Author Archives: Lisseuse

Leseliste (14): 01.04.2014

Gelesen:

Maximilian Buddenboom und Isabel Bogdan haben ein neues Blog-Projekt ins Leben gerufen (das sie auf Twitter schon seit Wochen anteasern). Im neuen Blog Was machen die da? lassen sie Menschen von ihren Berufen erzählen. Sehr spannend zum Beispiel der erste Artikel über den Museumskurator Michael Merkel.

Satire in der Zeit. Die Wunderhaare der Wanderhure. Ist klar… Wow! So sehr habe ich schon lange nicht mehr über einen Text gelacht. Etwas unpraktisch, dass ich beim Lesen versucht habe Zähne zu putzen. Jetzt muss ich wohl meinen Badspiegel neu putzen. Und das Tablet.

Manchmal wundert es mich ja nicht, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter noch nicht weiter fortgeschritten ist, sondern, dass sie überhaupt schon so weit ist. Für die Masterarbeit lese ich Sekundärliteratur über historische Zeitschriften. Gerade bin ich im Kapitel „Weibliche“ und „männliche“ Kleidung, es geht darum, dass um 1800 für Frauen plötzlich flache Schuhe modern werden, in denen man besser laufen und sich bewegen kann.

Schon eine Veränderung der Schuhmode konnte die Fügung dieser Welten sinnbildlich stören. Die Mode flacher Absätze wurde zum Gegenstand von Reflexionen über die Beziehung zwischen Mann und Frau sowie zum Ausdrucksmittel weiblichen und männlichen Selbstverständnisses. Diese Schuhmode wurde auf das weibliche Streben zurückgeführt, von den Männern unabhängiger zu sein. Bekämpft wurde mit ihr aber vor allem die Möglichkeit der Frauen, auch dergestalt „aufzutreten“. Sie hätten durch ihre Übernahme nichts gewonnen, denn der „firm and bold step“, der mit den neuen Schuhen möglich sei, sei „not exactly adapted to their sex“.

Die Nachteile dieser den „Geist der Zeit und seine tief einätzende Spur“ spiegelnden „Absatz-Umwälzungen“ schienen gravierend. Frauen konnten all das verlieren, was ihre „sanfte, hingebende nachfolgende“ Weiblichkeit ausmache. In bekannter Argumentation konnte eine Angleichung an das männliche Geschlecht mindestens zum Verlust weiblicher Anziehungskraft, wenn nicht auch der moralischen Integrität führen.

[…]

Doch setzte, und dies schien ausschlaggebend, der freie Schritt den Mann zurück. Er verletzte ihn in seinem Überlegenheitsgefühl, denn schließlich fühle er „seinen eigenen Werth in der erhöhten Kraft“ und legten „die Hohen Kacken jedem Weibe ungesehene Fesseln an (…), wodurch die Hülfe des Mannes ihm auf jedem Schritte nöthig wurde.“ Der aufrechte, gerade, zielstrebige Gang gehörte in der „bürgerlichen Gehkultur“ dem Mann zu, der Frau die „trippelnden Schritte“ – wobei hier nicht zuletzt die erotische Komponente von Schuhe und Gang eine Rolle spielten. Der wenig sichere Schritt als Ausdruck der Schwäche mach die Frauen anziehend, so die zuverlässige Auskunft des männlichen Autors […]

