Author Archives: Lisseuse

Musik

Die Umstände ergeben, dass ich gerade in einer Phase bin, in der ich ganz dringend sehr viel Musik hören möchte. (Selbst machen ist auch ok, aber so viel Zeit habe ich momentan leider auch nicht, dass ich stundenlang Klavier und Geige spielen könnte, schließlich möchte meine Masterarbeit dann doch irgendwann noch geschrieben werden.) Nun ist es aber so, dass sich alle Musik, die sich in meiner Sammlung befindet (außer allem vor Beethoven) für mich völlig unerträglich ist, weil sie voller Erinnerungen und Emotionen steckt. Und zwar solchen, die seit mindestens drei Jahren nicht mehr aktuell sind. Und die ich nicht so dringend wieder aufgewirbelt brauche.

Meine aktuelle Stimmungslage ist nun allerdings etwas komplizierter. Irgendwie ist es so eine ausgeprägte Mittlere-Stimmung. Definitiv nicht überschäumend glücklich, aber eben auch nicht so richtig traurig. Leicht betrübt, aber meilenweit entfernt von Tränen, melancholisch auf die positive Art und nur für den Moment. Mit dem Kopf ständig in Erinnerungen an die letzten wundervollen Wochen, bei Menschen, die ich in den nächsten Wochen vermissen muss und gleichzeitig schon voller Vorfreude darauf, wenn solche Erlebnisse wieder möglich sind.

Ich mag Klassik, liebe Bach. Höre gerne alles, was Melodie hat. Klavier und Stimme, Gitarre und Stimme, A Capella oder auch nur Instrumentalmusik. Gerne nicht zu pompös. Swing, Rock‘n‘Roll und alles was früher ist als die 70er lieber als aktuelle Charts. Tipps?

Vom Märchenleser zum Serienjunkie (11)

Serienkonsum, Soziabilität, Partizipation. Der Geschichten getränkte Alltag

Serienwissen schafft neue Narrative. Serien führen zur Verdichtung von narrativem Wissen. Serien führen zum von Geschichten durchdrängten Alltag.

Fans produzieren neue, breit rezipierte Medieninhalte:

Die Zirkulation von Erzählinhalten ist eng verbunden mit Distinktionsmechanismen. Während im 19. Jahrhundert der bürgerliche Geschmack und die Felder der Kultur, die als “Hochkultur” bezeichnet werden, prägend sind, werden im 21. Jahrhundert Wertzuschreibungen ausgeweitet. Nun können auch populäre Stoffe der Distinktion dienen. Die Unterhaltungsindustrie führt zu einer Globalisierung von Unterhaltung und dazu, dass auch andere als europäisch-bürgerliche Skalen von Wertzuschreibungen relevant werden (Bsp. indische Hochkultur, japanische Animes). Werte werden in der Folge zunehmend hybrid. Die Zuordnung zu bestimmten Geschmacksschichten wird schwierig.

In seinem Talk auf dem 11. Kongress der SIEF zeigt Joep Leerssen beispielsweise, wie das Schlafmotiv aus Schneewittchen weltweit zirkuliert:

Urban beschreibt den Prozess von “Metaculture”: durch Zirkulation der Inhalte kommt es zu immer stärkerer Medienverdichtung. Dieser Prozess beschleunigt sich immer mehr. Gerade Remakes und Retellings, bei denen der selbe Stoff in neuen Medien adaptiert wird, tragen dazu bei (Bsp. Miss Marple: Buch => Film; Feuervogel/Phönix: Erzählung => Märchen => Ballett). Besonders in Hollywood ist diese Methode sehr beliebt. Dem gegenüber steht, dass mündliches Erzählen eigentlich immer ein Remake ist, da jede Erzählperformanz einmalig ist. Remakes können als Varianz des Seriellen aufgefasst werden. Auch sie spielen mit der Lust an Varianz und Differenz des immer selben Stoffes.
Erst durch die Rezipienten wird die Zirkulation von Inhalten erfolgreich. So folgen beispielsweise die Rezipientinnen von Buffy dem Produzenten Joss Wheedon und den Schauspielern zu anderen Serien wie Angel und Bones.
Während Vereine eine aussterbende Organisationsform des 19. Jahrhunderts zu sein scheinen, wachsen digitale Vernetzung und Fan-Conventions.

