Tag Archives: Buddenbohm

Gelesen und für gut befunden: 25.09.2012

Urlaub zuhause ist zwar sehr erholsam, wenn er mit den richtigen Menschen stattfindet. Zum Bloggen kommt man dabei aber nicht. So fallen jede Menge gelesene Texte an, die es heute und morgen hier verlinkt gibt.

Maschinen sind leichter als Menschen (zeitonline)

Ob der Manager etwas von den Autisten gelernt habe? »Klarer zu kommunizieren«, sagt Bussé, »und manchmal auch zu schweigen.« Wie neulich, als Bussé mit einem Tester beim Mittagstisch saß und dieser ihm verkündete, dass er sich nicht mit ihm unterhalten werde. Ihm sei nicht nach Reden. Und so aßen sie wortlos und einträchtig.

Mehr faire Welt mit Möglichkeiten für alle Menschen gleichermaßen. Manche Idealisten finden immer wieder neue Wege. Zum großen Glück.

Endlich Prinzessin (Süddeutsche)

Ein Spa für Kinder. Nein falsch: Ein Spa für Mädchen. Damit fünf bis fünfzehnjährige lernen, wie sie den ganzen Druck zu ihrem Aussehen am besten umsetzen können. Noch mehr Stereotyp. Noch weniger Selbstbewusstsein abseits der Schönheitsnormen.

Sei, was du willst  (zeitonline)

Egalia ist die umstrittenste Vorschule Schwedens. Ihr Ziel: Eine geschlechtsneutrale Erziehung.

Schröder wieder unterwegs in antifeministischer Mission

Anfang September hatten sich in Brüssel bereits Vertreter*innen verschiedener Staaten getroffen, die eine EU-Frauenquote kritisch sehen. Großbritannien, Bul­ga­rien, Tschechien, Dänemark, Ungarn, Litauen, Malta, die Niederlande, Schweden und Slowenien hatten sich an dieser Stelle schon gegen die vor­ge­schlagene Quote aus­ge­sprochen – der deutsche Vertreter hatte sich ent­halten. Wenn sich Deutsch­land mit den Brief der beiden Ministerinnen nun aber offen auf die Seite der Gegner*innen stellt, verfügen jene in Brüssel über eine Sperr­minorität – und Reding wird ihre Pläne vorraussichtlich nicht durchsetzen können. Schröder hätte sich somit mal wieder erfolgreich gegen die Belange von Frauen stark gemacht.

BH-Größen-Rechner

Denn: Der passende BH hat nicht so viel mit tollem Aussehen zu tun. In der richtigen Größe finden die meisten Frauen kaum noch Dessous, deren Hauptzweck es ist, aufzureizen. Stattdessen macht ein passsender BH keine Rückenschmerzen, ist endlich bequem, muss nicht mehr ständig nachgestellt und zurechtgerückt werden. Frau hat also die Möglichkeit an anderes als ihre Brüste zu denken. Kauft also endlich passende BHs.

Dazu passt dann folgendes (via kurvendiskussionen):

Vaginagesteuert

Wir leben in einer Welt, in der es Transsexuelle wie die Schauspielerin Jamie Clayton gibt, Intersexuelle wie die Langstreckenläuferin Caster Semenya und nicht zuletzt die Arbeiten von Judith Butler. Wie kommt es, dass eine der bekanntesten Feministinnen unserer Zeit immer noch mit so etwas wie dem „universell Weiblichen“ kommt?

Polizist wehrt sich gegen Strafbefehl (Stuttgarter Zeitung)

Die Gegner beklagen, dass die juristische Aufarbeitung ungleich vorangetrieben werde. Die Vorwürfe gegen die Polizei würden viel langsamer und weniger hartnäckig verfolgt werden, heißt es immer wieder.

UPDATE: Mitt Romney Wonders Why Ann Romney’s Airplane Windows Don’t Roll Down (huffingtonpost)

Romney said the biggest problem in a distressed aircraft is that “the windows don’t open. I don’t know why they don’t do that. It’s a real problem. So it’s very dangerous.”