Was ich programmieren würde…

… wenn ich programmieren könnte

Nachdem ich im vergangenen Wintersemester mich aus Gründen erst mal drauf konzentriert habe, mich persönlich weiter zu entwickeln, Menschen kennen zu lernen, zu reden, zu kochen, fernzusehen und viele echte neue Freunde zu finden, sitze ich seit zwei Wochen endlich, endlich konzentriert an meiner Masterarbeit. Dass ich ursprünglich mal den Plan hatte JETZT damit fertig zu sein, vergesse ich einfach sofort wieder. Denn dass das nicht klappt, war schon im Dezember absehbar und ich denke, dass es wirklich wichtig für mich war im letzten Vierteljahr eben nicht zu hundert Prozent auf mein Studium konzentriert zu sein, sondern sehr viele andere Dinge zu tun, die ich dafür in den drei Jahren Bachelorstudium nicht in diesem Ausmaß getan habe. Gut, das mit dem Timing war irgendwie schlecht, aber man kann sich so was ja jetzt auch nicht gerade aussuchen.
Dass ich gerade eigentlich jeden Tag mindestens zwei Stunden produktiv lese, normalerweise aber tatsächlich vier bis fünf Stunden Arbeitszeit komme, fühlt sich leider nur jeden einzelnen Tag nach NICHT GENUG an. Dabei zeigen leidvolle Erfahrungen aus meinem bisherigen Studium durchaus, dass fünf Stunden konzentriertes Lesen und Denken am Tag immer noch dazu führen, dass ich sehr genau darauf achten muss, mich genug an der frischen Luft zu bewegen, genug Pausen zu machen, Abschalt-Tage einzuplanen, um nicht am Ende völlig denkunfähig und überlastet zu sein. Mein Gehirn ist leider eine kleine Festplatte, die regelmäßig neu gestartet werden muss, um alle Daten richtig abzuspeichern. Und leider meint Neustart nicht, mal eben schlafen, sondern es braucht echte Ruhetage.
Nun sitze ich aber hier vor vier unterschiedlichen thematischen Bücherstapeln und obwohl ich jeden Tag bestimmt 100 Seiten ganz unterschiedlich schwieriger Texte lese (und die meisten sind doch eher anstrengend), habe ich das fiese Gefühl nicht vorwärts zu kommen. Möchte mir nicht bitte eben mal jemand eine App schreiben, die anhand von Seitenangaben in meinen Exzerpten berechnet, wie viele Seiten ich gelesen habe. Der ich im Idealfall auch noch sagen kann, ob es sich um schwer oder leicht zu lesende Bücher handelt. Eine App, die mir am Ende des Tages sagt: „Heute hast du sooooo viel gelesen. Das ist ganz wunderbar von Dir.“ Denn: ich lese seit gefühlten Jahren die selben vier Bücher und es fühlt sich nicht so an, als würde ich demnächst mit neuen anfangen können.

Musik

Die Umstände ergeben, dass ich gerade in einer Phase bin, in der ich ganz dringend sehr viel Musik hören möchte. (Selbst machen ist auch ok, aber so viel Zeit habe ich momentan leider auch nicht, dass ich stundenlang Klavier und Geige spielen könnte, schließlich möchte meine Masterarbeit dann doch irgendwann noch geschrieben werden.) Nun ist es aber so, dass sich alle Musik, die sich in meiner Sammlung befindet (außer allem vor Beethoven) für mich völlig unerträglich ist, weil sie voller Erinnerungen und Emotionen steckt. Und zwar solchen, die seit mindestens drei Jahren nicht mehr aktuell sind. Und die ich nicht so dringend wieder aufgewirbelt brauche.

Meine aktuelle Stimmungslage ist nun allerdings etwas komplizierter. Irgendwie ist es so eine ausgeprägte Mittlere-Stimmung. Definitiv nicht überschäumend glücklich, aber eben auch nicht so richtig traurig. Leicht betrübt, aber meilenweit entfernt von Tränen, melancholisch auf die positive Art und nur für den Moment. Mit dem Kopf ständig in Erinnerungen an die letzten wundervollen Wochen, bei Menschen, die ich in den nächsten Wochen vermissen muss und gleichzeitig schon voller Vorfreude darauf, wenn solche Erlebnisse wieder möglich sind.

Ich mag Klassik, liebe Bach. Höre gerne alles, was Melodie hat. Klavier und Stimme, Gitarre und Stimme, A Capella oder auch nur Instrumentalmusik. Gerne nicht zu pompös. Swing, Rock‘n‘Roll und alles was früher ist als die 70er lieber als aktuelle Charts. Tipps?

