Ein junges Mädchen, dass die Attitüden ihrer Mutter Leid hat. Eine Mutter, die sich unter dem Druck der Gesellschaft sieht, vor allem, was Statussymbole angeht. Und eine folgenreiche Entscheidungen machen die Essenz der Erzählung “Der Ball” von Irène Nemirovsky aus.
Mehr kann man eigentlich nicht verraten, wenn man die Spannung nicht zerstören möchte. Aber auch hier, ähnlich wie bei Kristófs Buch „Das große Heft“, bestätigt sich wieder: Bücher müssen nicht lang sein, um dem Leser Freude zu bereiten.
Nach diesem Buch habe ich noch zwei weitere Bücher von Irène Nemirovsky gelesen, die mir sie als Autorin nur noch sympathischer gemacht haben.
In “Herr der Seelen” merkt man deutlich den latenten Antisemitismus der Gesellschaft, die Irène Nemirovsky abbildet, gleichwohl sie selbst als Jüdin geboren worden war. Der Stil ist sehr klar und übersichtlich.
Ihr unvollendetes Werk “Suite française” wirkt dagegen wie eine Mischung aus einem Impressionismusgemälde und feinen kleinen Skizzen. Das Buch spielt in Frankreich und beginnt mit der Besetzung durch die Deutschen im Juni 1940. Viele kleine Mosaik-Einblicke ergeben als Ganzes die Grundatmosphäre, während kleine Szenen zwischen verschiedenen Akteursgruppen den großen Stimmungsbildern ein Gesicht geben.
Liest man “Herr der Seelen” und “Suite française” hintereinander, hat man den Eindruck Bücher zweier verschiedener Autoren zu lesen, da die Techniken der Beschreibung so unterschiedlich sind. Da “Suite française” aber auch ihr letztes Werk ist, bevor sie in Auschwitz starb, kann man eine Weiterentwicklung ihres Schreibstils unterstellen. Insgesamt aber ein Oeuvre, dass es zu entdecken gilt.
Iréne Nemirovsky wurde 1903 in Kiev als Tochter eines jüdischen Bankiers geboren. Da sie hauptsächlich von ihrer französischen Gouvernante erzogen wurde, war Französisch wie eine Muttersprache für sie, in der sie später auch ihre Romane verfasste. Ihre Familie floh nach der Oktoberrevolution nach Paris, wo es ihnen in den zwanziger Jahren gelang wieder zu Wohlstand zu kommen. Iréne Nemirovsky studierte Literaturwissenschaften an der Sorbonne und fing jung an zu schreiben. 1926 heiratet sie Michel Epstein. Der Roman „David Golder“ machte sie mit einem Schlag bekannt. Es folgten weitere Erzählungen und Romane, wie „Der Ball“ oder „Der Fall Kurilow“. Wegen des wachsendes Antisemitismus ließ sie sich 1939 taufen. Nach der Besetzung Frankreichs im Juni 1940, war ihr bewusst, dass nur sehr schwierig weitergehen würde. Bis zu ihrer Deportation 1942, schrieb sie unter Pseudonym für die Zeitschrift „Gringoire“ Artikel und arbeitete an ihrem letztem Werk. Im August 1942 starb sie in Auschwitz.