Fuck Yeah Stephen Fry

“If an alien was looking down on us and inspecting our language, they would see that the worst thing we do on this planet is we torture, we kill, we abuse, we harm people, we’re cruel. And those are the things of which we should be ashamed. Amongst the best things we do is we breed children, we raise them, and we make love to each other, we adore each other, we are affectionate and fond of each other. Those are the good things we do. And they would say how odd that the language for the awful things is used casually all the time. “Oh, the traffic was agony, it was hell, it was cruel.” “Oh it was torture waiting in line.” Say, “he’s used words like torture. That’s the worst word.” And yet, if we use the f-word, which is the word for generating our species, for showing physical affection one to another, then we’re taken off air and accused of being wicked and irresponsible and a bad influence to children. Now, we’re part of this culture so we often don’t question it. But if you think of someone from outside it, it is very strange.” — Stephen Fry on The Late Late Show with Craig Ferguson (2/23/10)

Herbstzeit, Lesezeit – Zur kindlichen Reaktanz nach den Modellen der Weltliteratur

Ich lese gerne Klassiker, das ist eine Haltung, die nicht unbedingt mehrheitsfähig ist. Ich lese sie sogar so gerne, dass es mich oft davon abhält, moderne Autoren zu lesen, schlimm, schlimm. Aber nachdem ich ein paar Jahre Leseerfahrung habe, neige ich zu der Ansicht, von den Klassikern mehr zu haben als von dem, was in den Buchhandlungen auf dem Tisch mit den Neuerscheinungen liegt. Da können natürlich dennoch großartige Werke dabei sein, keine Frage. Aber wie soll man dazu kommen, so etwas mühsam herauszufinden, so lange noch etwas Fontane übrig ist? Ich finde das immer wieder nahezu unlösbar, entscheide aber im Zweifel meist für die Vergangenheit. Für Werke, die aus ihrer Zeit herausragen wie Denkmäler. In vielen Fällen tun sie das mit gutem Recht und ich möchte an einem Beispiel zeigen, wie sinnig diese Werke immer noch sind. Betrachten wir eine typische Familiensituation im Licht einiger Klassiker. Man kommt verblüffend weit damit. Und man weiß, welche Muster nicht gut ausgehen können. Und auch, dass es letztlich keine vernünftigen Lösungen gibt.

Nehmen wir an, ein Kind liegt auf dem Sofa herum, starrt auf das iPad und macht schon auf den ersten Blick einen wenig kooperativen Eindruck. Man fordert das Kind auf, das iPad wegzulegen, sich zum Abendbrotstisch zu bewegen und Schwarzbrot zu konsumieren. Das Kind sieht genervt hoch und verweigert sich. Belesene Eltern können die Arten der Verweigerung grob nach literarischen Vorbildern klassifizieren, […]

Was alles furchtbar nervt an der hervorragenden Talkshow “Roche & Böhmermann” (FAZ-Blog)

Dieser Vorspann schon! Die tolle Badabadabadabada-Titelmusik! Die Rauchschwaden-Empfänglichkeit der Kulisse! Der Helmut-Kohl-Ansager! Die Einspieler, bei denen man gleichzeitig hinsehen und zuhören muss! Der liebevoll-ruppige Umgang mit den Gästen! Der Alkohol! Diese Toleranz auch gegenüber der größten Spaßbremse! Und die fast schon unheimlich intimen Nachbesprechungen am Schluss! “Roche & Böhmermann” bei ZDF.kultur ist unbestreitbar die beste Talkshow, die es derzeit im deutschen Fernsehen (und Internet!) gibt. Man muss schon sehr in den Krümeln suchen, um da überhaupt was Negatives zu finden. Aber: hey, dafür gibt’s doch das Fernsehblog.

Und deshalb steht an dieser Stelle jetzt: Was alles furchtbar nervt an der hervorragenden Talkshow “Roche & Böhmermann”.

Mehr muss man dazu nicht sagen. Und besser kann man es vermutlich auch nicht machen.