Vom Märchenleser zum Serienjunkie (11)

Serienkonsum, Soziabilität, Partizipation. Der Geschichten getränkte Alltag

Serienwissen schafft neue Narrative. Serien führen zur Verdichtung von narrativem Wissen. Serien führen zum von Geschichten durchdrängten Alltag.

Fans produzieren neue, breit rezipierte Medieninhalte:

Die Zirkulation von Erzählinhalten ist eng verbunden mit Distinktionsmechanismen. Während im 19. Jahrhundert der bürgerliche Geschmack und die Felder der Kultur, die als “Hochkultur” bezeichnet werden, prägend sind, werden im 21. Jahrhundert Wertzuschreibungen ausgeweitet. Nun können auch populäre Stoffe der Distinktion dienen. Die Unterhaltungsindustrie führt zu einer Globalisierung von Unterhaltung und dazu, dass auch andere als europäisch-bürgerliche Skalen von Wertzuschreibungen relevant werden (Bsp. indische Hochkultur, japanische Animes). Werte werden in der Folge zunehmend hybrid. Die Zuordnung zu bestimmten Geschmacksschichten wird schwierig.

In seinem Talk auf dem 11. Kongress der SIEF zeigt Joep Leerssen beispielsweise, wie das Schlafmotiv aus Schneewittchen weltweit zirkuliert:

Urban beschreibt den Prozess von “Metaculture”: durch Zirkulation der Inhalte kommt es zu immer stärkerer Medienverdichtung. Dieser Prozess beschleunigt sich immer mehr. Gerade Remakes und Retellings, bei denen der selbe Stoff in neuen Medien adaptiert wird, tragen dazu bei (Bsp. Miss Marple: Buch => Film; Feuervogel/Phönix: Erzählung => Märchen => Ballett). Besonders in Hollywood ist diese Methode sehr beliebt. Dem gegenüber steht, dass mündliches Erzählen eigentlich immer ein Remake ist, da jede Erzählperformanz einmalig ist. Remakes können als Varianz des Seriellen aufgefasst werden. Auch sie spielen mit der Lust an Varianz und Differenz des immer selben Stoffes.
Erst durch die Rezipienten wird die Zirkulation von Inhalten erfolgreich. So folgen beispielsweise die Rezipientinnen von Buffy dem Produzenten Joss Wheedon und den Schauspielern zu anderen Serien wie Angel und Bones.
Während Vereine eine aussterbende Organisationsform des 19. Jahrhunderts zu sein scheinen, wachsen digitale Vernetzung und Fan-Conventions.

Der Konsum von Serien regt auch die Lust am eigenen Erzählen an. Fanzines und Fanfiction-Foren geben ein eindrucksvolles Beispiel davon. Diese Erzählungen von Fans werden mit hohem Aufwand an kreativer Energie und Arbeit produziert. Sie heben den Status von Serien und lassen Handlung und Charaktere von Erzählungen in Varianten fortleben. Autorenschaft kann in der Folge nicht mehr klar von Rezeption getrennt werden. Es entstehen neue Formen von “narrativen Allmenden” oder erzählerischem Gemeingut, auf die gegenwärtig gültiges Urheberrecht nicht mehr anzuwenden sind.

Durch das Zusammenwachsen von Übertragungs- und Nutzungswegen, der Vernetzung von Produktion, Produkt, Distribution und Rezeption und der multiblen, parallelen und überlappenden Nutzung von Erzählungen entstehen verschiedene Formen der Medienkonvergenz. Alex Bruns beschäftigt sich mit verschiedenen Formen von Produsage, also Formen bei denen zwischen Produktion und Nutzung von Inhalten nicht mehr klar getrennt werden kann. Ein Beispiel für die Möglichkeit Dinge nicht nur zu nutzen, sondern sich auch in die Produktion einzubringen, ist Wikipedia. Die Dichotomie zwischen passivem Konsumenten und aktivem Produzenten wird bei solchen Formen zumindest teilweise aufgelöst. Allerdings gibt es auch Formen, wie beispielsweise Fanwikis, die ursprünglich von Rezipienten also als Form von Produsage entstanden sind, heute aber wieder von Seite der Produzenten gleich beim Erscheinen von Serien oder Filmen mitgeliefert werden.
In der Convergence Culture werden Erzählungen bewusst so konstruiert, dass die Partizipation daran möglich ist.

