wenn an einem solchen Ort eine Institution entsteht, die an diese Ereignisse besonders erinnern möchte. Ein Museum dagegen ist an keinen Ort gebunden und zeichnet sich besonders durch eine Sammlung zu einem bestimmten Thema aus. Zum Umgang mit dieser Sammlung gibt es bestimmte internationale Museumsregeln. Unter anderem beinhalten diese, dass die Sammlung sachgemäß bewahrt, erforscht und damit erschlossen werden muss. Der Hauptpunkt ist jedoch das Zeigen der Exponate in einer Ausstellung, bei der es vor allem darum gehen soll, wissen über die Gegenstände zu vermitteln.
Das erste Museum, das wir besucht haben, war das Luthergeburtshaus in Eisleben.
Luthers Geburtshaus in Eisleben (via Wikipedia)
In den ersten Räumen des Museums, das sich vor allem in einem seit 2007 existiernden Neubau befindet, wird besonders auf die Verbindung Luthers zur Stadt Eisleben und die Geschichte der Stadt in der Lutherzeit eingegangen. Dabei wechseln sich Räume zur Sozialgeschichte Eislebens mit solchen zur Familie Luther ab. In kurzen Tafeln wird jeweils erläutert, was das Thema des jeweiligen Raumes ist. Die Ausstellungsstücke bleiben ansonsten unkommentiert. Zum besseren Verständis der Funktion vieler Einzelstücke sind jedoch immer wieder Modelle aufgebaut, in denen die Gegenstände “benutzt” werden. Gerade bei den Räumen zum Eislebener Bergbau (Luthers Vater war dort Arbeiter) sind diese sehr hilfreich. Hinzu kommen in allen Räumen kleine Tafeln, auf denen Originalzitate von Martin Luther zum Thema des jeweiligen Raumes stehen. Diese verbinden als “roter Faden” nicht nur die einzelnen Räume untereinander, sondern auch alle Räume mit dem Überthema “Luther”.
Da die Familie Luther nur wenige Jahre in Eisleben verbracht hat, gibt es dort besonders wenige Exponate, die in einer Ausstellung gezeigt werden könnten. Zudem steht das Museum in Konkurrenz zum Luthersterbehaus, dem Luthermuseum in Eisenach und der Wartburg. Aus diesen Gründen wird in Eisleben, neben der bereits geschilderten Einbindung in die Stadtgeschichte, besonders der historische Ort als Geburtshaus dargestellt. Da sich das Museum dabei jedoch vor das Problem gestellt sieht, dass zwar einerseits Luther tatsächlich in einem Haus an dieser Stelle geboren wurde, andererseits aber das Originalhaus im Stadtbrand von 1689 abbrannte, muss auch mit dieser Inszenierung vorsichtig umgegangen werden. Dies wurde gelöst, indem in dem historischen Gebäude, das aus dem Jahr 1693 stammt, Räume zum anfassen und ausprobieren gestaltet wurden. Originalgetreu nachgebaute Stücke zeigen einen Schlafraum, eine Stube und eine Küche, wie sie in der Lutherzeit typisch waren. Während so zwar der historische Bruch reflektiert wird, verliert der Ort gleichzeitig die Aura des “Nachempfindens”. Das “Gedenken” an die historische Persönlichkeit Martin Luther geht zusammen mit jeder religiös-andächtigen Stimmung verloren. Seitens des Museums, das sich ausdrücklich als solches und nicht als Gedenkstätte versteht, ist dieser Effekt jedoch durchaus gewünscht. Höhepunkt der Ausstellung sind jedoch die Bildergalerie mit den Reformatoren und Fürsten, die sich um die Reformation verdient gemacht haben. Diese exisiert im “schönen Saal” seit dem Wiederaufbau des Lutherhauses. Hinzu kommt eine Luther-Gedenktafel, die seit dem späten 16. Jahrhundert auf das Luthergeburtshaus aufmerksam macht.
Die Organistatoren im Luthergeburtshaus haben ein tolles Konzept für ihre Ausstellung entwickelt, das leider an zwei Punkten scheitert: Durch das Bemühen, die Gemachtheit des Ortes zu zeigen, geht das Gefühl für den Ort zu einem großen Teil verloren. An wenigstens einem Punkt der Ausstellung wäre ich gerne betrogen worden, um weigstens ein Mal das Gefühl haben zu können: Hier stand Luther. Zum Dritten befindet sich das Museum an einem Ort, in dem ein Drittel der Häuser leer stehen. Dies schlägt sich deutlich auf die Stimmung im Ort nieder. Dennoch bietet Eisleben, gerade wenn auch das Luthersterbehaus 2012 mit neuem Konzept wiedereröffnet werden wird, eine gute Ergänzung zum größeren Lutherrummel in Eisenach.
