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O tempora o modi!

Obwohl an meinem Laptop seit geraumer Zeit ein Zettel “Kein historischhes Präsens” klebt, sind die Tempi und Modi in meiner Masterarbeit ein fürchterliches Durcheinander. Also sitze ich jetzt da und ackere mich in der Dudengrammatik durch das Kapitel “Die Funktionen der (einfachen und mehrteiligen) Verbformen”. Bisher habe ich dabei gelernt, dass es im Konjunktiv schwierig wird zeitliche Bezüge zu differenzieren. Dabei wäre für meinen Text durchaus wichtig. Schließlich arbeite ich historisch und muss immer wieder Quellen zitieren, was ich üblicherweise in der indirekten Rede, also im Konjunktiv tue. Dabei wäre es schön, wenn ich dabei auch nach Tempus differenzieren könnte.

Ich glaube übrigens, dass die große Beliebtheit des historischen Präsens (= über ein historisches Phänomen wird im Präsens geschrieben) darauf zurück zu führen ist, dass es die Tempusverwendung so viel einfaher macht, weil es stärker der gesprochenen Alltagssprache entspricht, in der sich die Autorinnen sicherer fühlen, als in der Schriftsprache.

Dann wiederum macht der Duden auch deutlich, weshalb es eigentlich doch sinnvoll wäre in erzählenden und wissenschaftlichen Texten das Präteritum zu verwenden:

Verständlich wird auch, dass das Präteritum das typische Tempus des Erzählens ist. Erzählen im nicht fiktionalen Sinne kann der Sprecher nur das, was von seinem Jetzt aus betrachtet festliegt und sich überblicken lässt – das heißt, Gegebenheiten in der Vergangenheit. Wenn nichts dagegen spricht, zeigt das Präteritum […] mithin nicht nur Vergangenheits-, sondern auch Wirklichkeitsbezug (“Faktizität”) an. (Duden. Die Grammatik S. 504)

Mal abgesehen davon, dass ich das Wort “Faktizität” einfach gerne mag, sagt dieser Satz auch etwas ganz Großartiges: Wenn ich mich in einem Text mit dem Präteritum ausdrücke, signalisiert die Sprache allein durch die Grammatik, dass etwas Wirklich und Echt ist. Das heißt auch, dass ich meinem Text allein durch die Verwendung des Präteritums mehr Nachdruck verleihen kann.