Vom Märchenleser zum Serienjunkie (10)

Formen des “Fortsetzens”

Ein Gastvortrag von Daniel Stein über Comics und Formen des Fortsetzens oder Rezeption ist Produktion ist Rezeption.

Üblicherweise wird angenommen, dass die Rezeption und die Produktion von Erzählungen streng voneinander getrennt sind. Tatsächlich sind beide jedoch normalerweise miteinander verbunden.

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Populärkultur beginnt mit Horkheimer und Adorno und der kritischen Theorie. Dort werden populäre Produkte als Ideologie, Verdummung, Berieselung und Indoktrination für die Massen gesehen. Die britischen Cultural Studies mit Fiske und Hall sehen populäre Kulturen dagegen als einen Prozess der Rezeption durch Umdeutung für eigene Interessen, während die amerikanischen Cultural Studies, vertreten durch Jenkins, popular culture als participatory culture betrachten. Das Interesse der Fans und ihr Umgang mit den Erzählungen führt zu neuen Inhalten.

Schon seit dem 19. Jahrhundert sind serielle Formen und Populärkultur eng miteinander verbunden. Durch das offene Ende können die Erzählungen beeinflusst werden (feedback loops). Das Rezeptionsverhalten von Fans kann Einfluss auf die Fortführung der Erzählung haben. Auch in der Literaturwissenschaft wird von Chabon, Bachtin und Kristeva zunehmend die generelle Intertextualität von Literatur herausgestellt (“all novels are sequels”).
In seriellen Erzählungen werden alle Faktoren, die Variierungen zulassen (Orte, Figuren, Handlungen…) auch variiert. Dabei wird das Erzählen mit längerer Laufzeit immer schwieriger, weil die Variationsmöglichkeiten zunehmend begrenzt werden. Der Rückgriff auf Varianten ist aber nötig, damit die Geschichte erkennbar bleibt. Das große Interesse an den immer gleichen Inhalten und Erzählstruckturen zeigt auch die große Menge der Spinn-offs und Remakes.

Comics sind multimediale Zeichensysteme. Sie erzählen ihre Handlung in Sequenzen/Panels. Die meisten Comics werden in Form von Serien erzählt. Die ersten Comics erschienen dabei in den 1930er Jahren. 2014 sind Superhelden im Alltag angekommen und überall zu finden. Grund dafür sind die Serialität von Comics und die besonders enge Verflechtung von Produktion und Rezeption. Die Produktion serieller Erzählungen ist dazu auch eine Form der Selbstrezeption, indem verschiedene Möglichkeiten des Handlungsverlaufs durchgespielt werden. Häufig haben Serien dabei auch den Drang sich selbst oder Konkurrenz zu überbieten. Durch die ständige Wiederholung entstehen Klisches, die Anlass zu Parodien oder Spoofs bieten.

In den 60er Jahren werden in Comics Leserbriefe abgedruckt, in denen die Leser alle Aspekte kommentieren, die für die Erzählung der Comics relevant sind. Für die Produzenten entsteht damit eine wichtige Quelle von Feedback. Hinzu kommt, dass diese Leserbriefe Theorien zur Serie produzieren. Dieses Expertenwissen führt wiederum zu neuen Serienformaten, denn auch die gesteigerten Erwartungen müssen erfüllt werden.

Serien-Rezeption ist häufig eine Form von Immersion. Serien prägen die Identität und den Lebensstil ihrer Fans. Sie führt zu (imaginären) Formen von Vergemeinschaftung und institutionalisierter Fan-Kultur.