Nein, diesen Film habe ich nicht gesehen und habe es auch nicht vor. Wer möchte, kann ihn sich ab März in deutschen Kinos antun. Was ich allerdings gemacht habe, ist, diesen wunderbaren Kommentar zum Film von Anita Sarkeesian, die über Popkultur aus feministischer Sicht bloggt, mit deutschen Untertitel zu versehen. Ich habe mir alle Mühe gegeben (auf “weißeln” bin ich recht stolz, danke Max Frisch!), aber ich bin keine professionelle Übersetzerin, dass mich also niemand für etwaige Fehler zerfetze! Wer etwas verbessern oder sich auch einmal als Untertitler_in versuchen möchte, kann dies auf http://www.universalsubtitles.org/en/ tun.
The King’s Speech ist seit langer Zeit der erste Film, den ich im Kino (und nicht auf DvD etc.) gesehen und es nicht bereut habe, Geld für eine Kinokarte aus dem Fenster geworfen zu haben. Dabei bin ich (selbstverständlich zusammen mit meiner werten Blogkollegin) nicht mal einfach so ins nächste Kino gegangen: Es musste schon die Originalfassung sein und da 66,66% der guten Göttinger Kinos in letzter Zeit zugemacht haben, mussten wir nach Hannover fahren und saßen somit etwa genauso lange im Zug wie im Kino.
Allein für die ersten Szenen haben sich die Kinokarte und die Fahrt aber gelohnt: Ein Sprecher der BBC bereitet sich minutiös auf seine drei Sätze lange Ankündigung der Rede des Duke of York vor, die er folgerichtig auch im wunderschönsten BBC Englisch der Filmgeschichte (zumindest meiner persönlichen) von sich gibt. Woraufhin der Duke of York (zukünftiger King George VI, Spitzname Bertie) von enorm hilfreichen Tipps begleitet (“Let the microphone do the work, Sir”) ans Mikrophon tritt und nach einer unendlich langen Pause beginnt, stockend ins Mikrophon zu sprechen, das sein Stottern durch das Echo im Stadion zu verspotten scheint und seine persönliche Qual ins Unermessliche steigert. Seine Frau wischt sich eine Träne aus den Augenwinkeln weiter geht es zur nächsten Szene, in der ein jovialer Arzt den Duke mit Hilfe von Glaskugeln im Mund “heilen” will und die voll des herrlich trockenen Humors ist, der sich durch den ganzen Film zieht.
Schließlich wird Bertie von seiner resoluten Frau zu dem Mittelschichtssprachtherapeuten Lionel Logue geschickt, was wenig überraschend den Beginn einer wunderbaren Freundschaft markiert. Trotz dieses eher ausgelatschten Motivs einer Männerfreundschaft mit ihren Höhen und Tiefen schafft es der Film, echte Menschen zu zeichnen, deren Leben und deren Beziehungen nicht in einem Vakuum stattfinden sondern von den soziohistorischen und politischen Umständen geprägt sind. Der Film zeichnet ein nostalgisches Vorkriegsengland mit gedeckten, an Sepia erinnernden Farben und Dialogen voll feinster Ironie und schafft es gleichzeitig neben der persönlichen Entwicklung Berties auch den dramatischen Wandel der Welt um ihn herum zu verdeutlichen.
Ganz besonders deutlich wird dieser Wandel wohl in seinem Bruder David (King Edward VIII). David/Edward, der für gewöhnlich als romantischer Held, als Kämpfer für die Liebe, der tragischerweise abdanken muss, nur weil er eine geschiedene Amerikanerin heiraten will, dargestellt wird, kommt in dieser Produktion weit weniger gut weg. Hier sehen wir einen egoistischen, unbeherrschten, weinerlichen Menschen, der die Ereignisse um sich herum (weder politisch noch was sein Familie oder Wallis betrifft) niemals richtig zu erkennen scheint und eine Affinität zu den Nazis zeigt (“Herr Hitler will sort it out!”).
Helena Bonham Carter spielt eine wunderbare Queen Mum in spe, die ihren Bertie gut im Griff hat, die kleine Elizabeth erweist sich bereits als die würdevolle Queen in spe, als sie vor ihrem Vater knickst anstatt ihn zu umarmen (was ihn sichtlich erschüttert), und Churchill als Prime Minister in spe ist eine herrliche Karikatur seiner selbst. Geoffrey Rush ist wie immer wunderbar und über die oskargekrönte schauspielerische Leistung von Colin Firth braucht wohl auch nichts weiter gesagt zu werden.
– und dabei nicht ausschließlich über Männer reden
Leider nicht bestanden. Helena Bonham Carter und Jennifer Ehle (die die jeweilige Ehefrau des Königs und seines Sprachtherapeuten spielen) sprechen zwar ganz kurz miteinander, tauschen aber nur eine Begrüßung und einen Satz über Bertie aus.