Der Konsum von Serien regt auch die Lust am eigenen Erzählen an. Fanzines und Fanfiction-Foren geben ein eindrucksvolles Beispiel davon. Diese Erzählungen von Fans werden mit hohem Aufwand an kreativer Energie und Arbeit produziert. Sie heben den Status von Serien und lassen Handlung und Charaktere von Erzählungen in Varianten fortleben. Autorenschaft kann in der Folge nicht mehr klar von Rezeption getrennt werden. Es entstehen neue Formen von “narrativen Allmenden” oder erzählerischem Gemeingut, auf die gegenwärtig gültiges Urheberrecht nicht mehr anzuwenden sind.

Durch das Zusammenwachsen von Übertragungs- und Nutzungswegen, der Vernetzung von Produktion, Produkt, Distribution und Rezeption und der multiblen, parallelen und überlappenden Nutzung von Erzählungen entstehen verschiedene Formen der Medienkonvergenz. Alex Bruns beschäftigt sich mit verschiedenen Formen von Produsage, also Formen bei denen zwischen Produktion und Nutzung von Inhalten nicht mehr klar getrennt werden kann. Ein Beispiel für die Möglichkeit Dinge nicht nur zu nutzen, sondern sich auch in die Produktion einzubringen, ist Wikipedia. Die Dichotomie zwischen passivem Konsumenten und aktivem Produzenten wird bei solchen Formen zumindest teilweise aufgelöst. Allerdings gibt es auch Formen, wie beispielsweise Fanwikis, die ursprünglich von Rezipienten also als Form von Produsage entstanden sind, heute aber wieder von Seite der Produzenten gleich beim Erscheinen von Serien oder Filmen mitgeliefert werden.
In der Convergence Culture werden Erzählungen bewusst so konstruiert, dass die Partizipation daran möglich ist.

Vom Märchenleser zum Serienjunkie (10)

Formen des “Fortsetzens”

Ein Gastvortrag von Daniel Stein über Comics und Formen des Fortsetzens oder Rezeption ist Produktion ist Rezeption.

Üblicherweise wird angenommen, dass die Rezeption und die Produktion von Erzählungen streng voneinander getrennt sind. Tatsächlich sind beide jedoch normalerweise miteinander verbunden.

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Populärkultur beginnt mit Horkheimer und Adorno und der kritischen Theorie. Dort werden populäre Produkte als Ideologie, Verdummung, Berieselung und Indoktrination für die Massen gesehen. Die britischen Cultural Studies mit Fiske und Hall sehen populäre Kulturen dagegen als einen Prozess der Rezeption durch Umdeutung für eigene Interessen, während die amerikanischen Cultural Studies, vertreten durch Jenkins, popular culture als participatory culture betrachten. Das Interesse der Fans und ihr Umgang mit den Erzählungen führt zu neuen Inhalten.

Schon seit dem 19. Jahrhundert sind serielle Formen und Populärkultur eng miteinander verbunden. Durch das offene Ende können die Erzählungen beeinflusst werden (feedback loops). Das Rezeptionsverhalten von Fans kann Einfluss auf die Fortführung der Erzählung haben. Auch in der Literaturwissenschaft wird von Chabon, Bachtin und Kristeva zunehmend die generelle Intertextualität von Literatur herausgestellt (“all novels are sequels”).
In seriellen Erzählungen werden alle Faktoren, die Variierungen zulassen (Orte, Figuren, Handlungen…) auch variiert. Dabei wird das Erzählen mit längerer Laufzeit immer schwieriger, weil die Variationsmöglichkeiten zunehmend begrenzt werden. Der Rückgriff auf Varianten ist aber nötig, damit die Geschichte erkennbar bleibt. Das große Interesse an den immer gleichen Inhalten und Erzählstruckturen zeigt auch die große Menge der Spinn-offs und Remakes.

