Gelesen:
Maximilian Buddenboom und Isabel Bogdan haben ein neues Blog-Projekt ins Leben gerufen (das sie auf Twitter schon seit Wochen anteasern). Im neuen Blog Was machen die da? lassen sie Menschen von ihren Berufen erzählen. Sehr spannend zum Beispiel der erste Artikel über den Museumskurator Michael Merkel.
Satire in der Zeit. Die Wunderhaare der Wanderhure. Ist klar… Wow! So sehr habe ich schon lange nicht mehr über einen Text gelacht. Etwas unpraktisch, dass ich beim Lesen versucht habe Zähne zu putzen. Jetzt muss ich wohl meinen Badspiegel neu putzen. Und das Tablet.
Manchmal wundert es mich ja nicht, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter noch nicht weiter fortgeschritten ist, sondern, dass sie überhaupt schon so weit ist. Für die Masterarbeit lese ich Sekundärliteratur über historische Zeitschriften. Gerade bin ich im Kapitel „Weibliche“ und „männliche“ Kleidung, es geht darum, dass um 1800 für Frauen plötzlich flache Schuhe modern werden, in denen man besser laufen und sich bewegen kann.
Schon eine Veränderung der Schuhmode konnte die Fügung dieser Welten sinnbildlich stören. Die Mode flacher Absätze wurde zum Gegenstand von Reflexionen über die Beziehung zwischen Mann und Frau sowie zum Ausdrucksmittel weiblichen und männlichen Selbstverständnisses. Diese Schuhmode wurde auf das weibliche Streben zurückgeführt, von den Männern unabhängiger zu sein. Bekämpft wurde mit ihr aber vor allem die Möglichkeit der Frauen, auch dergestalt „aufzutreten“. Sie hätten durch ihre Übernahme nichts gewonnen, denn der „firm and bold step“, der mit den neuen Schuhen möglich sei, sei „not exactly adapted to their sex“.
Die Nachteile dieser den „Geist der Zeit und seine tief einätzende Spur“ spiegelnden „Absatz-Umwälzungen“ schienen gravierend. Frauen konnten all das verlieren, was ihre „sanfte, hingebende nachfolgende“ Weiblichkeit ausmache. In bekannter Argumentation konnte eine Angleichung an das männliche Geschlecht mindestens zum Verlust weiblicher Anziehungskraft, wenn nicht auch der moralischen Integrität führen.
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Doch setzte, und dies schien ausschlaggebend, der freie Schritt den Mann zurück. Er verletzte ihn in seinem Überlegenheitsgefühl, denn schließlich fühle er „seinen eigenen Werth in der erhöhten Kraft“ und legten „die Hohen Kacken jedem Weibe ungesehene Fesseln an (…), wodurch die Hülfe des Mannes ihm auf jedem Schritte nöthig wurde.“ Der aufrechte, gerade, zielstrebige Gang gehörte in der „bürgerlichen Gehkultur“ dem Mann zu, der Frau die „trippelnden Schritte“ – wobei hier nicht zuletzt die erotische Komponente von Schuhe und Gang eine Rolle spielten. Der wenig sichere Schritt als Ausdruck der Schwäche mach die Frauen anziehend, so die zuverlässige Auskunft des männlichen Autors […]