Das Wort “Столовая” [Stolowaja] heißt erst mal nichts anderes als “Esszimmer”. Im heutigen Russland sind diese Stolowajas so etwas wie kantinenartige Restaurants. Sie bieten teilweise rund um die Uhr Essen an. Wie in einer Kantine, nimmt man sich am Beginn sein Tablett und kann sich dann sein Menü zusammenstellen. Doch neben den Stolowoajas gibt es noch eine Variante russischen Fast-Foods: Blini in allen Varianten.
In St. Petersburg gibt es verschiedene Anbieter solcher Stolowajas. Allen gemein ist jedoch, dass sie für relativ wenig Geld russische Hausmannskost anbieten. Wenn man zur Mittagszeit eintritt, herrscht meist Hochbetrieb. Wer sich noch nicht auskennt oder sich nicht entscheiden kann, wird von der Schlange einfach weitergeschoben.
Zu Beginn kann man sich Graubrot oder Weißbrot nehmen, die typische Beilage zu den verschiedenen Salaten, die als erstes angeboten werden. Die Salate hier sind jedoch nicht aus grünen Salat. Vielmehr gibt es meist eine Variante des “Salat Olivier”: das sind kleingeschnittene, gedämpfte Karotten, gekochte Eier, Erbsen, Schinkenstückchen in einer Art Mayonnaise-Sauce. Meist gibt es auch einen Salat aus roten Beten mit Zwiebeln, oder geraspeltes Weißkraut mit geraspelten Karotten. Eine weitere Variante ist Fisch mit verschiedenen Gemüsen, ebenfalls in einer Mayonnaise-Sauce. Oberhalb der Salatauslage stehen verschiedenst gefüllte Semmeln. Beispielsweise eine Art Wienerl im Teigmantel oder eine Semmel mit Kraut gefüllt. Es gibt auch süße Varianten, die mit Marmelade, Quark oder Nüssen gefüllt sind. Außerdem gibt es in den gut sortierten Stolowajas Süßigkeiten, die ein bisschen an türkisches Baklava erinnern.
Wer etwas möchte, muss das dem Angestellten hinter der Theke sagen und bekommt das gewünschte dann durchgereicht. Teilweise wird es auch genau abgewogen. Das ist nicht verwunderlich, da es selbst in den normalen Restaurants üblich ist, dass angegeben wird, wieviel Gramm man bekommt. Zum Beispiel ein Steak 300g mit 150g Kartoffeln als Beilage und 20ml Sauce.
Dann kommt man zu den Suppen: je nach Größe des Stolowajas gibt es meist zwischen zwei und vier verschiedene Suppen, die angeboten werden. Darunter sind meist Klassiker wie Borsch (eine Rote-Bete-Suppe), Schtschi (eine Kohlsuppe), Erbenssuppe in Stückchen und Soljanka. Anschließend geht es weiter zu den Hauptgerichten. Es gibt meist Pilaw, ein Reisgericht mit Fleischstückchen und Karotten, Frikadellen, Fisch und Hähnchenschenkel. Letzteres kann dann mit wahlweise Nudeln, Kartoffelpüree, Buchweizen oder Reis kombiniert werden. Manchmal gibt es auch eine Art Gulasch. Hier kann man sich als Neuling auch mal täuschen mit dem Preis, der für das Fleisch oftmals nicht pro Portion sondern pro 100g angegeben ist.
Natürlich darf ein passender Nachttisch nicht fehlen. Neben den bereits geschilderten süßen Semmeln befinden sich in einer gekühlten Theke Torten. Sie sehen meist aus wie deutsche Sahne – oder Buttercremetorten, sind aber für den deutschen Geschmack einen Tick zu süß. Ein Klassiker der nicht fehlen darf ist “Medovik”, eine millefeuille-artige Honigtorte, bei deinen der Teig sich mit süßer Cremefüllung abwechselt.
Weiter geht es dann zu den Getränken: neben schwarzen oder grünen Tee, Kaffee oder Wasser, gibt es meist auch “kompot”, ein Getränk, dass aus Trockenfrüchten und Zucker hergestellt wird. Nun nur noch bezahlen und sich einen Platz suchen. Das Publikum ist sehr gemischt: selbstverständlich gibt es Studenten, die es als Ersatz für die Mensa nehmen, aber auch Arbeitende, jung und alt gleichermaßen. Das verwundert nicht angesichts der Preise: einen Teller Suppe gibt es im Schnitt für 45- 60 Rubel, das Hauptgericht kostet je nach Fleischart zwischen 100 und 200 Rubel, ein Getränk ca. 30-50 Rubel. So kann man bereits für 150 Rubel (ca. 2,10 Euro zum Kurs von 1Euro =70Rubel)) satt werden.
Wer nicht diese breite Auswahl möchte und Fan von Pfannkuchen ist, kommt bei den Ketten “Чайная ложка” [tschájnaja lóshka] oder “Теремок” [Teremok] auf seine Kosten. Denn hier gibt es statt Burger die russischen Blini in allen Varianten. Wobei in Russland “блины” [blini] einfach nur Pfannkuchen heißt. Auch hier kann man meist noch einen Salat auswählen und dann Pfannkuchen in allen möglichen süßen und herzhaften Varianten. Beispiele sind Pfannkuchen mit roter Beerenmarmelade, Schokosauce, Schokosauce und eingerollter Banane, Topfen oder Honig, Pfannkuchen mit Lachs, mit roten Kaviar, mit Champignons und Salat, mit Tomaten und Hühnchenstückchen und Knoblauchsauce…
Auch hier bestellt man an der Theke und geht dann mit seinem Tablett zu einem freien Platz. Zur Mittagszeit gibt es hier meist noch ein spezielles Angebot des “Businesslunch”, der in den Restaurants im Zentrum allgemein üblich ist. So gibt es meist zwischen 12 und 16 Uhr ein vergünstigtes Menü, bei dem man ein Getränk, ein Tagesgericht und eine Suppe für 200 bis 350 Rubel bekommt. Ansonsten kosten solche gefüllte Pfannkuchen zwischen 60 und 150 Rubel.
Eine weitere Variante für ein russisches Mittagessen sind Restaurants, in denen es russische “Pierogi” gibt. Sie sind nicht zu verwechseln mit den polnischen Piroggen, die den schwäbischen Maultauschen ähneln. Die bekannteste Kette ist sicherlich “Stolle“, die diese Art von herzhaften und süßen Pies anbieten. Meinem Geschmacksempfinden handelt es sich dabei um eine Art Hefeteig, der mit verschiedenen Sachen gefüllt wird. Beispielsweise Pirog mit Zitronenfüllung, Moosbeeren, Apfel-Zimt oder Johannisbeere, Hase und Champignons, Lachs-Dill, Quark, Weißkraut, Hähnchen… In diesen Restaurants kann man sich den Pirogkuchen auch zum mitnehmen bestellen und hat dann seinen russisches Mittagessen zum mitnehmen.