Zitate aus der Wissenschaft 5

Ich sehe zum Beispiel zu, wie mein Schwager meinen eigenen ungezogenen Sprößling verprügelt, und weiß, daß es sich dabei um einen Fall von Verprügeln handelt, einen auch zwischen anderen Onkeln und Neffen üblichen Vorgang, ja, geradezu um die Regel in einer matrilinearen Gesellschaft. Nur wenn das letztere der Fall ist, nimmt der einzelne Vorgang einen gesellschaftlich selbstverständlichen Verlauf: als leiblicher Vater ziehe ich mich diskret von der Szene zurück, um die legitime Ausübung von Onkelpflichten nicht zu stören.

Zitat aus Berger/Luckmann Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Berger und Luckmann beschreiben welche Prozesse nötig sind, damit Gesellschaft (und das, was wir als Wirklichkeit wahrnehmen) entstehen können. So im großen und ganzen ist das alles auch sehr einleuchtend. Aber auf jeder dritten Seite kommen dann leider Beispiele zur Illustration der Thesen, die insgesamt vielleicht nicht ganz so brutal sind, wie das obige, aber doch eher verwirrend. Gerade sitze ich vor dem Buch und denke vor allem WTF?!?!!!!

Ich hätte einfach nach folgendem Zitat aus dem Vorwort doch das Buch wieder zuklappen sollen:

Es ist bei obwaltendem Anlaß üblich, auch der unwägbaren Hilfe von Ehefrauen, Kindern und etwas zweifelhafteren Angehörigen genüge zu tun […] danken wir Brigitte Berger und Benita Luckmann – mehr noch als für wissenschaftlich irrelevante private Rollen-Auffassung – für Kritik als Soziologinnen und für die standhafte Weigerung, sich leicht beeindrucken zu lassen.

An dieser Stelle habe ich mich das erste Mal gefragt, ob Berger/Luckmann überhaupt zu irgendwelcher Selbstreflexion fähig sind, wie die beiden Gattinnen das mit der Rollenverteilung sehen und wie blind Patriarchat eigentlich macht…

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