Filmtipp: Symmetry

io9 ist ja immer gut für Serien, nerdiges Wissen und Popkultur. Heute bin ich dort auf den großartigen Film Symmetry gestoßen. Ein Film, der ab der Mitte “einfach” wieder rückwärts läuft. Und während ich die erste Hälfte noch mit dem Gedanken, “naja, manchmal wirkt das ganz schön angestrengt”, angesehen habe, hat es ab dann plötzlich “klick” gemacht. Vermutlich lag es daran, dass nicht nur die Videospur rückwärts abgespielt wird, sondern auch der Soundtrack. Und dieser ist in der letzten Szene der ersten Hälfte rückwärts und wird dann in der ersten gespiegelten Szene vorwärts. Interessant ist auch, dass die einzelnen Sequenzen nicht einheitlich im ersten Teil “vorwärts” laufen und im zweiten “rückwärts”, sondern dass sich die Spiegelungen über den ganzen Film verteilen.

Vom Märchenleser zum Serienjunkie (9)

Unterhaltung im Medientakt: Zeitstrukturen und Meidenkonsum

Alltagsleben völlig ohne Struktur ist quasi unmöglich. Allein Essen und Schlafen brauchen eine gewisse Regelmäßigkeit. Auch der Jahres-, Monats-, Wochen- und Tageslauf stellen eine „natürliche“ Struktur des Lebens dar. Erzählungen sind mit dem Jahreslauf und (religiösen) Ritualen verbunden. Trotz Säkularisierung sind solche Erzählungen auch immer noch gesellschaftlich präsent. Darüber hinaus können Erzählungen Arbeitsrhythmen, Unterhaltungs- und Ruhephasen strukturieren. So gehört das Erzählen von Geschichten z.B. eher in die dunkle Jahreszeit. Durch Medien wird diese Taktung des Alltags verdichtet. Künstliches Licht und Uhren veränderten die traditionellen Rhythmen von Arbeit und Erholung. Durch den Buchdruck und weitere Medien wurde dann der Medienkonsum zwar zur Sache des Einzelnen, gleichzeitig war aber eine neue Form der Vergemeinschaftung damit verbunden. Diese entstand dadurch, dass durch die Medien feste Strukturen geschaffen wurden, an denen viele Menschen partizipierten. So waren Tageszeitung, Tagesschau und bestimmte Serien bis zur flächendeckenden Nutzung des Internets, wo Nachrichten und Unterhaltung jederzeit für jeden verfügbar sind, Formen, die breite Bevölkerungsschichten miteinander verbanden.
Mediale Angebote führten also lange zu einer Verdichtung der Strukturierung des Alltags, die sahen feste Konsumzeiten vor und lieferten verlässlichen Gesprächsstoff. Durch Smartphones und Tablets wird der Konsum von medialen Inhalten zwar zeitlich unabhängiger, dennoch sind gewisse (alte) Rituale des Medienkonsums (noch) habitualisiert und strukturieren weiterhin den Alltag.

Ob dieser Wandel in der medialen Landschaft auch Auswirkungen auf die Aufnahmefähigkeit hat, ist noch nicht geklärt. C. Hayles unterscheidet zwischen Tiefen- und Hyperaufmerksamkeit. Diese sind aber nicht an den Konsum bestimmter Medienarten gekoppelt. Auch Computerspiele verlangen Tiefenaufmerksamkeit und Lesen kann Hypernetze generieren. Schon in alten Quilts (mit unterschiedlichen Stoffen und Mustern, die nur von Experten entziffert werden können), werden „Hyperlinks“ gesetzt. Neu ist vor allem das Tempo, die Vielfalt und die Art der Datenträger von Hyperverbindungen. Während einerseits immer mehr Berufe Hyperaufmerksamkeit zwingend notwendig machen, gibt es andererseits zunehmend Versuche mit Handarbeit, Yoga und Meditation Gegenkulturen zu schaffen, um Pausen von der Übersimulation zu ermöglichen. Gerade Online-Spiele bieten allerdings eine Form der digitalen Vernetzung, die dem Bild vom vereinzelten Nerd entgegensteht.

