The King’s Speech ist seit langer Zeit der erste Film, den ich im Kino (und nicht auf DvD etc.) gesehen und es nicht bereut habe, Geld für eine Kinokarte aus dem Fenster geworfen zu haben. Dabei bin ich (selbstverständlich zusammen mit meiner werten Blogkollegin) nicht mal einfach so ins nächste Kino gegangen: Es musste schon die Originalfassung sein und da 66,66% der guten Göttinger Kinos in letzter Zeit zugemacht haben, mussten wir nach Hannover fahren und saßen somit etwa genauso lange im Zug wie im Kino.
Allein für die ersten Szenen haben sich die Kinokarte und die Fahrt aber gelohnt: Ein Sprecher der BBC bereitet sich minutiös auf seine drei Sätze lange Ankündigung der Rede des Duke of York vor, die er folgerichtig auch im wunderschönsten BBC Englisch der Filmgeschichte (zumindest meiner persönlichen) von sich gibt. Woraufhin der Duke of York (zukünftiger King George VI, Spitzname Bertie) von enorm hilfreichen Tipps begleitet (“Let the microphone do the work, Sir”) ans Mikrophon tritt und nach einer unendlich langen Pause beginnt, stockend ins Mikrophon zu sprechen, das sein Stottern durch das Echo im Stadion zu verspotten scheint und seine persönliche Qual ins Unermessliche steigert. Seine Frau wischt sich eine Träne aus den Augenwinkeln weiter geht es zur nächsten Szene, in der ein jovialer Arzt den Duke mit Hilfe von Glaskugeln im Mund “heilen” will und die voll des herrlich trockenen Humors ist, der sich durch den ganzen Film zieht.
Schließlich wird Bertie von seiner resoluten Frau zu dem Mittelschichtssprachtherapeuten Lionel Logue geschickt, was wenig überraschend den Beginn einer wunderbaren Freundschaft markiert. Trotz dieses eher ausgelatschten Motivs einer Männerfreundschaft mit ihren Höhen und Tiefen schafft es der Film, echte Menschen zu zeichnen, deren Leben und deren Beziehungen nicht in einem Vakuum stattfinden sondern von den soziohistorischen und politischen Umständen geprägt sind. Der Film zeichnet ein nostalgisches Vorkriegsengland mit gedeckten, an Sepia erinnernden Farben und Dialogen voll feinster Ironie und schafft es gleichzeitig neben der persönlichen Entwicklung Berties auch den dramatischen Wandel der Welt um ihn herum zu verdeutlichen.
Ganz besonders deutlich wird dieser Wandel wohl in seinem Bruder David (King Edward VIII). David/Edward, der für gewöhnlich als romantischer Held, als Kämpfer für die Liebe, der tragischerweise abdanken muss, nur weil er eine geschiedene Amerikanerin heiraten will, dargestellt wird, kommt in dieser Produktion weit weniger gut weg. Hier sehen wir einen egoistischen, unbeherrschten, weinerlichen Menschen, der die Ereignisse um sich herum (weder politisch noch was sein Familie oder Wallis betrifft) niemals richtig zu erkennen scheint und eine Affinität zu den Nazis zeigt (“Herr Hitler will sort it out!”).
Helena Bonham Carter spielt eine wunderbare Queen Mum in spe, die ihren Bertie gut im Griff hat, die kleine Elizabeth erweist sich bereits als die würdevolle Queen in spe, als sie vor ihrem Vater knickst anstatt ihn zu umarmen (was ihn sichtlich erschüttert), und Churchill als Prime Minister in spe ist eine herrliche Karikatur seiner selbst. Geoffrey Rush ist wie immer wunderbar und über die oskargekrönte schauspielerische Leistung von Colin Firth braucht wohl auch nichts weiter gesagt zu werden.
In dem Film spielen mindestens zwei Frauen mit
– die Namen haben
– ein Gespräch miteinander führen
– und dabei nicht ausschließlich über Männer reden
Leider nicht bestanden. Helena Bonham Carter und Jennifer Ehle (die die jeweilige Ehefrau des Königs und seines Sprachtherapeuten spielen) sprechen zwar ganz kurz miteinander, tauschen aber nur eine Begrüßung und einen Satz über Bertie aus.