Comics sind multimediale Zeichensysteme. Sie erzählen ihre Handlung in Sequenzen/Panels. Die meisten Comics werden in Form von Serien erzählt. Die ersten Comics erschienen dabei in den 1930er Jahren. 2014 sind Superhelden im Alltag angekommen und überall zu finden. Grund dafür sind die Serialität von Comics und die besonders enge Verflechtung von Produktion und Rezeption. Die Produktion serieller Erzählungen ist dazu auch eine Form der Selbstrezeption, indem verschiedene Möglichkeiten des Handlungsverlaufs durchgespielt werden. Häufig haben Serien dabei auch den Drang sich selbst oder Konkurrenz zu überbieten. Durch die ständige Wiederholung entstehen Klisches, die Anlass zu Parodien oder Spoofs bieten.

In den 60er Jahren werden in Comics Leserbriefe abgedruckt, in denen die Leser alle Aspekte kommentieren, die für die Erzählung der Comics relevant sind. Für die Produzenten entsteht damit eine wichtige Quelle von Feedback. Hinzu kommt, dass diese Leserbriefe Theorien zur Serie produzieren. Dieses Expertenwissen führt wiederum zu neuen Serienformaten, denn auch die gesteigerten Erwartungen müssen erfüllt werden.

Serien-Rezeption ist häufig eine Form von Immersion. Serien prägen die Identität und den Lebensstil ihrer Fans. Sie führt zu (imaginären) Formen von Vergemeinschaftung und institutionalisierter Fan-Kultur.

Filmtipp: Symmetry

io9 ist ja immer gut für Serien, nerdiges Wissen und Popkultur. Heute bin ich dort auf den großartigen Film Symmetry gestoßen. Ein Film, der ab der Mitte “einfach” wieder rückwärts läuft. Und während ich die erste Hälfte noch mit dem Gedanken, “naja, manchmal wirkt das ganz schön angestrengt”, angesehen habe, hat es ab dann plötzlich “klick” gemacht. Vermutlich lag es daran, dass nicht nur die Videospur rückwärts abgespielt wird, sondern auch der Soundtrack. Und dieser ist in der letzten Szene der ersten Hälfte rückwärts und wird dann in der ersten gespiegelten Szene vorwärts. Interessant ist auch, dass die einzelnen Sequenzen nicht einheitlich im ersten Teil “vorwärts” laufen und im zweiten “rückwärts”, sondern dass sich die Spiegelungen über den ganzen Film verteilen.

Vom Märchenleser zum Serienjunkie (9)

Unterhaltung im Medientakt: Zeitstrukturen und Meidenkonsum

Alltagsleben völlig ohne Struktur ist quasi unmöglich. Allein Essen und Schlafen brauchen eine gewisse Regelmäßigkeit. Auch der Jahres-, Monats-, Wochen- und Tageslauf stellen eine „natürliche“ Struktur des Lebens dar. Erzählungen sind mit dem Jahreslauf und (religiösen) Ritualen verbunden. Trotz Säkularisierung sind solche Erzählungen auch immer noch gesellschaftlich präsent. Darüber hinaus können Erzählungen Arbeitsrhythmen, Unterhaltungs- und Ruhephasen strukturieren. So gehört das Erzählen von Geschichten z.B. eher in die dunkle Jahreszeit. Durch Medien wird diese Taktung des Alltags verdichtet. Künstliches Licht und Uhren veränderten die traditionellen Rhythmen von Arbeit und Erholung. Durch den Buchdruck und weitere Medien wurde dann der Medienkonsum zwar zur Sache des Einzelnen, gleichzeitig war aber eine neue Form der Vergemeinschaftung damit verbunden. Diese entstand dadurch, dass durch die Medien feste Strukturen geschaffen wurden, an denen viele Menschen partizipierten. So waren Tageszeitung, Tagesschau und bestimmte Serien bis zur flächendeckenden Nutzung des Internets, wo Nachrichten und Unterhaltung jederzeit für jeden verfügbar sind, Formen, die breite Bevölkerungsschichten miteinander verbanden.
Mediale Angebote führten also lange zu einer Verdichtung der Strukturierung des Alltags, die sahen feste Konsumzeiten vor und lieferten verlässlichen Gesprächsstoff. Durch Smartphones und Tablets wird der Konsum von medialen Inhalten zwar zeitlich unabhängiger, dennoch sind gewisse (alte) Rituale des Medienkonsums (noch) habitualisiert und strukturieren weiterhin den Alltag.