Und jetzt geht die Folge vom letzten Wochenende gucken. Die war nämlich wirklich gut und hatte quasi keinen der Beschwerdepunkte drin.

 

Gelesen und für gut befunden: 12.09.2012

Deutsches Hochschulsystem bleibt sozial selektiv (Studis online)

Im Grunde sind die Befunde seit Jahren mehr oder weniger gleich – und die Reaktionen der jeweils amtierenden Bildungsminister auch. Zahlen werden relativiert, kleine Erfolge groß geredet, Misserfolge ausgeblendet.

Ein Mann, den es eigentlich nicht gibt (fluter)

Lange haben wir gesprochen und bis zuletzt war es unklar, ob dieses Treffen überhaupt zustande kommt. Ich betrete das Zimmer und finde einen sichtlich überforderten jungen Mann vor, der am liebsten in der nächsten Sekunde wieder gehen würde. Er bleibt. Niemand darf von diesem Treffen wissen, denn ihn gibt es nicht. Trotz vieler Bedenken spricht er das erste Mal über eine Sexualität, die in der Welt des Fußballs nichts verloren hat.

Homosexualität darf in der Fussballbundesliga nicht vorkommen. Für die natürlich doch existierenden homosexuellen Profifussballer wird das zum Problem.

Manche spielen betont hart (11 Freunde)

Die Kulturwissenschaftlerin Tatjana Eggeling forscht zu schwulen Profifussballern. Und kommt deshalb mit diesen ins Gespräch.

“Mädchen hat sich nicht genug gewehrt” (Hertener Allgemeine)

Das Problem ist nicht, ob der Angeklagte jetzt schuldig ist oder nicht. Sei er eben unschuldig, ich vertrete durchaus die Ansicht des in dubio pro reo.

Das Problem ist, dass alle Menschen, die jemals vergewaltigt wurden/werden, vermittelt wird, dass sie selbst schuld sind, wenn sie sich nicht wehren. Dass darüber hinaus vor Gericht weiterhin nicht gilt “No means No”. Und niemand mehr einfach den Weg des geringsten Widerstandes wählen kann, ohne sich ein “selbst schuld” von Gericht anhören zu müssen. Diese Botschaft seitens eines deutschen Gerichtes halte ich für sehr bedenklich.

Fremdschämen für den Bettina-Mob

Was bilden sich die Leute eigentlich ein, die meinen, öffentlich jemanden anderen herabwürdigen, niedermachen, in Grund und Boden stampfen zu können? Wo bleibt der Anstand, wo das Mitgefühl für eine Frau, die nur ihren Namen und ihre Reputation schützen will? Warum können sich so viele Menschen nicht mehr einfühlen in die Gefühle anderer? Ich stehe fassungslos und angewidert vor dem Kübel Dreck, der im Internet über Bettina Wulff ausgeschüttet wird. Überlegt sich denn niemand von denen, die da schütten, wie er selbst sich in dieser Situation fühlen würde?

Ich denke, wir müssen wieder mehr darauf achten, ob wir unsere aller erste Reaktion wirklich laut hinausposaunen. Ober ob wir nicht doch erst mal innehalten sollten, uns bei der eigenen Nase packen und überlegen, was WIR tun würden, wenn wir in dieser Situation wären. Und dann einfach mal die Klappe halten. (Und ja, ich frage mich die ganze Zeit, ob ich die Diskussionen um Bettina Wulff wirklich hier im Blog so dokumentieren möchte, oder ob es nicht besser wäre es zu lassen.)

Sie konnte nicht nein sagen (stern.de)

Hans-Martin Tillack hat Bettina Wulffs Buch weit weniger wohlwollend gelesen als andere.

Gespräch an der Bettkannte

Sohn I: „Wie heißt diese Geschichte hier?“
Ich: „Die heißt „Der geplagte Schriftsteller.“
Sohn I: „Aha. Und da geht es dann um einen Maximilian, was?“

Bitte postet mehr Bonmots Eurer Kinder. Ich liebe solche coolen Reaktionen.