CD und Filmtipp: “Tanzt, tanzt sonst sind wir verloren”

Ein Film über eine außergewöhnliche Tänzerin und ihre Companie hätte es werden sollen. Wim Wenders trug die Idee zum Film schon lange in sich, setzte sie aber nicht um mangels geeignetem Medium, da ein normaler Film viele Dimensionen des Tanzens gar nicht zeigen kann. Nachdem er 2007 den 3D-Film von U2 über ihre Tour sah, war er begeistert und wollte den Film mit Pina Bausch in 3D umsetzen.

Nachdem 2008 gemeinsam die Vorarbeiten mit Pina begonnen hatten, d.h. die Stücke ausgewählt wurden und Anfang 2009 das Filmprojekt sich zu konkretisieren begann, starb Pina Bausch unerwartet am 30. Juni 2009. Trotz des großen Verlusts begann Wim Wenders die geplanten Stücke zu filmen und ergänzte die durchchoreographierten Stücke wie “Le Sacre du Printemps” oder “Cafe Müller” um persönliche Stücke von Pinas Ensemble: tänzerische Antworten auf die Frage “Was hat Pina für dich bedeutet? Was hat sie dir mitgegeben?”. Dadurch entsteht ein persönlicher Blick auf Pina Bausch, der jedoch viel intensiver ausfällt, weil im Tanz, Pinas Element, viel mehr gesagt werden kann, als nur mit Worten.

Wunderbar sind auch die Musikstücke, zu denen sich die Tänze abspielen, z.T. extra für den Film komponiert, drücken sie fast immer eines aus: Sehnsucht. Und diese Sehnsucht nach Pinas Person spürt man nicht nur in der Musik sondern auch in der ihr gewidmeten Tänzen. Sei es das Paar, das scheinbar schwerelos auf Treppen spazierengeht, wobei die Frau alle paar Schritte radikal senkrecht nach vorne fällt – und ihr Partner sie 3 Zentimeter vor dem Boden auffängt. Oder sei es eine Tänzerin, die jauchzend über Stühle geht und im Umfallen der Stühle einen Moment der Schwerelosigkeit darstellt. Es gibt auch einen Soundtrack mit den herrlichen Stücken.

Neben den berührenden, aber auch teils unverständlichen Tänzen, ist auch die Wahl der Orte ungewöhnlich: Man meint Tanz müsse immer auf einer Bühne stattfinden, dabei bietet eine Stadt viel interessantere und abwechslungsreichere Orte, wie eine Straßenbahn, eine Straßenkreuzung, ein Glashaus im Park oder eine Kohleabbaugebiet. Es ist gerade auch die Kulisse Wuppertals, die den Tanz eine zusätzliche Dimension verleiht.

Nicht zuletzt prägen die Personen selbst ihre Tänze: Wer nur das Schema drahtiger junger Männer und junger Frauen im Kopf hat, wird “enttäuscht”: Pina Bauschs Ensemble bietet alle Alterstufen auf und durch die Filmtechnik des 3D kommt man den Menschen unglaublich nahe und sieht die Zeit in ihrer Haut, aber auch die Erfahrung in ihren Bewegungen.

Mittlerweile ist der Film auf DVD erschienen und durch die Zweidimensionalität geht viel von der Unmittelbarkeit des Films verloren, ist aber dennoch sehenswert.

Mehr Informationen unter: www.pina-film.de