Ob dieser Wandel in der medialen Landschaft auch Auswirkungen auf die Aufnahmefähigkeit hat, ist noch nicht geklärt. C. Hayles unterscheidet zwischen Tiefen- und Hyperaufmerksamkeit. Diese sind aber nicht an den Konsum bestimmter Medienarten gekoppelt. Auch Computerspiele verlangen Tiefenaufmerksamkeit und Lesen kann Hypernetze generieren. Schon in alten Quilts (mit unterschiedlichen Stoffen und Mustern, die nur von Experten entziffert werden können), werden „Hyperlinks“ gesetzt. Neu ist vor allem das Tempo, die Vielfalt und die Art der Datenträger von Hyperverbindungen. Während einerseits immer mehr Berufe Hyperaufmerksamkeit zwingend notwendig machen, gibt es andererseits zunehmend Versuche mit Handarbeit, Yoga und Meditation Gegenkulturen zu schaffen, um Pausen von der Übersimulation zu ermöglichen. Gerade Online-Spiele bieten allerdings eine Form der digitalen Vernetzung, die dem Bild vom vereinzelten Nerd entgegensteht.

Die tiefen Gräben zwischen „Hoch-“ und „Populärkultur“ werden nur langsam aufgebrochen. Die Analyse des seriellen Erzählens trägt dazu ebenso bei, wie das Entstehen neuer medialer Formen durch das Internet. Gerade der hohe Distinktionswert von Smartphones spielt dabei eine Rolle. Hinzu kommt, dass durch Fernsehen und Radio schichtgebundene Unterhaltung immer mehr aufgehoben wurde und die Trennung in „hohe“ und „niedere“ Unterhaltung in den Medien zunehmend erschwert wurde. Auch Werbung trägt zu diesem Prozess bei, besonders weil hochkulturelle Werbung schwierig zu machen ist.
Bis in die 70er Jahre steht „U-Kunst“ unter hohem Rechtfertigungsdruck. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich lange nicht mit Massenunterhaltung. In der Kulturanthropologie wird dieses Tabu erst durch Hermann Bausinger und besonders Kaspar Maase aufgebrochen. Maase kommt dabei das Verdienst zu, die „Schmutz- und Schunddebatte“ aufgearbeitet und „das Recht der Gewöhnlichkeit“ verteidigt zu haben. „Schundliteratur“ hat zwar einerseits einen erstaunlich hohen Leserkreis, andererseits zeigt die Klassifikation ein Bedürfnis Geschmack zu disziplinieren. Besonders deutlich sieht man solche Prozesse heute an der Auseinandersetzung um Computerspiele.
Insgesamt kann gesagt werden, dass Populärkultur ein essentielles Handlungsfeld der Moderne ist, dessen Analyse mehr Aufschluss über die Gesellschaft gibt, als die Analyse von Hochkultur und mündlicher Tradition.

Serielles Erzählen ist keine Erzählform, die im Zusammenhang mit technischen Entwicklungen steht. Schon die Geschichten aus 1001 Nacht, Epen oder das ritualisierte Vorlesen einzelner Kapitel einer Geschichte zum Einschlafen sind seriell. Etwa seit den 1860er Jahren werden in Printmedien serielle Erzählungen abgedruckt.
Beim seriellen Erzählen gibt es eine starke gegenseitige Beeinflussung von Produktion und Konsumption. Einerseits beeinflusst die Erzählung das Alltagsverhalten der Konsumenten, indem zum Beispiel sehnsüchtig auf den Erscheinungstermin des nächsten Teils gewartet wird, andererseits führt das Beharren der Konsumenten auf das Einhalten von Erscheinungsterminen auch zu veränderten Produktionsbedingungen. Hinzu kommt, dass die regelmäßigen Aufträge eine finanzielle Absicherung für Autoren darstellen.