Die tiefen Gräben zwischen „Hoch-“ und „Populärkultur“ werden nur langsam aufgebrochen. Die Analyse des seriellen Erzählens trägt dazu ebenso bei, wie das Entstehen neuer medialer Formen durch das Internet. Gerade der hohe Distinktionswert von Smartphones spielt dabei eine Rolle. Hinzu kommt, dass durch Fernsehen und Radio schichtgebundene Unterhaltung immer mehr aufgehoben wurde und die Trennung in „hohe“ und „niedere“ Unterhaltung in den Medien zunehmend erschwert wurde. Auch Werbung trägt zu diesem Prozess bei, besonders weil hochkulturelle Werbung schwierig zu machen ist.
Bis in die 70er Jahre steht „U-Kunst“ unter hohem Rechtfertigungsdruck. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich lange nicht mit Massenunterhaltung. In der Kulturanthropologie wird dieses Tabu erst durch Hermann Bausinger und besonders Kaspar Maase aufgebrochen. Maase kommt dabei das Verdienst zu, die „Schmutz- und Schunddebatte“ aufgearbeitet und „das Recht der Gewöhnlichkeit“ verteidigt zu haben. „Schundliteratur“ hat zwar einerseits einen erstaunlich hohen Leserkreis, andererseits zeigt die Klassifikation ein Bedürfnis Geschmack zu disziplinieren. Besonders deutlich sieht man solche Prozesse heute an der Auseinandersetzung um Computerspiele.
Insgesamt kann gesagt werden, dass Populärkultur ein essentielles Handlungsfeld der Moderne ist, dessen Analyse mehr Aufschluss über die Gesellschaft gibt, als die Analyse von Hochkultur und mündlicher Tradition.

Serielles Erzählen ist keine Erzählform, die im Zusammenhang mit technischen Entwicklungen steht. Schon die Geschichten aus 1001 Nacht, Epen oder das ritualisierte Vorlesen einzelner Kapitel einer Geschichte zum Einschlafen sind seriell. Etwa seit den 1860er Jahren werden in Printmedien serielle Erzählungen abgedruckt.
Beim seriellen Erzählen gibt es eine starke gegenseitige Beeinflussung von Produktion und Konsumption. Einerseits beeinflusst die Erzählung das Alltagsverhalten der Konsumenten, indem zum Beispiel sehnsüchtig auf den Erscheinungstermin des nächsten Teils gewartet wird, andererseits führt das Beharren der Konsumenten auf das Einhalten von Erscheinungsterminen auch zu veränderten Produktionsbedingungen. Hinzu kommt, dass die regelmäßigen Aufträge eine finanzielle Absicherung für Autoren darstellen.

Frank Kelleter stellt verschiedene Thesen zur Serialität als Erzählprinzip auf:

  • Befriedigung der Nicht-Abgeschlossenheit, weil durch das aufgeschobene Ende ein Versprechen auf Fortsetzung besteht
  • Negatives Figurendoppel, denn was wäre der Held ohne einen Gegenspieler?
  • Serialität verändert im 20. Jahrhundert kulturelle Sphären signifikant
  • Figurenkonstanz und Schematisierung der Produktion
  • arbeitsteilige Produktion der Erzählung
  • hohe Marktabhängigkeit
  • starke Intermedialität und Setzen auf Wiedererkennungseffekte (bspw. Schauspieler, die aus anderen Serien erkannt werden)

Zwei Links zu Forschungsprojekten, die sich mit populärer Serialität beschäftigen:
Sonderforschungsbereich 240 (1985-2000) „Ästhestik, Pragmatik und Geschichte der Bildschirmmedien“

DFG Forschergruppe 1091 (2010-). „Ästhetik und Praxis populärer Serialität“

Doctor Who and other fan stuff

Wer will schon Schneemänner, wenn er auch Schneedaleks haben könnte?!????? Und wo wir schon bei coolen Schneemännern sind: Calvin übertrifft sich mal wieder selbst!

Jemand hat nicht nur Elronds Rivendell sondern auch Hogwarts mit Lego nachgebaut. Sehr viele Fotos auf Flickr.