Frank Kelleter stellt verschiedene Thesen zur Serialität als Erzählprinzip auf:

  • Befriedigung der Nicht-Abgeschlossenheit, weil durch das aufgeschobene Ende ein Versprechen auf Fortsetzung besteht
  • Negatives Figurendoppel, denn was wäre der Held ohne einen Gegenspieler?
  • Serialität verändert im 20. Jahrhundert kulturelle Sphären signifikant
  • Figurenkonstanz und Schematisierung der Produktion
  • arbeitsteilige Produktion der Erzählung
  • hohe Marktabhängigkeit
  • starke Intermedialität und Setzen auf Wiedererkennungseffekte (bspw. Schauspieler, die aus anderen Serien erkannt werden)

Zwei Links zu Forschungsprojekten, die sich mit populärer Serialität beschäftigen:
Sonderforschungsbereich 240 (1985-2000) „Ästhestik, Pragmatik und Geschichte der Bildschirmmedien“

DFG Forschergruppe 1091 (2010-). „Ästhetik und Praxis populärer Serialität“

Doctor Who and other fan stuff

Wer will schon Schneemänner, wenn er auch Schneedaleks haben könnte?!????? Und wo wir schon bei coolen Schneemännern sind: Calvin übertrifft sich mal wieder selbst!

Jemand hat nicht nur Elronds Rivendell sondern auch Hogwarts mit Lego nachgebaut. Sehr viele Fotos auf Flickr.

Vom Märchenleser zum Serienjunkie (8)

Kontexte und Rezeptionswissen: Von Großmutters Schoß zu Kino und Fernsehen

Die Ever After High Filme sind „intertextuell“ und intermedial. Zum einen greifen sie das Genre des High-School-Movies auf, zum anderen werden Märchencharaktere aus dem Medium des Märchens in das des Films übertragen. Die Figuren können im Film nur erkannt werden, weil das kulturell notwendige Kontextwissen vorhanden ist.

Erzählungen wird häufig der Aspekt von Tradierung und Tradition zugeschrieben. Allerdings gibt es keine „reine“ Tradition, wie sie auch in der Wissenschaft bis in die ‘60er angenommen wurde, da es auch keine „Originaltexte“ gibt. Texte werden beim erzählen immer verändert, neu geformt, verlängert, gekürzt. Jedes Vortragen eines Textes macht diese Performanz zu einem ephemeren Original. Erst mit der Veränderung der Medien, die Texte haltbar und reproduzierbar machen, entsteht überhaupt die Frage nach dem Copyright und damit die nach dem Original eines Textes.

Typische Rezeptionskontexte sind die Familie oder die Bühne. Wird in der Familie erzählt, ist das intime Setting und das Zuhören wichtiger, als die Herkunft der Geschichte. Die Erzählstimme wechselt zwischen verschiedenen Personen und im Gespräch wird häufig erst Ausgehandelt, was die richtige Geschichte ist. Im Gegensatz dazu schaffen Bühnen eine Hierarchie zwischen Zuschauern und Sprechern, die Autorität über das Erzählte haben. Allerdings gibt es auch hier Formen, bei denen die Interaktion zwischen Publikum und Performierenden gewünscht ist, wie beispielsweise im Kasperletheater.

Durch Leinwände und Bildschirme werden die Körper der Zuhörenden diszipliniert. Kinos haben den Anspruch Filmtheater zu sein und zwingen die Körper des Publikums in eine bestimmte formelle Haltung, die auf die Leinwand ausgerichtet ist (Gleichzeitig schaffen sie aber mit Popcorn und Cola ein informelleres Setting, bei dem beim Genuss einer Erzählung gleichzeitig Essen konsumiert werden darf.) Mit der zunehmenden Alltagsintegration von Bildschirmen durch die Allgegenwart von Computern und Smartphones wird der Rezeptionskontext von medialen Inhalten zunehmend informeller. Auch hier lässt sich eine Gleichzeitigkeit im Konsum von Geschichten und Nahrung beobachten. Wie sich diese geteilte Aufmerksamkeit auf Rezeptionsverhalten und Interaktion mit anderen auswirkt, ist allerdings noch nicht erforscht.

Wie Bachtin, Barthes und Kristeva in ihren Arbeiten zu Intertextualität herausstellen, sind Texte nicht ohne andere Texte vorstellbar. Alle Texte greifen immer auf andere Texte zurück. Dies kann strukturell, inhaltlich oder stilistisch geschehen. Aber auch die Performanz oder Inszenierung eines Textes kann auf andere Performanzen und Inszenierungen verweisen. Diese intertextuellen Bezüge sind dabei nicht immer positiv, sondern können auch als Abgrenzung vorhanden sein.

Der Begriff der Intermedialität ist die logische Erweiterung des Begriffs der Intertextualität. Nun geht es nicht nur um Bezüge zwischen Texten, die im selben Medium vorliegen, sondern zwischen Erzählungen, die in unterschiedlichen Medien präsentiert werden. Geschichten können Medienwechsel durchmachen, wenn zum Beispiel aus einem Comic ein Film wird. Wenn gewisse ästhetische Aspekte gekoppelt werden, werden die Anspielungen auf ein anderes Medium deutlicher. Die Shrek-Filmreihe ist ein gutes Beispiel für intermediale Übernahmen: Märchenfiguren werden aus Buchmärchen in den Film geholt, die Filme sind als Parodie auf die Disney-Märchenfilme zu sehen und es werden jede Menge Figuren aus anderen Erzählungen „ausgeliehen“. Durch solche intermedialen Verknüpfungen entsteht ein Sehgenuss speziell für Erwachsene, da zu ihrem Erkennen ein bestimmtes Vorwissen vorhanden sein muss.

Leseliste (13): 12.12.2013

Gelesen:

Mimi Schippers nutzt The Hunger Games als Aufhänger, über Geschlechterrollen zu reflektieren. Sie bemerkt, dass Geschlecht nicht nach sex sondern danach, welche gender-Rolle gespielt wird, zu geschrieben wird und dass diese Rollen zunehmend offener werden. Im Anschluss an diese zugegeben nicht völlig neue Feststellung überlegt sie, wie es sich auf Genderrollen auswirken könnte, wenn der Zwang zu monogamen Beziehungen nicht existieren würde, sondern Menschen in unterschiedlichen Beziehungen unterschiedliche Rollen übernehmen könnten.

Manchmal wünsche ich mir dann doch Kinder – oder wenigstens Mitbewohner. Ich möchte wirklich gerne Quatsch mit Spielzeug anstellen, so wie Refe Tuma, der mit seiner Frau zusammen im November die Spielzeugdinos seiner Kinder zu Unsinn angestiftet hat (sehr großartige Bilder).

 

Außerdem habe ich heute endlich mal wieder für meine Masterarbeit verschiedene Artikel im Journal des Luxus und der Moden  gelesen:

Einen Artikel über literarische Moden um 1800 und dabei ganz besonders zu Schauerromanen:

Der Gipfel des Talents, sagt eine geistreiche Französin, besteht darin, daß man drey Bände hindurch den Leser in Schrecken setzt, um ihm im vierten zu beweisen, daß er sich nicht hätte schrecken lassen dürfen, oder, wie ich lieber sagen möchte, daß es nicht die Mühe oder Anstrengung lohnte.

Einen Artikel über Musik und Schauspielkunst in Wien:

In den Wirthshäusern der Vorstädte kann man sich auf immer einen Eckel vor Tanzmusik holen. Man denke sich zwey unrein gestimmte Violinen, zwey Klarinetten, denen fast alle Töne umschlugen, ein paar Trompeten, die ziemlich C stimmten, einen Violon ad libitum gestrichen, einen Vorfiedler, der wie ein Rasender die Achtel, vorzüglich die zwei gewichtlosen, unter dem Tische stampft, dabey statt f und g immer fis und gis greift; nach dieser Musik denke man sich herzhaft herumtaumelnde Tänzer, und man hat ein Kirchweihfest, oder vielmehr einen Wildentanz, bey dem Personen aus höheren Klasen recht vergnügt speisen konnten.

 

Ich bin aber auch überzeugt, daß kein Publikum im Schauspielhause so unartig ist als das wienerische. Um 7 Uhr soll der Anfang des Stückes jedesmal seyn; dauert es nun nur einige Minuten länger als 7, so ist auch gleich ein Lärmen, ein Klatschen und Stampfen, daß man in Gefahr ist, sein Gehör einzubüßen. – Sehr lästig und oft für die Gesundheit nachtheilig ist für den Sänger der Beyfall des Publikums; denn wenn eine Arie gefällt, so lärmt und klatscht man so lange, bis sie wiederholt wird, und wenn der Sänger darüber zu Grunde gehen sollte; und das ist nicht allein bey Favoritgesängen, sondern bey den schwersten, angreifendsten Bravourarien der Fall. z.E. in Figaros Hochzeit mit der Arie: Jetzt gehts nicht mehr an Damentoilettten, wo noch dazu das Allegro ganz ausnehmend geschwind gespielt wird.